Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

eingeräumt um den Widerspruch der Plebejer gegen einen
Kriegszug zu heben. Eine Oligarchie die zurückweicht ist
schon überwunden, wie lange auch noch ihr Widerstand
fortgesetzt werden mag: und das römische Volk siegte ge-
gen die Patricier wie die Nation über Italien, durch un-
verdrossene Beharrlichkeit im unscheinbaren geringen An-
fang, durch hartnäckige Anstrengungen um anscheinend
geringe erste Vortheile, durch rasches Ergreifen des gün-
stigen Augenblicks, ausdauernde Geduld, und Sorge nur
nicht zurückgedrängt zu werden in schwierigen Zeiten, end-
lich durch vervielfachtes Aufbieten lange gesammelter
Kraft, als die Fülle der Zeit gekommen war, durch Be-
festigung des entscheidenden Siegs, und ruhiges Ein-
erndten seiner unbedeutenderen Früchte.

Das Unglück des vejentischen Kriegs, wodurch die
Republik in den folgenden Jahren niedergedrückt ward,
beschäftigte alle Gemüther durch das Gefühl gegenwärti-
ger Noth, und es ward, so lange diese währte, nicht über
den Besitz von Fluren gestritten, die in der Gewalt des
Feindes waren. Eben dieses Unglück ward aber Veran-
lassung daß die tribunicische Gewalt aus einer Ohnmacht
und Unthätigkeit erwachte worin sie seit Jahren versunken
war. Die Tribunen des Jahrs 278 forderten von dem
Altconsul T. Menenius das Blut der Fabier, welche er,
wie es schien, hätte retten gekonnt, und, mit näherem
und unbestreitbarem Recht, das Blut so vieler Plebejer,
die in einer durch seine Schuld erlittenen schimpflichen
Niederlage umgekommen waren. Hierüber konnte der
Volksgemeinde das Gericht nicht entzogen werden. Es

eingeraͤumt um den Widerſpruch der Plebejer gegen einen
Kriegszug zu heben. Eine Oligarchie die zuruͤckweicht iſt
ſchon uͤberwunden, wie lange auch noch ihr Widerſtand
fortgeſetzt werden mag: und das roͤmiſche Volk ſiegte ge-
gen die Patricier wie die Nation uͤber Italien, durch un-
verdroſſene Beharrlichkeit im unſcheinbaren geringen An-
fang, durch hartnaͤckige Anſtrengungen um anſcheinend
geringe erſte Vortheile, durch raſches Ergreifen des guͤn-
ſtigen Augenblicks, ausdauernde Geduld, und Sorge nur
nicht zuruͤckgedraͤngt zu werden in ſchwierigen Zeiten, end-
lich durch vervielfachtes Aufbieten lange geſammelter
Kraft, als die Fuͤlle der Zeit gekommen war, durch Be-
feſtigung des entſcheidenden Siegs, und ruhiges Ein-
erndten ſeiner unbedeutenderen Fruͤchte.

Das Ungluͤck des vejentiſchen Kriegs, wodurch die
Republik in den folgenden Jahren niedergedruͤckt ward,
beſchaͤftigte alle Gemuͤther durch das Gefuͤhl gegenwaͤrti-
ger Noth, und es ward, ſo lange dieſe waͤhrte, nicht uͤber
den Beſitz von Fluren geſtritten, die in der Gewalt des
Feindes waren. Eben dieſes Ungluͤck ward aber Veran-
laſſung daß die tribuniciſche Gewalt aus einer Ohnmacht
und Unthaͤtigkeit erwachte worin ſie ſeit Jahren verſunken
war. Die Tribunen des Jahrs 278 forderten von dem
Altconſul T. Menenius das Blut der Fabier, welche er,
wie es ſchien, haͤtte retten gekonnt, und, mit naͤherem
und unbeſtreitbarem Recht, das Blut ſo vieler Plebejer,
die in einer durch ſeine Schuld erlittenen ſchimpflichen
Niederlage umgekommen waren. Hieruͤber konnte der
Volksgemeinde das Gericht nicht entzogen werden. Es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0046" n="30"/>
eingera&#x0364;umt um den Wider&#x017F;pruch der Plebejer gegen einen<lb/>
Kriegszug zu heben. Eine Oligarchie die zuru&#x0364;ckweicht i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chon u&#x0364;berwunden, wie lange auch noch ihr Wider&#x017F;tand<lb/>
fortge&#x017F;etzt werden mag: und das ro&#x0364;mi&#x017F;che Volk &#x017F;iegte ge-<lb/>
gen die Patricier wie die Nation u&#x0364;ber Italien, durch un-<lb/>
verdro&#x017F;&#x017F;ene Beharrlichkeit im un&#x017F;cheinbaren geringen An-<lb/>
fang, durch hartna&#x0364;ckige An&#x017F;trengungen um an&#x017F;cheinend<lb/>
geringe er&#x017F;te Vortheile, durch ra&#x017F;ches Ergreifen des gu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tigen Augenblicks, ausdauernde Geduld, und Sorge nur<lb/>
nicht zuru&#x0364;ckgedra&#x0364;ngt zu werden in &#x017F;chwierigen Zeiten, end-<lb/>
lich durch vervielfachtes Aufbieten lange ge&#x017F;ammelter<lb/>
Kraft, als die Fu&#x0364;lle der Zeit gekommen war, durch Be-<lb/>
fe&#x017F;tigung des ent&#x017F;cheidenden Siegs, und ruhiges Ein-<lb/>
erndten &#x017F;einer unbedeutenderen Fru&#x0364;chte.</p><lb/>
        <p>Das Unglu&#x0364;ck des vejenti&#x017F;chen Kriegs, wodurch die<lb/>
Republik in den folgenden Jahren niedergedru&#x0364;ckt ward,<lb/>
be&#x017F;cha&#x0364;ftigte alle Gemu&#x0364;ther durch das Gefu&#x0364;hl gegenwa&#x0364;rti-<lb/>
ger Noth, und es ward, &#x017F;o lange die&#x017F;e wa&#x0364;hrte, nicht u&#x0364;ber<lb/>
den Be&#x017F;itz von Fluren ge&#x017F;tritten, die in der Gewalt des<lb/>
Feindes waren. Eben die&#x017F;es Unglu&#x0364;ck ward aber Veran-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;ung daß die tribunici&#x017F;che Gewalt aus einer Ohnmacht<lb/>
und Untha&#x0364;tigkeit erwachte worin &#x017F;ie &#x017F;eit Jahren ver&#x017F;unken<lb/>
war. Die Tribunen des Jahrs 278 forderten von dem<lb/>
Altcon&#x017F;ul T. Menenius das Blut der Fabier, welche er,<lb/>
wie es &#x017F;chien, ha&#x0364;tte retten gekonnt, und, mit na&#x0364;herem<lb/>
und unbe&#x017F;treitbarem Recht, das Blut &#x017F;o vieler Plebejer,<lb/>
die in einer durch &#x017F;eine Schuld erlittenen &#x017F;chimpflichen<lb/>
Niederlage umgekommen waren. Hieru&#x0364;ber konnte der<lb/>
Volksgemeinde das Gericht nicht entzogen werden. Es<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0046] eingeraͤumt um den Widerſpruch der Plebejer gegen einen Kriegszug zu heben. Eine Oligarchie die zuruͤckweicht iſt ſchon uͤberwunden, wie lange auch noch ihr Widerſtand fortgeſetzt werden mag: und das roͤmiſche Volk ſiegte ge- gen die Patricier wie die Nation uͤber Italien, durch un- verdroſſene Beharrlichkeit im unſcheinbaren geringen An- fang, durch hartnaͤckige Anſtrengungen um anſcheinend geringe erſte Vortheile, durch raſches Ergreifen des guͤn- ſtigen Augenblicks, ausdauernde Geduld, und Sorge nur nicht zuruͤckgedraͤngt zu werden in ſchwierigen Zeiten, end- lich durch vervielfachtes Aufbieten lange geſammelter Kraft, als die Fuͤlle der Zeit gekommen war, durch Be- feſtigung des entſcheidenden Siegs, und ruhiges Ein- erndten ſeiner unbedeutenderen Fruͤchte. Das Ungluͤck des vejentiſchen Kriegs, wodurch die Republik in den folgenden Jahren niedergedruͤckt ward, beſchaͤftigte alle Gemuͤther durch das Gefuͤhl gegenwaͤrti- ger Noth, und es ward, ſo lange dieſe waͤhrte, nicht uͤber den Beſitz von Fluren geſtritten, die in der Gewalt des Feindes waren. Eben dieſes Ungluͤck ward aber Veran- laſſung daß die tribuniciſche Gewalt aus einer Ohnmacht und Unthaͤtigkeit erwachte worin ſie ſeit Jahren verſunken war. Die Tribunen des Jahrs 278 forderten von dem Altconſul T. Menenius das Blut der Fabier, welche er, wie es ſchien, haͤtte retten gekonnt, und, mit naͤherem und unbeſtreitbarem Recht, das Blut ſo vieler Plebejer, die in einer durch ſeine Schuld erlittenen ſchimpflichen Niederlage umgekommen waren. Hieruͤber konnte der Volksgemeinde das Gericht nicht entzogen werden. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/46
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/46>, abgerufen am 19.04.2024.