auch auf unerlaubten Wegen helfen zu müssen, da es sich von einem Theil seiner eignen Repräsentanten verrathen fand. Die Patricier gewannen einige aus dem Collegium, deren Gegenintercession das Veto desjenigen aus ihrer Mitte aufhob der, seiner Pflicht treu, die Ausführung des Ackergesetzes zur Bedingung des plebejischen Gehor- sans machte 28). Eine verderbliche List, welche das Wesen der tribunicischen Gewalt änderte, und die heil- same Milderung der Volksleidenschaften durch eine ver- mittelnde Macht aufhob, zwischen der und dem Senat, sobald dieser die Eintracht wollte, eine friedliche Verstän- digung mit gegenseitiger Nachgiebigkeit leicht bewirkt werden konnte. Auch blieb den weiseren Patriciern die Verschlimmerung der Gährung nicht verborgen: die stol- zen Fabier ahndeten daß sie zu weit gegangen wären, und, nach dem etruskischen Siege des Jahrs 274, einem Siege, so theuer erkauft, daß, wer es mit dem Va- terlande wohl meinte, fühlen mußte Rom habe keine Kräfte zu verschwenden oder zu vernachlässigen, suchten sie die Eintracht durch Liebe herzustellen. Der Consul M. Fabius vertheilte die verwundeten Plebejer zur Pflege und Heilung in die patricischen Häuser: das fabische Geschlecht nahm für sich die größte Zahl: und sorg- same Pflege, vielleicht um so mehr als Wohlwollen eben des Geschlechts, mit dem das Volk am hartnäk- kigsten gehadert hatte, unerwartet seyn mochte, ge- wann das ehrliche Gemüth der braven Soldaten so sehr daß alle Herzen der Plebejer sich den Fabiern zuwand-
28) Derselbe ebendas. und c. 44.
auch auf unerlaubten Wegen helfen zu muͤſſen, da es ſich von einem Theil ſeiner eignen Repraͤſentanten verrathen fand. Die Patricier gewannen einige aus dem Collegium, deren Gegeninterceſſion das Veto desjenigen aus ihrer Mitte aufhob der, ſeiner Pflicht treu, die Ausfuͤhrung des Ackergeſetzes zur Bedingung des plebejiſchen Gehor- ſans machte 28). Eine verderbliche Liſt, welche das Weſen der tribuniciſchen Gewalt aͤnderte, und die heil- ſame Milderung der Volksleidenſchaften durch eine ver- mittelnde Macht aufhob, zwiſchen der und dem Senat, ſobald dieſer die Eintracht wollte, eine friedliche Verſtaͤn- digung mit gegenſeitiger Nachgiebigkeit leicht bewirkt werden konnte. Auch blieb den weiſeren Patriciern die Verſchlimmerung der Gaͤhrung nicht verborgen: die ſtol- zen Fabier ahndeten daß ſie zu weit gegangen waͤren, und, nach dem etruskiſchen Siege des Jahrs 274, einem Siege, ſo theuer erkauft, daß, wer es mit dem Va- terlande wohl meinte, fuͤhlen mußte Rom habe keine Kraͤfte zu verſchwenden oder zu vernachlaͤſſigen, ſuchten ſie die Eintracht durch Liebe herzuſtellen. Der Conſul M. Fabius vertheilte die verwundeten Plebejer zur Pflege und Heilung in die patriciſchen Haͤuſer: das fabiſche Geſchlecht nahm fuͤr ſich die groͤßte Zahl: und ſorg- ſame Pflege, vielleicht um ſo mehr als Wohlwollen eben des Geſchlechts, mit dem das Volk am hartnaͤk- kigſten gehadert hatte, unerwartet ſeyn mochte, ge- wann das ehrliche Gemuͤth der braven Soldaten ſo ſehr daß alle Herzen der Plebejer ſich den Fabiern zuwand-
28) Derſelbe ebendaſ. und c. 44.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="25"/>
auch auf unerlaubten Wegen helfen zu muͤſſen, da es ſich<lb/>
von einem Theil ſeiner eignen Repraͤſentanten verrathen<lb/>
fand. Die Patricier gewannen einige aus dem Collegium,<lb/>
deren Gegeninterceſſion das Veto desjenigen aus ihrer<lb/>
Mitte aufhob der, ſeiner Pflicht treu, die Ausfuͤhrung<lb/>
des Ackergeſetzes zur Bedingung des plebejiſchen Gehor-<lb/>ſans machte <noteplace="foot"n="28)">Derſelbe ebendaſ. und <hirendition="#aq">c.</hi> 44.</note>. Eine verderbliche Liſt, welche das<lb/>
Weſen der tribuniciſchen Gewalt aͤnderte, und die heil-<lb/>ſame Milderung der Volksleidenſchaften durch eine ver-<lb/>
mittelnde Macht aufhob, zwiſchen der und dem Senat,<lb/>ſobald dieſer die Eintracht wollte, eine friedliche Verſtaͤn-<lb/>
digung mit gegenſeitiger Nachgiebigkeit leicht bewirkt<lb/>
werden konnte. Auch blieb den weiſeren Patriciern die<lb/>
Verſchlimmerung der Gaͤhrung nicht verborgen: die ſtol-<lb/>
zen Fabier ahndeten daß ſie zu weit gegangen waͤren, und,<lb/>
nach dem etruskiſchen Siege des Jahrs 274, einem<lb/>
Siege, ſo theuer erkauft, daß, wer es mit dem Va-<lb/>
terlande wohl meinte, fuͤhlen mußte Rom habe keine<lb/>
Kraͤfte zu verſchwenden oder zu vernachlaͤſſigen, ſuchten<lb/>ſie die Eintracht durch Liebe herzuſtellen. Der Conſul<lb/>
M. Fabius vertheilte die verwundeten Plebejer zur Pflege<lb/>
und Heilung in die patriciſchen Haͤuſer: das fabiſche<lb/>
Geſchlecht nahm fuͤr ſich die groͤßte Zahl: und ſorg-<lb/>ſame Pflege, vielleicht um ſo mehr als Wohlwollen<lb/>
eben des Geſchlechts, mit dem das Volk am hartnaͤk-<lb/>
kigſten gehadert hatte, unerwartet ſeyn mochte, ge-<lb/>
wann das ehrliche Gemuͤth der braven Soldaten ſo ſehr<lb/>
daß alle Herzen der Plebejer ſich den Fabiern zuwand-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[25/0041]
auch auf unerlaubten Wegen helfen zu muͤſſen, da es ſich
von einem Theil ſeiner eignen Repraͤſentanten verrathen
fand. Die Patricier gewannen einige aus dem Collegium,
deren Gegeninterceſſion das Veto desjenigen aus ihrer
Mitte aufhob der, ſeiner Pflicht treu, die Ausfuͤhrung
des Ackergeſetzes zur Bedingung des plebejiſchen Gehor-
ſans machte 28). Eine verderbliche Liſt, welche das
Weſen der tribuniciſchen Gewalt aͤnderte, und die heil-
ſame Milderung der Volksleidenſchaften durch eine ver-
mittelnde Macht aufhob, zwiſchen der und dem Senat,
ſobald dieſer die Eintracht wollte, eine friedliche Verſtaͤn-
digung mit gegenſeitiger Nachgiebigkeit leicht bewirkt
werden konnte. Auch blieb den weiſeren Patriciern die
Verſchlimmerung der Gaͤhrung nicht verborgen: die ſtol-
zen Fabier ahndeten daß ſie zu weit gegangen waͤren, und,
nach dem etruskiſchen Siege des Jahrs 274, einem
Siege, ſo theuer erkauft, daß, wer es mit dem Va-
terlande wohl meinte, fuͤhlen mußte Rom habe keine
Kraͤfte zu verſchwenden oder zu vernachlaͤſſigen, ſuchten
ſie die Eintracht durch Liebe herzuſtellen. Der Conſul
M. Fabius vertheilte die verwundeten Plebejer zur Pflege
und Heilung in die patriciſchen Haͤuſer: das fabiſche
Geſchlecht nahm fuͤr ſich die groͤßte Zahl: und ſorg-
ſame Pflege, vielleicht um ſo mehr als Wohlwollen
eben des Geſchlechts, mit dem das Volk am hartnaͤk-
kigſten gehadert hatte, unerwartet ſeyn mochte, ge-
wann das ehrliche Gemuͤth der braven Soldaten ſo ſehr
daß alle Herzen der Plebejer ſich den Fabiern zuwand-
28) Derſelbe ebendaſ. und c. 44.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/41>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.