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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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in den Pandecten fast keine Spuren des alten Rechts
übrig sind 99).

Dagegen reden diese häufig, auch in einem eigenen
Titel, von den städtischen Vectigalgütern. Diesen ha-
ben die, welche sich dem richtigen Begriff am meisten
näherten, die Besitzungen des Gemeinlands gleichgestellt.
Doch ist der rechtliche Unterschied nicht weniger groß
als der Gegenstände Umfang und Wichtigkeit: drey
Hauptpunkte sind hierüber entscheidend. Es ist bemerkt
daß der dritte rechtliche Besitzer nie ein Grundstück des
Gemeinlands des römischen Volks usucapiren konnte:
Vectigalgüter der Städte konnten so usucapirt wer-
den 500).

Nach Paulus 1) hatte der Vectigalbesitzer eine Klage
gegen das Municipium, wenn ihm, bey richtiger Zahlung
der Erbpacht 2), sein Grundstück entzogen ward, gleich
dem Zeitpächter 3). Die römische Republik hatte ein
unbeschränktes Recht den Besitzer ohne alle Entschädi-

99) Von den kaiserlichen Kammergütern, die auch dem Pri-
vateigenthum entgegengesetzt werden, kann hier die Rede
nicht seyn.
500) Savigny vom Besitz, 2te Ausg. S. 110.
1) l. 1. D. §. 1. si ager vectigalis.
2) l. 2. eod.
3) l. 3. eod. Nach dieser bestimmten Angabe muß man, mit
Haloander, l. 1. pr. tamdiu und quamdiu versetzen, wel-
ches die Florentina sinnlos umstellt. Hiernach war der spä-
tere Vectigalbesitz von dem emphyteutischen nur in Hinsicht
der verpachtenden Personen verschieden: dort nothwendig
eine Commune, hier auch Privatpersonen.

in den Pandecten faſt keine Spuren des alten Rechts
uͤbrig ſind 99).

Dagegen reden dieſe haͤufig, auch in einem eigenen
Titel, von den ſtaͤdtiſchen Vectigalguͤtern. Dieſen ha-
ben die, welche ſich dem richtigen Begriff am meiſten
naͤherten, die Beſitzungen des Gemeinlands gleichgeſtellt.
Doch iſt der rechtliche Unterſchied nicht weniger groß
als der Gegenſtaͤnde Umfang und Wichtigkeit: drey
Hauptpunkte ſind hieruͤber entſcheidend. Es iſt bemerkt
daß der dritte rechtliche Beſitzer nie ein Grundſtuͤck des
Gemeinlands des roͤmiſchen Volks uſucapiren konnte:
Vectigalguͤter der Staͤdte konnten ſo uſucapirt wer-
den 500).

Nach Paulus 1) hatte der Vectigalbeſitzer eine Klage
gegen das Municipium, wenn ihm, bey richtiger Zahlung
der Erbpacht 2), ſein Grundſtuͤck entzogen ward, gleich
dem Zeitpaͤchter 3). Die roͤmiſche Republik hatte ein
unbeſchraͤnktes Recht den Beſitzer ohne alle Entſchaͤdi-

99) Von den kaiſerlichen Kammerguͤtern, die auch dem Pri-
vateigenthum entgegengeſetzt werden, kann hier die Rede
nicht ſeyn.
500) Savigny vom Beſitz, 2te Ausg. S. 110.
1) l. 1. D. §. 1. si ager vectigalis.
2) l. 2. eod.
3) l. 3. eod. Nach dieſer beſtimmten Angabe muß man, mit
Haloander, l. 1. pr. tamdiu und quamdiu verſetzen, wel-
ches die Florentina ſinnlos umſtellt. Hiernach war der ſpaͤ-
tere Vectigalbeſitz von dem emphyteutiſchen nur in Hinſicht
der verpachtenden Perſonen verſchieden: dort nothwendig
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[376/0392] in den Pandecten faſt keine Spuren des alten Rechts uͤbrig ſind 99). Dagegen reden dieſe haͤufig, auch in einem eigenen Titel, von den ſtaͤdtiſchen Vectigalguͤtern. Dieſen ha- ben die, welche ſich dem richtigen Begriff am meiſten naͤherten, die Beſitzungen des Gemeinlands gleichgeſtellt. Doch iſt der rechtliche Unterſchied nicht weniger groß als der Gegenſtaͤnde Umfang und Wichtigkeit: drey Hauptpunkte ſind hieruͤber entſcheidend. Es iſt bemerkt daß der dritte rechtliche Beſitzer nie ein Grundſtuͤck des Gemeinlands des roͤmiſchen Volks uſucapiren konnte: Vectigalguͤter der Staͤdte konnten ſo uſucapirt wer- den 500). Nach Paulus 1) hatte der Vectigalbeſitzer eine Klage gegen das Municipium, wenn ihm, bey richtiger Zahlung der Erbpacht 2), ſein Grundſtuͤck entzogen ward, gleich dem Zeitpaͤchter 3). Die roͤmiſche Republik hatte ein unbeſchraͤnktes Recht den Beſitzer ohne alle Entſchaͤdi- 99) Von den kaiſerlichen Kammerguͤtern, die auch dem Pri- vateigenthum entgegengeſetzt werden, kann hier die Rede nicht ſeyn. 500) Savigny vom Beſitz, 2te Ausg. S. 110. 1) l. 1. D. §. 1. si ager vectigalis. 2) l. 2. eod. 3) l. 3. eod. Nach dieſer beſtimmten Angabe muß man, mit Haloander, l. 1. pr. tamdiu und quamdiu verſetzen, wel- ches die Florentina ſinnlos umſtellt. Hiernach war der ſpaͤ- tere Vectigalbeſitz von dem emphyteutiſchen nur in Hinſicht der verpachtenden Perſonen verſchieden: dort nothwendig eine Commune, hier auch Privatperſonen.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/392>, abgerufen am 22.11.2024.