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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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ren daß nach der Ordnung der Abhandlung in Ulpians
Commentar, wie in den Pandecten, jene Interdicte auf
die Verfügungen welche das Gemeingut (publicum)
betrafen, im Edict gefolgt zu seyn scheinen 93). Wenn
dieses auch hier hauptsächlich nur auf Ströhme, Ufer,
Straßen, beschränkt war, so erklärt sich das daher, daß
seit Domitian von der einst unermeßlichen Fülle fast
nur dieses in Italien dem Staat noch geblieben war.

Denn nachdem das Gemeinland in der Halbinsel
abwechselnd durch die Bürgerkriege und ihre Confisca-
tionen angewachsen, und durch Militarcolonieen oder
allgemeine Assignationen wieder fortgegeben war: nach-
dem der Krieg wodurch Vespasian das Reich eroberte,
und die Belohnungen seiner Legionen, die letzten großen
Veränderungen dieser Art verursacht hatten: vindicirte
seine strenge Oeconomie alle vernachläßigte, von den
Colonieen und Municipien als Communalland usurpirte,
vom Staat nicht ausdrücklich vergebene, Landstriche --
die Subseciva. Dies erschütterte das Vermögen fast
aller Landstädte, und Domitian ward durch ein Edict,
welches dieses sämmtliche Land den Gemeinden schenkte
die es früher benutzt hatten, der Wohlthäter Italiens 94).
Dadurch aber verschwand auch fast alles Landeigenthum
des Staats: und ein Schriftsteller, der wahrscheinlich

93) Die Verfügungen über das Publicum stehen Dig. XLIII.
tit.
6--15. dann folgen die Interdicte. Jene bey Ulpian
im 69sten, diese im 70sten Buch des Commentar.
94) Der sogenannte Aggenus tit. de subsecivis, p. 68. 69.
ed. Goesii.

ren daß nach der Ordnung der Abhandlung in Ulpians
Commentar, wie in den Pandecten, jene Interdicte auf
die Verfuͤgungen welche das Gemeingut (publicum)
betrafen, im Edict gefolgt zu ſeyn ſcheinen 93). Wenn
dieſes auch hier hauptſaͤchlich nur auf Stroͤhme, Ufer,
Straßen, beſchraͤnkt war, ſo erklaͤrt ſich das daher, daß
ſeit Domitian von der einſt unermeßlichen Fuͤlle faſt
nur dieſes in Italien dem Staat noch geblieben war.

Denn nachdem das Gemeinland in der Halbinſel
abwechſelnd durch die Buͤrgerkriege und ihre Confisca-
tionen angewachſen, und durch Militarcolonieen oder
allgemeine Aſſignationen wieder fortgegeben war: nach-
dem der Krieg wodurch Veſpaſian das Reich eroberte,
und die Belohnungen ſeiner Legionen, die letzten großen
Veraͤnderungen dieſer Art verurſacht hatten: vindicirte
ſeine ſtrenge Oeconomie alle vernachlaͤßigte, von den
Colonieen und Municipien als Communalland uſurpirte,
vom Staat nicht ausdruͤcklich vergebene, Landſtriche —
die Subseciva. Dies erſchuͤtterte das Vermoͤgen faſt
aller Landſtaͤdte, und Domitian ward durch ein Edict,
welches dieſes ſaͤmmtliche Land den Gemeinden ſchenkte
die es fruͤher benutzt hatten, der Wohlthaͤter Italiens 94).
Dadurch aber verſchwand auch faſt alles Landeigenthum
des Staats: und ein Schriftſteller, der wahrſcheinlich

93) Die Verfuͤgungen uͤber das Publicum ſtehen Dig. XLIII.
tit.
6—15. dann folgen die Interdicte. Jene bey Ulpian
im 69ſten, dieſe im 70ſten Buch des Commentar.
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[374/0390] ren daß nach der Ordnung der Abhandlung in Ulpians Commentar, wie in den Pandecten, jene Interdicte auf die Verfuͤgungen welche das Gemeingut (publicum) betrafen, im Edict gefolgt zu ſeyn ſcheinen 93). Wenn dieſes auch hier hauptſaͤchlich nur auf Stroͤhme, Ufer, Straßen, beſchraͤnkt war, ſo erklaͤrt ſich das daher, daß ſeit Domitian von der einſt unermeßlichen Fuͤlle faſt nur dieſes in Italien dem Staat noch geblieben war. Denn nachdem das Gemeinland in der Halbinſel abwechſelnd durch die Buͤrgerkriege und ihre Confisca- tionen angewachſen, und durch Militarcolonieen oder allgemeine Aſſignationen wieder fortgegeben war: nach- dem der Krieg wodurch Veſpaſian das Reich eroberte, und die Belohnungen ſeiner Legionen, die letzten großen Veraͤnderungen dieſer Art verurſacht hatten: vindicirte ſeine ſtrenge Oeconomie alle vernachlaͤßigte, von den Colonieen und Municipien als Communalland uſurpirte, vom Staat nicht ausdruͤcklich vergebene, Landſtriche — die Subseciva. Dies erſchuͤtterte das Vermoͤgen faſt aller Landſtaͤdte, und Domitian ward durch ein Edict, welches dieſes ſaͤmmtliche Land den Gemeinden ſchenkte die es fruͤher benutzt hatten, der Wohlthaͤter Italiens 94). Dadurch aber verſchwand auch faſt alles Landeigenthum des Staats: und ein Schriftſteller, der wahrſcheinlich 93) Die Verfuͤgungen uͤber das Publicum ſtehen Dig. XLIII. tit. 6—15. dann folgen die Interdicte. Jene bey Ulpian im 69ſten, dieſe im 70ſten Buch des Commentar. 94) Der ſogenannte Aggenus tit. de subsecivis, p. 68. 69. ed. Goësii.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/390>, abgerufen am 22.11.2024.