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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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tät des siebenten Jahrhunderts mit großem Recht treffen,
weil sie, ohne die Ansprüche eines seit unvordenklicher
Zeit abgesonderten Standes zu haben, sich über ihre Glei-
chen usurpirend erhob, auch Sullas Sieg ganz räuberisch
benutzte. Livius stört diese vermeinte tyrannische Anmaa-
ßung der Patricier nicht in seiner Vorliebe für ihren
Stand: es ist nur gerecht, ohne diese Vorliebe zu thei-
len, Andeutungen zu widersprechen welche der Unpar-
theyische, wenn sie gegründet wären, sehr ernsthaft neh-
men würde 79).

Es scheint höchstens nicht unmöglich daß auch der
plebejische Ritterstand einigen Antheil an dem Benuz-
zungsrecht hatte: das licinische Gesetz aber hatte zum
Zweck es allen Plebejern zu gewähren, und durch die
Festsetzung eines Maaßes für den höchsten erlaubten Be-

des Manlius VI. c. 15. (Anm. 469.) des Licinius VI. c. 37.
Noch heftiger läßt Dionysius selbst König Servius schmä-
hen IV. c. 9. tes demosias ges tou`s anaidesatous kratein:
und Sp. Cassius VIII. c. 70. ton anaidesaton, kai sun
sudeni dikaio kateskhekoton patrikion. So urtheilt er auch
selbst VIII. c. 69.
79) Es ist wiederhohlt erinnert daß die patricischen Landgü-
ter zur Domaine gehörten, die plebejischen Hufen Eigen-
thum waren. Damit will ich aber nicht behaupten, was
sich weder bejahen noch verneinen läßt, daß die ursprüng-
liche
römische Feldmark nicht eigenthümlich unter die Bür-
ger der patricischen Geschlechter getheilt und assignirt war.
Die Hauptstelle bey Livius redet allerdings nicht von die-
sem ursprünglichen Bezirk, sondern von dem eroberten: nur
betrachtet sie jenen als sehr unbedeutend.

taͤt des ſiebenten Jahrhunderts mit großem Recht treffen,
weil ſie, ohne die Anſpruͤche eines ſeit unvordenklicher
Zeit abgeſonderten Standes zu haben, ſich uͤber ihre Glei-
chen uſurpirend erhob, auch Sullas Sieg ganz raͤuberiſch
benutzte. Livius ſtoͤrt dieſe vermeinte tyranniſche Anmaa-
ßung der Patricier nicht in ſeiner Vorliebe fuͤr ihren
Stand: es iſt nur gerecht, ohne dieſe Vorliebe zu thei-
len, Andeutungen zu widerſprechen welche der Unpar-
theyiſche, wenn ſie gegruͤndet waͤren, ſehr ernſthaft neh-
men wuͤrde 79).

Es ſcheint hoͤchſtens nicht unmoͤglich daß auch der
plebejiſche Ritterſtand einigen Antheil an dem Benuz-
zungsrecht hatte: das liciniſche Geſetz aber hatte zum
Zweck es allen Plebejern zu gewaͤhren, und durch die
Feſtſetzung eines Maaßes fuͤr den hoͤchſten erlaubten Be-

des Manlius VI. c. 15. (Anm. 469.) des Licinius VI. c. 37.
Noch heftiger laͤßt Dionyſius ſelbſt Koͤnig Servius ſchmaͤ-
hen IV. c. 9. τῆς δημοσίας γῆς τȣ`ς α̕ναιδεςάτȣς κρατεῖν:
und Sp. Caſſius VIII. c. 70. τῶν α̕ναιδεςάτων, καὶ σὺν
σὐδενὶ δικαίῳ κατεσχηκότων πατρικίων. So urtheilt er auch
ſelbſt VIII. c. 69.
79) Es iſt wiederhohlt erinnert daß die patriciſchen Landguͤ-
ter zur Domaine gehoͤrten, die plebejiſchen Hufen Eigen-
thum waren. Damit will ich aber nicht behaupten, was
ſich weder bejahen noch verneinen laͤßt, daß die urſpruͤng-
liche
roͤmiſche Feldmark nicht eigenthuͤmlich unter die Buͤr-
ger der patriciſchen Geſchlechter getheilt und aſſignirt war.
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ſem urſpruͤnglichen Bezirk, ſondern von dem eroberten: nur
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[364/0380] taͤt des ſiebenten Jahrhunderts mit großem Recht treffen, weil ſie, ohne die Anſpruͤche eines ſeit unvordenklicher Zeit abgeſonderten Standes zu haben, ſich uͤber ihre Glei- chen uſurpirend erhob, auch Sullas Sieg ganz raͤuberiſch benutzte. Livius ſtoͤrt dieſe vermeinte tyranniſche Anmaa- ßung der Patricier nicht in ſeiner Vorliebe fuͤr ihren Stand: es iſt nur gerecht, ohne dieſe Vorliebe zu thei- len, Andeutungen zu widerſprechen welche der Unpar- theyiſche, wenn ſie gegruͤndet waͤren, ſehr ernſthaft neh- men wuͤrde 79). Es ſcheint hoͤchſtens nicht unmoͤglich daß auch der plebejiſche Ritterſtand einigen Antheil an dem Benuz- zungsrecht hatte: das liciniſche Geſetz aber hatte zum Zweck es allen Plebejern zu gewaͤhren, und durch die Feſtſetzung eines Maaßes fuͤr den hoͤchſten erlaubten Be- 78) 79) Es iſt wiederhohlt erinnert daß die patriciſchen Landguͤ- ter zur Domaine gehoͤrten, die plebejiſchen Hufen Eigen- thum waren. Damit will ich aber nicht behaupten, was ſich weder bejahen noch verneinen laͤßt, daß die urſpruͤng- liche roͤmiſche Feldmark nicht eigenthuͤmlich unter die Buͤr- ger der patriciſchen Geſchlechter getheilt und aſſignirt war. Die Hauptſtelle bey Livius redet allerdings nicht von die- ſem urſpruͤnglichen Bezirk, ſondern von dem eroberten: nur betrachtet ſie jenen als ſehr unbedeutend. 78) des Manlius VI. c. 15. (Anm. 469.) des Licinius VI. c. 37. Noch heftiger laͤßt Dionyſius ſelbſt Koͤnig Servius ſchmaͤ- hen IV. c. 9. τῆς δημοσίας γῆς τȣ`ς α̕ναιδεςάτȣς κρατεῖν: und Sp. Caſſius VIII. c. 70. τῶν α̕ναιδεςάτων, καὶ σὺν σὐδενὶ δικαίῳ κατεσχηκότων πατρικίων. So urtheilt er auch ſelbſt VIII. c. 69.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/380>, abgerufen am 18.05.2024.