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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Statt finden, ohne daß der welcher sie ausübte einen an-
dern dadurch ausschloß, oder sich einen bestimmten Ort
zueignete: so Fischerey in Ströhmen und Seen. Ver-
wandt ist dieser Art die Hutnutzung, welche ebenfalls nicht
unveränderlich an die Scholle gebunden ist: aber bey der
Benutzung zu Ackerbau und Pflanzungen tritt ein aus-
schließender Besitz ein, welcher ohne gleiche Vertheilung,
oder Wechsel, oder festes Gesetz, mit dem Begriff des
Gemeinlands unvereinbar scheint. Beydes, der Anbau
und die Weidenutzung waren, eben als ausschließender
Gebrauch Einzelner, der Abgabe von einem Theil des
Gewinns an die Gemeinde des Staats nothwendig un-
terworfen.

Es ist schon früher angedeutet worden daß, so gewiß
eine Zeit war worin nur die Patricier die souveraine
Gemeinde Roms, und die eigentlichen Bürger der Repu-
blik waren, eben so gewiß ihnen damals das Benutzungs-
recht des Gemeinlands ausschließlich gehörte; daß dieses
Recht fortwährte als es eingeführt war die Plebejer durch
eigenthümliche Landanweisungen abzufinden, und völlig
rechtmäßig fortgedauert haben würde wenn diese Anwei-
sungen redlich vollzogen, und alle übrigen ursprünglichen
und übernommenen Verpflichtungen erfüllt wären 77).
Daher sind die Aeußerungen des Geschichtschreibers über
ihre widerrechtliche und gewaltsame Usurpation des Ge-
meinlands 78) ganz falsch: Vorwürfe welche die Nobili-

77) Th. I. S. 451.
78) Livius eigenes Urtheil IV. c. 51. Oben S. 198. Anm.
230. Als Aeußerungen der Tribunen IV. c. 53. V. c. 5.

Statt finden, ohne daß der welcher ſie ausuͤbte einen an-
dern dadurch ausſchloß, oder ſich einen beſtimmten Ort
zueignete: ſo Fiſcherey in Stroͤhmen und Seen. Ver-
wandt iſt dieſer Art die Hutnutzung, welche ebenfalls nicht
unveraͤnderlich an die Scholle gebunden iſt: aber bey der
Benutzung zu Ackerbau und Pflanzungen tritt ein aus-
ſchließender Beſitz ein, welcher ohne gleiche Vertheilung,
oder Wechſel, oder feſtes Geſetz, mit dem Begriff des
Gemeinlands unvereinbar ſcheint. Beydes, der Anbau
und die Weidenutzung waren, eben als ausſchließender
Gebrauch Einzelner, der Abgabe von einem Theil des
Gewinns an die Gemeinde des Staats nothwendig un-
terworfen.

Es iſt ſchon fruͤher angedeutet worden daß, ſo gewiß
eine Zeit war worin nur die Patricier die ſouveraine
Gemeinde Roms, und die eigentlichen Buͤrger der Repu-
blik waren, eben ſo gewiß ihnen damals das Benutzungs-
recht des Gemeinlands ausſchließlich gehoͤrte; daß dieſes
Recht fortwaͤhrte als es eingefuͤhrt war die Plebejer durch
eigenthuͤmliche Landanweiſungen abzufinden, und voͤllig
rechtmaͤßig fortgedauert haben wuͤrde wenn dieſe Anwei-
ſungen redlich vollzogen, und alle uͤbrigen urſpruͤnglichen
und uͤbernommenen Verpflichtungen erfuͤllt waͤren 77).
Daher ſind die Aeußerungen des Geſchichtſchreibers uͤber
ihre widerrechtliche und gewaltſame Uſurpation des Ge-
meinlands 78) ganz falſch: Vorwuͤrfe welche die Nobili-

77) Th. I. S. 451.
78) Livius eigenes Urtheil IV. c. 51. Oben S. 198. Anm.
230. Als Aeußerungen der Tribunen IV. c. 53. V. c. 5.
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[363/0379] Statt finden, ohne daß der welcher ſie ausuͤbte einen an- dern dadurch ausſchloß, oder ſich einen beſtimmten Ort zueignete: ſo Fiſcherey in Stroͤhmen und Seen. Ver- wandt iſt dieſer Art die Hutnutzung, welche ebenfalls nicht unveraͤnderlich an die Scholle gebunden iſt: aber bey der Benutzung zu Ackerbau und Pflanzungen tritt ein aus- ſchließender Beſitz ein, welcher ohne gleiche Vertheilung, oder Wechſel, oder feſtes Geſetz, mit dem Begriff des Gemeinlands unvereinbar ſcheint. Beydes, der Anbau und die Weidenutzung waren, eben als ausſchließender Gebrauch Einzelner, der Abgabe von einem Theil des Gewinns an die Gemeinde des Staats nothwendig un- terworfen. Es iſt ſchon fruͤher angedeutet worden daß, ſo gewiß eine Zeit war worin nur die Patricier die ſouveraine Gemeinde Roms, und die eigentlichen Buͤrger der Repu- blik waren, eben ſo gewiß ihnen damals das Benutzungs- recht des Gemeinlands ausſchließlich gehoͤrte; daß dieſes Recht fortwaͤhrte als es eingefuͤhrt war die Plebejer durch eigenthuͤmliche Landanweiſungen abzufinden, und voͤllig rechtmaͤßig fortgedauert haben wuͤrde wenn dieſe Anwei- ſungen redlich vollzogen, und alle uͤbrigen urſpruͤnglichen und uͤbernommenen Verpflichtungen erfuͤllt waͤren 77). Daher ſind die Aeußerungen des Geſchichtſchreibers uͤber ihre widerrechtliche und gewaltſame Uſurpation des Ge- meinlands 78) ganz falſch: Vorwuͤrfe welche die Nobili- 77) Th. I. S. 451. 78) Livius eigenes Urtheil IV. c. 51. Oben S. 198. Anm. 230. Als Aeußerungen der Tribunen IV. c. 53. V. c. 5.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/379>, abgerufen am 22.11.2024.