Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

war, wenn es nur mit einem Theil geschah, -- soviel
als zur Assignation hätte kommen können, -- nur diese
in einer veränderten Form 21).

Der volskische Krieg gab dem Senat Veranlassung
zur Ernennung eines Dictators, A. Cornelius Cossus,
dessen Gewalt auch nach der schnellen Beendigung des
Feldzugs fortdauerte. Manlius ward als Verläumder
der Regierung vor sein Tribunal citirt, und in den Ker-
ker geworfen. Als ob einen Angehörigen oder einen na-
hen Freund dieses Schicksal getroffen hätte, erschienen,
so lange Manlius in Ketten lag, nebst denen die seinen
Wohlthaten Freyheit und Tageslicht verdankten, viele
andre Plebejer in Trauerkleidern und mit verwildertem
Haupthaar und Bart, wodurch die Sitte bezeichnete
daß dem Bekümmerten und Verzagenden jede Sorgfalt
für den Anstand seiner äußern Erscheinung gleichgültig
geworden sey. Täglich wuchs die Zahl welche sich so
als Parthey auszeichnete, und vom Anbruch des Mor-
gens den ganzen Tag nicht von den Thüren seines Ker-
kers wich. Sicher kann damals noch keine entschiedene
Schuld Manlius Gefängniß gerechtfertigt haben, weil
der Senat, erschrocken über die anwachsende dumpfe
Gährung, den Entschluß faßte ihm die Freyheit wieder-

21) Appian Ital. fr. 9. ed. Schw. Er las ein wenig La-
tein, und hat über diese Zeitläufte den Cassius (Hemina)
gebraucht (Celt. fr. 6.). Das große Lob, welches der ver-
storbene Müller gelegentlich in einer Flugschrift diesem seich-
ten Alexandriner gab, ist höchst befremdend, und muß nicht
verführen.

war, wenn es nur mit einem Theil geſchah, — ſoviel
als zur Aſſignation haͤtte kommen koͤnnen, — nur dieſe
in einer veraͤnderten Form 21).

Der volskiſche Krieg gab dem Senat Veranlaſſung
zur Ernennung eines Dictators, A. Cornelius Coſſus,
deſſen Gewalt auch nach der ſchnellen Beendigung des
Feldzugs fortdauerte. Manlius ward als Verlaͤumder
der Regierung vor ſein Tribunal citirt, und in den Ker-
ker geworfen. Als ob einen Angehoͤrigen oder einen na-
hen Freund dieſes Schickſal getroffen haͤtte, erſchienen,
ſo lange Manlius in Ketten lag, nebſt denen die ſeinen
Wohlthaten Freyheit und Tageslicht verdankten, viele
andre Plebejer in Trauerkleidern und mit verwildertem
Haupthaar und Bart, wodurch die Sitte bezeichnete
daß dem Bekuͤmmerten und Verzagenden jede Sorgfalt
fuͤr den Anſtand ſeiner aͤußern Erſcheinung gleichguͤltig
geworden ſey. Taͤglich wuchs die Zahl welche ſich ſo
als Parthey auszeichnete, und vom Anbruch des Mor-
gens den ganzen Tag nicht von den Thuͤren ſeines Ker-
kers wich. Sicher kann damals noch keine entſchiedene
Schuld Manlius Gefaͤngniß gerechtfertigt haben, weil
der Senat, erſchrocken uͤber die anwachſende dumpfe
Gaͤhrung, den Entſchluß faßte ihm die Freyheit wieder-

21) Appian Ital. fr. 9. ed. Schw. Er las ein wenig La-
tein, und hat uͤber dieſe Zeitlaͤufte den Caſſius (Hemina)
gebraucht (Celt. fr. 6.). Das große Lob, welches der ver-
ſtorbene Muͤller gelegentlich in einer Flugſchrift dieſem ſeich-
ten Alexandriner gab, iſt hoͤchſt befremdend, und muß nicht
verfuͤhren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0340" n="324"/>
war, wenn es nur mit einem Theil ge&#x017F;chah, &#x2014; &#x017F;oviel<lb/>
als zur A&#x017F;&#x017F;ignation ha&#x0364;tte kommen ko&#x0364;nnen, &#x2014; nur die&#x017F;e<lb/>
in einer vera&#x0364;nderten Form <note place="foot" n="21)">Appian <hi rendition="#aq">Ital. fr. 9. ed. Schw.</hi> Er las ein wenig La-<lb/>
tein, und hat u&#x0364;ber die&#x017F;e Zeitla&#x0364;ufte den Ca&#x017F;&#x017F;ius (Hemina)<lb/>
gebraucht (<hi rendition="#aq">Celt. fr.</hi> 6.). Das große Lob, welches der ver-<lb/>
&#x017F;torbene Mu&#x0364;ller gelegentlich in einer Flug&#x017F;chrift die&#x017F;em &#x017F;eich-<lb/>
ten Alexandriner gab, i&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t befremdend, und muß nicht<lb/>
verfu&#x0364;hren.</note>.</p><lb/>
        <p>Der volski&#x017F;che Krieg gab dem Senat Veranla&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
zur Ernennung eines Dictators, A. Cornelius Co&#x017F;&#x017F;us,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Gewalt auch nach der &#x017F;chnellen Beendigung des<lb/>
Feldzugs fortdauerte. Manlius ward als Verla&#x0364;umder<lb/>
der Regierung vor &#x017F;ein Tribunal citirt, und in den Ker-<lb/>
ker geworfen. Als ob einen Angeho&#x0364;rigen oder einen na-<lb/>
hen Freund die&#x017F;es Schick&#x017F;al getroffen ha&#x0364;tte, er&#x017F;chienen,<lb/>
&#x017F;o lange Manlius in Ketten lag, neb&#x017F;t denen die &#x017F;einen<lb/>
Wohlthaten Freyheit und Tageslicht verdankten, viele<lb/>
andre Plebejer in Trauerkleidern und mit verwildertem<lb/>
Haupthaar und Bart, wodurch die Sitte bezeichnete<lb/>
daß dem Beku&#x0364;mmerten und Verzagenden jede Sorgfalt<lb/>
fu&#x0364;r den An&#x017F;tand &#x017F;einer a&#x0364;ußern Er&#x017F;cheinung gleichgu&#x0364;ltig<lb/>
geworden &#x017F;ey. Ta&#x0364;glich wuchs die Zahl welche &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
als Parthey auszeichnete, und vom Anbruch des Mor-<lb/>
gens den ganzen Tag nicht von den Thu&#x0364;ren &#x017F;eines Ker-<lb/>
kers wich. Sicher kann damals noch keine ent&#x017F;chiedene<lb/>
Schuld Manlius Gefa&#x0364;ngniß gerechtfertigt haben, weil<lb/>
der Senat, er&#x017F;chrocken u&#x0364;ber die anwach&#x017F;ende dumpfe<lb/>
Ga&#x0364;hrung, den Ent&#x017F;chluß faßte ihm die Freyheit wieder-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0340] war, wenn es nur mit einem Theil geſchah, — ſoviel als zur Aſſignation haͤtte kommen koͤnnen, — nur dieſe in einer veraͤnderten Form 21). Der volskiſche Krieg gab dem Senat Veranlaſſung zur Ernennung eines Dictators, A. Cornelius Coſſus, deſſen Gewalt auch nach der ſchnellen Beendigung des Feldzugs fortdauerte. Manlius ward als Verlaͤumder der Regierung vor ſein Tribunal citirt, und in den Ker- ker geworfen. Als ob einen Angehoͤrigen oder einen na- hen Freund dieſes Schickſal getroffen haͤtte, erſchienen, ſo lange Manlius in Ketten lag, nebſt denen die ſeinen Wohlthaten Freyheit und Tageslicht verdankten, viele andre Plebejer in Trauerkleidern und mit verwildertem Haupthaar und Bart, wodurch die Sitte bezeichnete daß dem Bekuͤmmerten und Verzagenden jede Sorgfalt fuͤr den Anſtand ſeiner aͤußern Erſcheinung gleichguͤltig geworden ſey. Taͤglich wuchs die Zahl welche ſich ſo als Parthey auszeichnete, und vom Anbruch des Mor- gens den ganzen Tag nicht von den Thuͤren ſeines Ker- kers wich. Sicher kann damals noch keine entſchiedene Schuld Manlius Gefaͤngniß gerechtfertigt haben, weil der Senat, erſchrocken uͤber die anwachſende dumpfe Gaͤhrung, den Entſchluß faßte ihm die Freyheit wieder- 21) Appian Ital. fr. 9. ed. Schw. Er las ein wenig La- tein, und hat uͤber dieſe Zeitlaͤufte den Caſſius (Hemina) gebraucht (Celt. fr. 6.). Das große Lob, welches der ver- ſtorbene Muͤller gelegentlich in einer Flugſchrift dieſem ſeich- ten Alexandriner gab, iſt hoͤchſt befremdend, und muß nicht verfuͤhren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/340
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/340>, abgerufen am 25.11.2024.