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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Zurückgabe des entlehnten zu eilen: wenn auch damals
die ängstlich religiöse Nation sich nicht ermächtigt hielt,
wie zu Athen schon früher geschehen war, wie es zu
Rom dreyhundert Jahre später geschah, in der Zeit der
Noth die Reichthümer der Tempel zur Erhaltung des
Staats zu verwenden. Ward das Doppelte gefordert,
und zum Behuf einer vor allen Augen verschlossenen
Niederlegung, dann war es der gequälten Armuth nicht
zu verargen wenn sie einen für die Regierung beleidi-
genden Argwohn faßte: es sey nur eine Erpressung un-
ter scheinheiligem Vorwand zum Vortheil mächtiger Plün-
derer: und diesen Argwohn, der noch mehr als das Ge-
fühl und das Andenken aller andern Bedrückungen die
Gemüther in die schreckliche Stimmung bringen mußte
worin Aufstand ein willkommner Gedanke wird, kann
Manlius genährt, und ihm durch Beschuldigungen ge-
gen Einzelne Schein gegeben haben.

Ein Schriftsteller von freylich sehr schlechtem Ge-
halt, geistlos, unwissend und flüchtig, auf den man
auch, weil die meisten Abweichungen seiner Erzählung
nur aus diesen Fehlern entstanden sind, im allgemeinen
vor dem Zeitpunkt wo Polybius Geschichte anhebt, welche
Posidonius fortsetzte, nur dann Rücksicht nehmen muß,
wenn der Mangel uns treibt Wurzeln und Kräuter ge-
gen den Hunger zu sammeln, hat hier einige Umstände
welche er weder erfunden noch verdreht haben kann.
Manlius, sagt Appian, forderte Tilgung der Schulden,
oder daß das Gemeinland verkauft, und der Ertrag zur
Zahlung für die Plebejer verwandt werden solle. Dies

X 2

Zuruͤckgabe des entlehnten zu eilen: wenn auch damals
die aͤngſtlich religioͤſe Nation ſich nicht ermaͤchtigt hielt,
wie zu Athen ſchon fruͤher geſchehen war, wie es zu
Rom dreyhundert Jahre ſpaͤter geſchah, in der Zeit der
Noth die Reichthuͤmer der Tempel zur Erhaltung des
Staats zu verwenden. Ward das Doppelte gefordert,
und zum Behuf einer vor allen Augen verſchloſſenen
Niederlegung, dann war es der gequaͤlten Armuth nicht
zu verargen wenn ſie einen fuͤr die Regierung beleidi-
genden Argwohn faßte: es ſey nur eine Erpreſſung un-
ter ſcheinheiligem Vorwand zum Vortheil maͤchtiger Pluͤn-
derer: und dieſen Argwohn, der noch mehr als das Ge-
fuͤhl und das Andenken aller andern Bedruͤckungen die
Gemuͤther in die ſchreckliche Stimmung bringen mußte
worin Aufſtand ein willkommner Gedanke wird, kann
Manlius genaͤhrt, und ihm durch Beſchuldigungen ge-
gen Einzelne Schein gegeben haben.

Ein Schriftſteller von freylich ſehr ſchlechtem Ge-
halt, geiſtlos, unwiſſend und fluͤchtig, auf den man
auch, weil die meiſten Abweichungen ſeiner Erzaͤhlung
nur aus dieſen Fehlern entſtanden ſind, im allgemeinen
vor dem Zeitpunkt wo Polybius Geſchichte anhebt, welche
Poſidonius fortſetzte, nur dann Ruͤckſicht nehmen muß,
wenn der Mangel uns treibt Wurzeln und Kraͤuter ge-
gen den Hunger zu ſammeln, hat hier einige Umſtaͤnde
welche er weder erfunden noch verdreht haben kann.
Manlius, ſagt Appian, forderte Tilgung der Schulden,
oder daß das Gemeinland verkauft, und der Ertrag zur
Zahlung fuͤr die Plebejer verwandt werden ſolle. Dies

X 2
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[323/0339] Zuruͤckgabe des entlehnten zu eilen: wenn auch damals die aͤngſtlich religioͤſe Nation ſich nicht ermaͤchtigt hielt, wie zu Athen ſchon fruͤher geſchehen war, wie es zu Rom dreyhundert Jahre ſpaͤter geſchah, in der Zeit der Noth die Reichthuͤmer der Tempel zur Erhaltung des Staats zu verwenden. Ward das Doppelte gefordert, und zum Behuf einer vor allen Augen verſchloſſenen Niederlegung, dann war es der gequaͤlten Armuth nicht zu verargen wenn ſie einen fuͤr die Regierung beleidi- genden Argwohn faßte: es ſey nur eine Erpreſſung un- ter ſcheinheiligem Vorwand zum Vortheil maͤchtiger Pluͤn- derer: und dieſen Argwohn, der noch mehr als das Ge- fuͤhl und das Andenken aller andern Bedruͤckungen die Gemuͤther in die ſchreckliche Stimmung bringen mußte worin Aufſtand ein willkommner Gedanke wird, kann Manlius genaͤhrt, und ihm durch Beſchuldigungen ge- gen Einzelne Schein gegeben haben. Ein Schriftſteller von freylich ſehr ſchlechtem Ge- halt, geiſtlos, unwiſſend und fluͤchtig, auf den man auch, weil die meiſten Abweichungen ſeiner Erzaͤhlung nur aus dieſen Fehlern entſtanden ſind, im allgemeinen vor dem Zeitpunkt wo Polybius Geſchichte anhebt, welche Poſidonius fortſetzte, nur dann Ruͤckſicht nehmen muß, wenn der Mangel uns treibt Wurzeln und Kraͤuter ge- gen den Hunger zu ſammeln, hat hier einige Umſtaͤnde welche er weder erfunden noch verdreht haben kann. Manlius, ſagt Appian, forderte Tilgung der Schulden, oder daß das Gemeinland verkauft, und der Ertrag zur Zahlung fuͤr die Plebejer verwandt werden ſolle. Dies X 2

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/339>, abgerufen am 22.11.2024.