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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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gegen das Gesetz welches er selbst verzeichnet hatte, als
die welche für die Jungfrau redeten flehten, es möge
der Spruch verschoben werden bis es möglich sey den
Vater aus dem Lager zu rufen, damit er selbst sein
Theuerstes vertheidigen könne. Er finde diese Forde-
rung, sagte er, allerdings billig, es solle auch dem an-
geblichen Vater sein Recht nicht gekränkt werden: darum
verschiebe er seinen Spruch bis zu dessen Zurückkunft.
Wäre das Mädchen selbstständig, oder wäre der Va-
ter in dessen Gewalt sie sey anwesend, so würde der
Kläger sich beruhigen müssen wenn ihm Sicherheit ge-
stellt werde. Aber die dem Vater Unterthänige könne
niemand an seiner Stelle rechtlich verbürgen, und Ge-
fälligkeit von Seiten des Klägers eine nichtige Sicher-
heit anzunehmen, könnte, bey leicht möglicher Unred-
lichkeit der Virginischen Familie, ihn seines Eigenthums
berauben. Daher müsse er in diesem Fall von dem
Buchstaben des Gesetzes abweichen: der Kläger solle das
Mädchen wegführen, aber Bürgschaft gewähren daß er
sie, wenn der angebliche Vater sich einfinde, vor dem
Gericht stellen werde.

Bey diesem fürchterlichen Urtheil erhob sich lautes
Jammergeschrey. Icilius, von des Mädchens Oheim
Numitorius begleitet, war durch Gerücht auf das Fo-
rum gerufen. Liebe und gewohnte Vertheidigung der
Freyheit gaben ihm Entschlossenheit und Macht. Er
stieß die Lictoren zurück, ein Kreis muthiger Verthei-
biger schloß das Mädchen ein, und es war nicht mehr
möglich sie jetzt durch Schrecken noch Gewalt wegzu-

gegen das Geſetz welches er ſelbſt verzeichnet hatte, als
die welche fuͤr die Jungfrau redeten flehten, es moͤge
der Spruch verſchoben werden bis es moͤglich ſey den
Vater aus dem Lager zu rufen, damit er ſelbſt ſein
Theuerſtes vertheidigen koͤnne. Er finde dieſe Forde-
rung, ſagte er, allerdings billig, es ſolle auch dem an-
geblichen Vater ſein Recht nicht gekraͤnkt werden: darum
verſchiebe er ſeinen Spruch bis zu deſſen Zuruͤckkunft.
Waͤre das Maͤdchen ſelbſtſtaͤndig, oder waͤre der Va-
ter in deſſen Gewalt ſie ſey anweſend, ſo wuͤrde der
Klaͤger ſich beruhigen muͤſſen wenn ihm Sicherheit ge-
ſtellt werde. Aber die dem Vater Unterthaͤnige koͤnne
niemand an ſeiner Stelle rechtlich verbuͤrgen, und Ge-
faͤlligkeit von Seiten des Klaͤgers eine nichtige Sicher-
heit anzunehmen, koͤnnte, bey leicht moͤglicher Unred-
lichkeit der Virginiſchen Familie, ihn ſeines Eigenthums
berauben. Daher muͤſſe er in dieſem Fall von dem
Buchſtaben des Geſetzes abweichen: der Klaͤger ſolle das
Maͤdchen wegfuͤhren, aber Buͤrgſchaft gewaͤhren daß er
ſie, wenn der angebliche Vater ſich einfinde, vor dem
Gericht ſtellen werde.

Bey dieſem fuͤrchterlichen Urtheil erhob ſich lautes
Jammergeſchrey. Icilius, von des Maͤdchens Oheim
Numitorius begleitet, war durch Geruͤcht auf das Fo-
rum gerufen. Liebe und gewohnte Vertheidigung der
Freyheit gaben ihm Entſchloſſenheit und Macht. Er
ſtieß die Lictoren zuruͤck, ein Kreis muthiger Verthei-
biger ſchloß das Maͤdchen ein, und es war nicht mehr
moͤglich ſie jetzt durch Schrecken noch Gewalt wegzu-

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[134/0150] gegen das Geſetz welches er ſelbſt verzeichnet hatte, als die welche fuͤr die Jungfrau redeten flehten, es moͤge der Spruch verſchoben werden bis es moͤglich ſey den Vater aus dem Lager zu rufen, damit er ſelbſt ſein Theuerſtes vertheidigen koͤnne. Er finde dieſe Forde- rung, ſagte er, allerdings billig, es ſolle auch dem an- geblichen Vater ſein Recht nicht gekraͤnkt werden: darum verſchiebe er ſeinen Spruch bis zu deſſen Zuruͤckkunft. Waͤre das Maͤdchen ſelbſtſtaͤndig, oder waͤre der Va- ter in deſſen Gewalt ſie ſey anweſend, ſo wuͤrde der Klaͤger ſich beruhigen muͤſſen wenn ihm Sicherheit ge- ſtellt werde. Aber die dem Vater Unterthaͤnige koͤnne niemand an ſeiner Stelle rechtlich verbuͤrgen, und Ge- faͤlligkeit von Seiten des Klaͤgers eine nichtige Sicher- heit anzunehmen, koͤnnte, bey leicht moͤglicher Unred- lichkeit der Virginiſchen Familie, ihn ſeines Eigenthums berauben. Daher muͤſſe er in dieſem Fall von dem Buchſtaben des Geſetzes abweichen: der Klaͤger ſolle das Maͤdchen wegfuͤhren, aber Buͤrgſchaft gewaͤhren daß er ſie, wenn der angebliche Vater ſich einfinde, vor dem Gericht ſtellen werde. Bey dieſem fuͤrchterlichen Urtheil erhob ſich lautes Jammergeſchrey. Icilius, von des Maͤdchens Oheim Numitorius begleitet, war durch Geruͤcht auf das Fo- rum gerufen. Liebe und gewohnte Vertheidigung der Freyheit gaben ihm Entſchloſſenheit und Macht. Er ſtieß die Lictoren zuruͤck, ein Kreis muthiger Verthei- biger ſchloß das Maͤdchen ein, und es war nicht mehr moͤglich ſie jetzt durch Schrecken noch Gewalt wegzu-

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/150>, abgerufen am 23.11.2024.