Bey den Geschichtschreibern erscheint in dieser Zeit die Plebs gleichbedeutend mit der Armuth, und die Patri- cier nicht nur als die Vertreter des Rechts der Gläu- biger, sondern als die alleinigen Gläubiger des Volks. Beydes befremdet, weil die großen Männer unter den alten Patriciern oft in der bittersten Armuth lebten, und die reichen Familien der spätern Zeit fast alle ple- bejisch waren. Indessen wenn auch tugendhafte Genüg- samkeit die Valerier und Quinctier in einer bedürfniß- losen Armuth erhielt, und große Plebejer durch sie nicht gehindert wurden, sich auf die ihnen gebührende Höhe zu erheben, so waren doch die Patricier nie in Gefahr den eigentlichen Druck der Noth zu empfinden: dage- gen schützten sie ihre Clientelen, welche durch die hei- ligsten Pflichten verbunden waren ihren Bedürfnissen abzuhelfen und ihre Schulden zu bezahlen: auch konnten sie, bey steuerfreyem Landbesitz, nicht leicht ganz verar- men: die aus ihrem Stande welche sich bereichern woll- ten, konnten es schon durch das ausschließliche Anrecht welches sie damals, ohne den Zehenten zu erlegen, auf die Benutzung der Domainen ausübten. Daß aber der Reichthum welcher später auf ganz andern Wegen in der Republik entstand, sich in andern Händen sammelte, war was allenthalben geschieht wo Geldgeschäfte aufkom- men, und einen weit schleuniger gewonnenen und ange- häuften Reichthum gewähren als der alte Landbesitz. Dennoch aber läßt es sich unmöglich annehmen daß da- mals alle Plebejer arm gewesen wären, ein Irrthum zu dem Dionysius durch den griechischen Sprachgebrauch
Erster Theil. C c
Bey den Geſchichtſchreibern erſcheint in dieſer Zeit die Plebs gleichbedeutend mit der Armuth, und die Patri- cier nicht nur als die Vertreter des Rechts der Glaͤu- biger, ſondern als die alleinigen Glaͤubiger des Volks. Beydes befremdet, weil die großen Maͤnner unter den alten Patriciern oft in der bitterſten Armuth lebten, und die reichen Familien der ſpaͤtern Zeit faſt alle ple- bejiſch waren. Indeſſen wenn auch tugendhafte Genuͤg- ſamkeit die Valerier und Quinctier in einer beduͤrfniß- loſen Armuth erhielt, und große Plebejer durch ſie nicht gehindert wurden, ſich auf die ihnen gebuͤhrende Hoͤhe zu erheben, ſo waren doch die Patricier nie in Gefahr den eigentlichen Druck der Noth zu empfinden: dage- gen ſchuͤtzten ſie ihre Clientelen, welche durch die hei- ligſten Pflichten verbunden waren ihren Beduͤrfniſſen abzuhelfen und ihre Schulden zu bezahlen: auch konnten ſie, bey ſteuerfreyem Landbeſitz, nicht leicht ganz verar- men: die aus ihrem Stande welche ſich bereichern woll- ten, konnten es ſchon durch das ausſchließliche Anrecht welches ſie damals, ohne den Zehenten zu erlegen, auf die Benutzung der Domainen ausuͤbten. Daß aber der Reichthum welcher ſpaͤter auf ganz andern Wegen in der Republik entſtand, ſich in andern Haͤnden ſammelte, war was allenthalben geſchieht wo Geldgeſchaͤfte aufkom- men, und einen weit ſchleuniger gewonnenen und ange- haͤuften Reichthum gewaͤhren als der alte Landbeſitz. Dennoch aber laͤßt es ſich unmoͤglich annehmen daß da- mals alle Plebejer arm geweſen waͤren, ein Irrthum zu dem Dionyſius durch den griechiſchen Sprachgebrauch
Erſter Theil. C c
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Bey den Geſchichtſchreibern erſcheint in dieſer Zeit
die Plebs gleichbedeutend mit der Armuth, und die Patri-
cier nicht nur als die Vertreter des Rechts der Glaͤu-
biger, ſondern als die alleinigen Glaͤubiger des Volks.
Beydes befremdet, weil die großen Maͤnner unter den
alten Patriciern oft in der bitterſten Armuth lebten,
und die reichen Familien der ſpaͤtern Zeit faſt alle ple-
bejiſch waren. Indeſſen wenn auch tugendhafte Genuͤg-
ſamkeit die Valerier und Quinctier in einer beduͤrfniß-
loſen Armuth erhielt, und große Plebejer durch ſie nicht
gehindert wurden, ſich auf die ihnen gebuͤhrende Hoͤhe
zu erheben, ſo waren doch die Patricier nie in Gefahr
den eigentlichen Druck der Noth zu empfinden: dage-
gen ſchuͤtzten ſie ihre Clientelen, welche durch die hei-
ligſten Pflichten verbunden waren ihren Beduͤrfniſſen
abzuhelfen und ihre Schulden zu bezahlen: auch konnten
ſie, bey ſteuerfreyem Landbeſitz, nicht leicht ganz verar-
men: die aus ihrem Stande welche ſich bereichern woll-
ten, konnten es ſchon durch das ausſchließliche Anrecht
welches ſie damals, ohne den Zehenten zu erlegen, auf
die Benutzung der Domainen ausuͤbten. Daß aber der
Reichthum welcher ſpaͤter auf ganz andern Wegen in
der Republik entſtand, ſich in andern Haͤnden ſammelte,
war was allenthalben geſchieht wo Geldgeſchaͤfte aufkom-
men, und einen weit ſchleuniger gewonnenen und ange-
haͤuften Reichthum gewaͤhren als der alte Landbeſitz.
Dennoch aber laͤßt es ſich unmoͤglich annehmen daß da-
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/423>, abgerufen am 24.11.2024.
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