sehen hattest, so wars denn, als ob dir was fehlte -- Das sah mir doch so ziemlich wie Liebe aus.
S. Liebe? Dieß geschah bloß, weil in dieser Ein- samkeit kein anderes junges Frauenzimmer zu fin- den war. Mir ist aber wirklich der Umgang mit einem Frauenzimmer nothwendig, damit beständig in meinem Herzen sanfte und gefällige Empfindun- gen herrschen, und in meine Gedichte hinüberfließen mögen.
V. Ey nun, so heurathe die Jungfer Gertrud- tinn, so wird dir ihr Umgang noch aus einer Ursach nothwendig. Zeit ists ohnedieß, daß du heurathest.
S. Das ist auch mein Vorsatz, mein bester Va- ter! Dieß war die wichtige Nachricht, die ich Jh- nen von meiner gestrigen Reise erzählen wollte. Jch habe sie wieder gefunden, die Göttin meiner Seele, die ich schon lange liebe, die nun auch mich liebt, die meiner ganzen Liebe würdig ist. Jung! Schön! Edel! Verständig! Witzig! Sie lebt eine Meile von hier in einer Schäferhütte im Walde, in aller Unschuld des goldnen Zeitalters! Jhr habe ich ewige Treue geschworen, und nie soll eine andere dieß Herz rühren, dieß Herz voll von brennendem zärtlichem Gefühle, gegen die göttliche Schöne.
V. Was
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ſehen hatteſt, ſo wars denn, als ob dir was fehlte — Das ſah mir doch ſo ziemlich wie Liebe aus.
S. Liebe? Dieß geſchah bloß, weil in dieſer Ein- ſamkeit kein anderes junges Frauenzimmer zu fin- den war. Mir iſt aber wirklich der Umgang mit einem Frauenzimmer nothwendig, damit beſtaͤndig in meinem Herzen ſanfte und gefaͤllige Empfindun- gen herrſchen, und in meine Gedichte hinuͤberfließen moͤgen.
V. Ey nun, ſo heurathe die Jungfer Gertrud- tinn, ſo wird dir ihr Umgang noch aus einer Urſach nothwendig. Zeit iſts ohnedieß, daß du heuratheſt.
S. Das iſt auch mein Vorſatz, mein beſter Va- ter! Dieß war die wichtige Nachricht, die ich Jh- nen von meiner geſtrigen Reiſe erzaͤhlen wollte. Jch habe ſie wieder gefunden, die Goͤttin meiner Seele, die ich ſchon lange liebe, die nun auch mich liebt, die meiner ganzen Liebe wuͤrdig iſt. Jung! Schoͤn! Edel! Verſtaͤndig! Witzig! Sie lebt eine Meile von hier in einer Schaͤferhuͤtte im Walde, in aller Unſchuld des goldnen Zeitalters! Jhr habe ich ewige Treue geſchworen, und nie ſoll eine andere dieß Herz ruͤhren, dieß Herz voll von brennendem zaͤrtlichem Gefuͤhle, gegen die goͤttliche Schoͤne.
V. Was
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[131[130]/0143]
ſehen hatteſt, ſo wars denn, als ob dir was fehlte —
Das ſah mir doch ſo ziemlich wie Liebe aus.
S. Liebe? Dieß geſchah bloß, weil in dieſer Ein-
ſamkeit kein anderes junges Frauenzimmer zu fin-
den war. Mir iſt aber wirklich der Umgang mit
einem Frauenzimmer nothwendig, damit beſtaͤndig
in meinem Herzen ſanfte und gefaͤllige Empfindun-
gen herrſchen, und in meine Gedichte hinuͤberfließen
moͤgen.
V. Ey nun, ſo heurathe die Jungfer Gertrud-
tinn, ſo wird dir ihr Umgang noch aus einer Urſach
nothwendig. Zeit iſts ohnedieß, daß du heuratheſt.
S. Das iſt auch mein Vorſatz, mein beſter Va-
ter! Dieß war die wichtige Nachricht, die ich Jh-
nen von meiner geſtrigen Reiſe erzaͤhlen wollte. Jch
habe ſie wieder gefunden, die Goͤttin meiner Seele,
die ich ſchon lange liebe, die nun auch mich liebt, die
meiner ganzen Liebe wuͤrdig iſt. Jung! Schoͤn!
Edel! Verſtaͤndig! Witzig! Sie lebt eine Meile
von hier in einer Schaͤferhuͤtte im Walde, in aller
Unſchuld des goldnen Zeitalters! Jhr habe ich ewige
Treue geſchworen, und nie ſoll eine andere dieß Herz
ruͤhren, dieß Herz voll von brennendem zaͤrtlichem
Gefuͤhle, gegen die goͤttliche Schoͤne.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 131[130]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/143>, abgerufen am 16.02.2025.
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