um wieder aufs vorige zu kommen, thun Sie mirs immer zu gefallen, und predigen nicht ferner davon, daß man sie lieben müsse. Sehen Sie, wir haben hier in unserer Stadt unsere besondere Verfassung; und dann ists bedenklich, wegen der Neuerung mit den Kalvinischen Tuchmachern.
Seb. Sehr gern! Jch habe überhaupt nicht ge- glaubt, daß die Lehre, die ich predigte, so neu wäre, daß dadurch Anfsehen erregt werden könnte; ich meinte nur, eine schon bekannte nützliche Lehre weiter einzuschär- fen. Freylich! wenn die Ermahnung, unsere Brü- der von andern Konfessionen mehr zu lieben, den Er- folg haben sollte, daß man sie mehr haßte, so ists besser, ganz davon zu schweigen.
Mackligius gab ihm von ganzem Herzen darinn Recht, daß Schweigen hier das beste wäre, und ver- sicherte ihn, er kenne die rechtgläubigen Holsteiner, und wisse gewiß, daß die Ermahnung, die Kalvinisten zu lieben, bey ihnen nur mehr Haß zuwegebringen werde. Der ehrliche Sebaldus beseufzete eine so un- christliche Gemüthsverfassung, und gerieth in ein Lob einer wahren Christlichen Toleranz, und Mackligius, wohl zufrieden, daß er nur den Hauptpunkt, wegen des Predigens, von ihm erlangt hatte, stimmte ihm in allem bey. Sebaldus sagte viel schöne Sachen dar-
über,
um wieder aufs vorige zu kommen, thun Sie mirs immer zu gefallen, und predigen nicht ferner davon, daß man ſie lieben muͤſſe. Sehen Sie, wir haben hier in unſerer Stadt unſere beſondere Verfaſſung; und dann iſts bedenklich, wegen der Neuerung mit den Kalviniſchen Tuchmachern.
Seb. Sehr gern! Jch habe uͤberhaupt nicht ge- glaubt, daß die Lehre, die ich predigte, ſo neu waͤre, daß dadurch Anfſehen erregt werden koͤnnte; ich meinte nur, eine ſchon bekannte nuͤtzliche Lehre weiter einzuſchaͤr- fen. Freylich! wenn die Ermahnung, unſere Bruͤ- der von andern Konfeſſionen mehr zu lieben, den Er- folg haben ſollte, daß man ſie mehr haßte, ſo iſts beſſer, ganz davon zu ſchweigen.
Mackligius gab ihm von ganzem Herzen darinn Recht, daß Schweigen hier das beſte waͤre, und ver- ſicherte ihn, er kenne die rechtglaͤubigen Holſteiner, und wiſſe gewiß, daß die Ermahnung, die Kalviniſten zu lieben, bey ihnen nur mehr Haß zuwegebringen werde. Der ehrliche Sebaldus beſeufzete eine ſo un- chriſtliche Gemuͤthsverfaſſung, und gerieth in ein Lob einer wahren Chriſtlichen Toleranz, und Mackligius, wohl zufrieden, daß er nur den Hauptpunkt, wegen des Predigens, von ihm erlangt hatte, ſtimmte ihm in allem bey. Sebaldus ſagte viel ſchoͤne Sachen dar-
uͤber,
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[242/0254]
um wieder aufs vorige zu kommen, thun Sie mirs
immer zu gefallen, und predigen nicht ferner davon,
daß man ſie lieben muͤſſe. Sehen Sie, wir haben
hier in unſerer Stadt unſere beſondere Verfaſſung;
und dann iſts bedenklich, wegen der Neuerung mit
den Kalviniſchen Tuchmachern.
Seb. Sehr gern! Jch habe uͤberhaupt nicht ge-
glaubt, daß die Lehre, die ich predigte, ſo neu waͤre, daß
dadurch Anfſehen erregt werden koͤnnte; ich meinte nur,
eine ſchon bekannte nuͤtzliche Lehre weiter einzuſchaͤr-
fen. Freylich! wenn die Ermahnung, unſere Bruͤ-
der von andern Konfeſſionen mehr zu lieben, den Er-
folg haben ſollte, daß man ſie mehr haßte, ſo iſts
beſſer, ganz davon zu ſchweigen.
Mackligius gab ihm von ganzem Herzen darinn
Recht, daß Schweigen hier das beſte waͤre, und ver-
ſicherte ihn, er kenne die rechtglaͤubigen Holſteiner,
und wiſſe gewiß, daß die Ermahnung, die Kalviniſten
zu lieben, bey ihnen nur mehr Haß zuwegebringen
werde. Der ehrliche Sebaldus beſeufzete eine ſo un-
chriſtliche Gemuͤthsverfaſſung, und gerieth in ein Lob
einer wahren Chriſtlichen Toleranz, und Mackligius,
wohl zufrieden, daß er nur den Hauptpunkt, wegen
des Predigens, von ihm erlangt hatte, ſtimmte ihm
in allem bey. Sebaldus ſagte viel ſchoͤne Sachen dar-
uͤber,
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/254>, abgerufen am 05.07.2024.
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