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Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

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Der erste Theil deß Frewdenspiegels.
Lieblichkeit vnd
Schönheit der
Menschlichen
Angesichter.
daß jhn dünckt/ es sey kein lieblicher Bildt auff Erden. Die
Königin Dido/ sihet den Trojanischen Fürsten Aeneam an/
vnnd kan seiner nicht müde werden/ wie Virgilius schreibet:
Expleri mentem nequit ardescitq2; tuendo. Der Patriarch
Jacob wolte gerne sterben/ da er seinen Sohn Joseph wider
Gen. 46.gesehen hatte. Der Poct Catullus/ preyset sehr die schöne
Gestalt deß Jünglings Roscij/ vnd darff sie/ als ein blinder
Heyde/ dem schönen Angesicht Gottes fürziehen. Herodotus
schreibt von deß Clistenis Tochter/ genant Agarista/ vnd jh-
rer lieblicher Form/ daß viel junger Gesellen auß Griechen-
land mit hauffen/ zu dieser Jungfrawen/ auff jhren hochzeit-
lichen Ehren Tag gekommen seyen/ jhr Angesicht zu sehen/
vnd der Freuwden bey zu wohnen.

Die Schön-
heit vnnd liebli-
che Gestalt
Gottes vber-
trifft aller Crea-
turen Schön-
heit.

Nun aber ist aller menschlicher Schmuck vnd Schön-
heit eitel Kinderspiel/ vnnd arm Stümpelwerck/ gegen der
wundertröstlichen vnd allerschönesten Gestalt der aller hey-
ligsten Dreyfaltigkeit/ so sich in jenem Leben ereugnet/ vnnd
sich mit grossen Freuwden herrlich sehen läßt. Ja ich dencke
diesem Geheimnuß nach/ vnd sage also: Jst jrgent ein schön
Menschlich Angesicht auff Erden/ das vieler Leut Augen
kan zu sich wenden/ wie ein Magnet das Eysen an sich ziehet:
Vnnd ist das Anschauwen der vertrauweten Freunden/ an
Eltern vnnd Kindern/ Mann/ Weib/ Breutigam vnnd
Braut/ so lieblich vnd so angenem/ daß es das Hertz erfrewe/
da doch Menschen nicht sind die Liebe selbst/ sondern haben
allein liebliche Affecten vnd Zuneigung zu jhren Freunden:
Wie viel hundert tausentmal freundlicher vnnd lieblicher
muß denn seyn/ das schöne Wesen Gottes/ welcher ist die Lie-
be selbst/ vnd das helle auffgedeckte Antlitz vnsers himmlischen
Vatters/ vnnd seines eingebornen Sohns/ vnsers aller schö-
nesten vnd allerholdseligsten Bräutigams Jesu Christi/ wie
auch deß H. Geistes im ewigen Leben?

O wie

Der erſte Theil deß Frewdenſpiegels.
Lieblichkeit vnd
Schönheit der
Menſchlichen
Angeſichter.
daß jhn dünckt/ es ſey kein lieblicher Bildt auff Erden. Die
Königin Dido/ ſihet den Trojaniſchen Fürſten Aeneam an/
vnnd kan ſeiner nicht müde werden/ wie Virgilius ſchreibet:
Expleri mentem nequit ardeſcitq2; tuendo. Der Patriarch
Jacob wolte gerne ſterben/ da er ſeinen Sohn Joſeph wider
Gen. 46.geſehen hatte. Der Poct Catullus/ preyſet ſehr die ſchöne
Geſtalt deß Jünglings Roſcij/ vnd darff ſie/ als ein blinder
Heyde/ dem ſchönen Angeſicht Gottes fürziehen. Herodotus
ſchreibt von deß Cliſtenis Tochter/ genant Agariſta/ vnd jh-
rer lieblicher Form/ daß viel junger Geſellen auß Griechen-
land mit hauffen/ zu dieſer Jungfrawen/ auff jhren hochzeit-
lichen Ehren Tag gekommen ſeyen/ jhr Angeſicht zu ſehen/
vnd der Freuwden bey zu wohnen.

Die Schön-
heit vnnd liebli-
che Geſtalt
Gottes vber-
trifft aller Crea-
turen Schön-
heit.

Nun aber iſt aller menſchlicher Schmuck vnd Schön-
heit eitel Kinderſpiel/ vnnd arm Stümpelwerck/ gegen der
wundertröſtlichen vnd allerſchöneſten Geſtalt der aller hey-
ligſten Dreyfaltigkeit/ ſo ſich in jenem Leben ereugnet/ vnnd
ſich mit groſſen Freuwden herrlich ſehen läßt. Ja ich dencke
dieſem Geheimnuß nach/ vnd ſage alſo: Jſt jrgent ein ſchön
Menſchlich Angeſicht auff Erden/ das vieler Leut Augen
kan zu ſich wenden/ wie ein Magnet das Eyſen an ſich ziehet:
Vnnd iſt das Anſchauwen der vertrauweten Freunden/ an
Eltern vnnd Kindern/ Mann/ Weib/ Breutigam vnnd
Braut/ ſo lieblich vnd ſo angenem/ daß es das Hertz erfrewe/
da doch Menſchen nicht ſind die Liebe ſelbſt/ ſondern haben
allein liebliche Affecten vnd Zuneigung zu jhren Freunden:
Wie viel hundert tauſentmal freundlicher vnnd lieblicher
muß deñ ſeyn/ das ſchöne Weſen Gottes/ welcher iſt die Lie-
be ſelbſt/ vnd das helle auffgedeckte Antlitz vnſers him̃liſchen
Vatters/ vnnd ſeines eingebornen Sohns/ vnſers aller ſchö-
neſten vnd allerholdſeligſten Bräutigams Jeſu Chriſti/ wie
auch deß H. Geiſtes im ewigen Leben?

O wie
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[40/0058] Der erſte Theil deß Frewdenſpiegels. daß jhn dünckt/ es ſey kein lieblicher Bildt auff Erden. Die Königin Dido/ ſihet den Trojaniſchen Fürſten Aeneam an/ vnnd kan ſeiner nicht müde werden/ wie Virgilius ſchreibet: Expleri mentem nequit ardeſcitq2; tuendo. Der Patriarch Jacob wolte gerne ſterben/ da er ſeinen Sohn Joſeph wider geſehen hatte. Der Poct Catullus/ preyſet ſehr die ſchöne Geſtalt deß Jünglings Roſcij/ vnd darff ſie/ als ein blinder Heyde/ dem ſchönen Angeſicht Gottes fürziehen. Herodotus ſchreibt von deß Cliſtenis Tochter/ genant Agariſta/ vnd jh- rer lieblicher Form/ daß viel junger Geſellen auß Griechen- land mit hauffen/ zu dieſer Jungfrawen/ auff jhren hochzeit- lichen Ehren Tag gekommen ſeyen/ jhr Angeſicht zu ſehen/ vnd der Freuwden bey zu wohnen. Lieblichkeit vnd Schönheit der Menſchlichen Angeſichter. Gen. 46. Nun aber iſt aller menſchlicher Schmuck vnd Schön- heit eitel Kinderſpiel/ vnnd arm Stümpelwerck/ gegen der wundertröſtlichen vnd allerſchöneſten Geſtalt der aller hey- ligſten Dreyfaltigkeit/ ſo ſich in jenem Leben ereugnet/ vnnd ſich mit groſſen Freuwden herrlich ſehen läßt. Ja ich dencke dieſem Geheimnuß nach/ vnd ſage alſo: Jſt jrgent ein ſchön Menſchlich Angeſicht auff Erden/ das vieler Leut Augen kan zu ſich wenden/ wie ein Magnet das Eyſen an ſich ziehet: Vnnd iſt das Anſchauwen der vertrauweten Freunden/ an Eltern vnnd Kindern/ Mann/ Weib/ Breutigam vnnd Braut/ ſo lieblich vnd ſo angenem/ daß es das Hertz erfrewe/ da doch Menſchen nicht ſind die Liebe ſelbſt/ ſondern haben allein liebliche Affecten vnd Zuneigung zu jhren Freunden: Wie viel hundert tauſentmal freundlicher vnnd lieblicher muß deñ ſeyn/ das ſchöne Weſen Gottes/ welcher iſt die Lie- be ſelbſt/ vnd das helle auffgedeckte Antlitz vnſers him̃liſchen Vatters/ vnnd ſeines eingebornen Sohns/ vnſers aller ſchö- neſten vnd allerholdſeligſten Bräutigams Jeſu Chriſti/ wie auch deß H. Geiſtes im ewigen Leben? O wie

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Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/58>, abgerufen am 22.12.2024.