Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599.

Bild:
<< vorherige Seite

Der erste Theil deß Frewden Spiegels.
vnd preysen/ so viel ich kan/ biß ich zu jm komm/ auß dem Reich
deß Glaubens/ in das Reich deß Schauwens/ dann solls
auß dem vollen Fasß gehen/ daß ich jhn vollkömmlich lobe.

Wie ein Christ in Betrachtung deß ewigen
Lebens seinen Nechsten liebe.

DArnach liebet er auch seinen Nehesten/ die-
weil er führet einen himmelischen Wandel/ vnnd
8. Johan. 3.weiß/ daß er ist auß dem Tode in das Leben kom-
men. Er dencket/ Gott ist die Liebe/ vnd das ewige Leben ist
ein Leben der inbrünstigen Liebe/ zu welchem Gott hat alle
Menschen geschaffen/ vnd hat seinen eingebornen Sohn/
auß grosser Liebe/ der gantzen Welt geschenckt/ auff daß alle
Welt an jhn glaube/ vnd durch den Glauben zu solchem
Leben eyngehe. Jst nun das ewige Leben ein Leben der Liebe/
vnd bin ich zu diesem Leben von Gott dem Vatter geschaf-
fen/ vnd zu diesem Leben durch Christum erlöst/ wie auch
eben zu diesem Leben durch Gott den heyligen Geist gehey-
liget/ Warvmb solt ich dann nicht wandeln in der Liebe/ vnd-
meinen Nechsten nicht hertzlich lieben/ mit welchem ich bey
Gott daroben/ in ewiger Liebe vnd Liebesherrligkeit ewiglich
Ein Christ fol-
get seinem Hey-
landt Christo in
der Liebe.
Matth. 11.
1. Corinth. 13.
leben werde.

Er sihet das Exempel Christi an/ vnd lernet von jhm/
daß er möge sanfftmütig vnd von Hertzen demütig seyn. Er
ist langmütig vnd freundtlich/ Er eyffert nicht/ vnnd treibet
nicht Muhtwillen/ vnnd blehet sich nicht. Er stellet sich nicht
vngeberdig/ er suchet nicht das seine/ er lässet sich nicht erbit-
tern/ er trachtet nicht nach Schaden: Wo er sihet gifftige
Schlangen vnnd Krötenmäuler/ die heimlich auff jhre Ne-
hesten stechen/ vnd sie verleumbden/ das thut jm wehe/ vnnd
hasset von Hertzen/ was der vngeferbten Christlichen Liebe

zu wi-

Der erſte Theil deß Frewden Spiegels.
vnd preyſen/ ſo viel ich kan/ biß ich zu jm kom̃/ auß dem Reich
deß Glaubens/ in das Reich deß Schauwens/ dann ſolls
auß dem vollen Faſſz gehen/ daß ich jhn vollköm̃lich lobe.

Wie ein Chriſt in Betrachtung deß ewigen
Lebens ſeinen Nechſten liebe.

DArnach liebet er auch ſeinen Neheſten/ die-
weil er führet einen himmeliſchen Wandel/ vnnd
8. Johan. 3.weiß/ daß er iſt auß dem Tode in das Leben kom-
men. Er dencket/ Gott iſt die Liebe/ vnd das ewige Leben iſt
ein Leben der inbrünſtigen Liebe/ zu welchem Gott hat alle
Menſchen geſchaffen/ vnd hat ſeinen eingebornen Sohn/
auß groſſer Liebe/ der gantzen Welt geſchenckt/ auff daß alle
Welt an jhn glaube/ vnd durch den Glauben zu ſolchem
Leben eyngehe. Jſt nun das ewige Leben ein Leben der Liebe/
vnd bin ich zu dieſem Leben von Gott dem Vatter geſchaf-
fen/ vnd zu dieſem Leben durch Chriſtum erlöſt/ wie auch
eben zu dieſem Leben durch Gott den heyligen Geiſt gehey-
liget/ Warvmb ſolt ich dann nicht wandeln in der Liebe/ vnd-
meinen Nechſten nicht hertzlich lieben/ mit welchem ich bey
Gott daroben/ in ewiger Liebe vnd Liebesherrligkeit ewiglich
Ein Chriſt fol-
get ſeinem Hey-
landt Chriſto in
der Liebe.
Matth. 11.
1. Corinth. 13.
leben werde.

Er ſihet das Exempel Chriſti an/ vnd lernet von jhm/
daß er möge ſanfftmütig vnd von Hertzen demütig ſeyn. Er
iſt langmütig vnd freundtlich/ Er eyffert nicht/ vnnd treibet
nicht Muhtwillen/ vnnd blehet ſich nicht. Er ſtellet ſich nicht
vngeberdig/ er ſuchet nicht das ſeine/ er läſſet ſich nicht erbit-
tern/ er trachtet nicht nach Schaden: Wo er ſihet gifftige
Schlangen vnnd Krötenmäuler/ die heimlich auff jhre Ne-
heſten ſtechen/ vnd ſie verleumbden/ das thut jm wehe/ vnnd
haſſet von Hertzen/ was der vngeferbten Chriſtlichen Liebe

zu wi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0150" n="132"/><fw place="top" type="header">Der er&#x017F;te Theil deß Frewden Spiegels.</fw><lb/>
vnd prey&#x017F;en/ &#x017F;o viel ich kan/ biß ich zu jm kom&#x0303;/ auß dem Reich<lb/>
deß Glaubens/ in das Reich deß Schauwens/ dann &#x017F;olls<lb/>
auß dem vollen Fa&#x017F;&#x017F;z gehen/ daß ich jhn vollköm&#x0303;lich lobe.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Wie ein Chri&#x017F;t in Betrachtung deß ewigen<lb/>
Lebens &#x017F;einen Nech&#x017F;ten liebe.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Arnach liebet er auch &#x017F;einen Nehe&#x017F;ten/ die-<lb/>
weil er führet einen himmeli&#x017F;chen Wandel/ vnnd<lb/><note place="left">8. Johan. 3.</note>weiß/ daß er i&#x017F;t auß dem Tode in das Leben kom-<lb/>
men. Er dencket/ Gott i&#x017F;t die Liebe/ vnd das ewige Leben i&#x017F;t<lb/>
ein Leben der inbrün&#x017F;tigen Liebe/ zu welchem Gott hat alle<lb/>
Men&#x017F;chen ge&#x017F;chaffen/ vnd hat &#x017F;einen eingebornen Sohn/<lb/>
auß gro&#x017F;&#x017F;er Liebe/ der gantzen Welt ge&#x017F;chenckt/ auff daß alle<lb/>
Welt an jhn glaube/ vnd durch den Glauben zu &#x017F;olchem<lb/>
Leben eyngehe. J&#x017F;t nun das ewige Leben ein Leben der Liebe/<lb/>
vnd bin ich zu die&#x017F;em Leben von Gott dem Vatter ge&#x017F;chaf-<lb/>
fen/ vnd zu die&#x017F;em Leben durch Chri&#x017F;tum erlö&#x017F;t/ wie auch<lb/>
eben zu die&#x017F;em Leben durch Gott den heyligen Gei&#x017F;t gehey-<lb/>
liget/ Warvmb &#x017F;olt ich dann nicht wandeln in der Liebe/ vnd-<lb/>
meinen Nech&#x017F;ten nicht hertzlich lieben/ mit welchem ich bey<lb/>
Gott daroben/ in ewiger Liebe vnd Liebesherrligkeit ewiglich<lb/><note place="left">Ein Chri&#x017F;t fol-<lb/>
get &#x017F;einem Hey-<lb/>
landt Chri&#x017F;to in<lb/>
der Liebe.<lb/>
Matth. 11.<lb/>
1. Corinth. 13.</note>leben werde.</p><lb/>
            <p>Er &#x017F;ihet das Exempel Chri&#x017F;ti an/ vnd lernet von jhm/<lb/>
daß er möge &#x017F;anfftmütig vnd von Hertzen demütig &#x017F;eyn. Er<lb/>
i&#x017F;t langmütig vnd freundtlich/ Er eyffert nicht/ vnnd treibet<lb/>
nicht Muhtwillen/ vnnd blehet &#x017F;ich nicht. Er &#x017F;tellet &#x017F;ich nicht<lb/>
vngeberdig/ er &#x017F;uchet nicht das &#x017F;eine/ er lä&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich nicht erbit-<lb/>
tern/ er trachtet nicht nach Schaden: Wo er &#x017F;ihet gifftige<lb/>
Schlangen vnnd Krötenmäuler/ die heimlich auff jhre Ne-<lb/>
he&#x017F;ten &#x017F;techen/ vnd &#x017F;ie verleumbden/ das thut jm wehe/ vnnd<lb/>
ha&#x017F;&#x017F;et von Hertzen/ was der vngeferbten Chri&#x017F;tlichen Liebe<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu wi-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0150] Der erſte Theil deß Frewden Spiegels. vnd preyſen/ ſo viel ich kan/ biß ich zu jm kom̃/ auß dem Reich deß Glaubens/ in das Reich deß Schauwens/ dann ſolls auß dem vollen Faſſz gehen/ daß ich jhn vollköm̃lich lobe. Wie ein Chriſt in Betrachtung deß ewigen Lebens ſeinen Nechſten liebe. DArnach liebet er auch ſeinen Neheſten/ die- weil er führet einen himmeliſchen Wandel/ vnnd weiß/ daß er iſt auß dem Tode in das Leben kom- men. Er dencket/ Gott iſt die Liebe/ vnd das ewige Leben iſt ein Leben der inbrünſtigen Liebe/ zu welchem Gott hat alle Menſchen geſchaffen/ vnd hat ſeinen eingebornen Sohn/ auß groſſer Liebe/ der gantzen Welt geſchenckt/ auff daß alle Welt an jhn glaube/ vnd durch den Glauben zu ſolchem Leben eyngehe. Jſt nun das ewige Leben ein Leben der Liebe/ vnd bin ich zu dieſem Leben von Gott dem Vatter geſchaf- fen/ vnd zu dieſem Leben durch Chriſtum erlöſt/ wie auch eben zu dieſem Leben durch Gott den heyligen Geiſt gehey- liget/ Warvmb ſolt ich dann nicht wandeln in der Liebe/ vnd- meinen Nechſten nicht hertzlich lieben/ mit welchem ich bey Gott daroben/ in ewiger Liebe vnd Liebesherrligkeit ewiglich leben werde. 8. Johan. 3. Ein Chriſt fol- get ſeinem Hey- landt Chriſto in der Liebe. Matth. 11. 1. Corinth. 13. Er ſihet das Exempel Chriſti an/ vnd lernet von jhm/ daß er möge ſanfftmütig vnd von Hertzen demütig ſeyn. Er iſt langmütig vnd freundtlich/ Er eyffert nicht/ vnnd treibet nicht Muhtwillen/ vnnd blehet ſich nicht. Er ſtellet ſich nicht vngeberdig/ er ſuchet nicht das ſeine/ er läſſet ſich nicht erbit- tern/ er trachtet nicht nach Schaden: Wo er ſihet gifftige Schlangen vnnd Krötenmäuler/ die heimlich auff jhre Ne- heſten ſtechen/ vnd ſie verleumbden/ das thut jm wehe/ vnnd haſſet von Hertzen/ was der vngeferbten Chriſtlichen Liebe zu wi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/150
Zitationshilfe: Nicolai, Philipp: Frewden Spiegel deß ewigen Lebens. Frankfurt (Main), 1599, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_freuden_1599/150>, abgerufen am 22.12.2024.