Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Filamon.
sche Riesen/ die Gottlosigkeit/ durch den Tantalus
den verfluchten Geitz/ durch den Phaeton die un-
bedachtsame Verwegenheit/ durch den Narcis-
sus die thörichte Liebe gegen sich selbst/ und der-
gleichen spitzige Erfindungen/ zuverstehen geben/
von Grund meines Hertzens ergeben/ und zu ge-
than gewesen/ daß ich auch dieser Edelen Wissen-
schafft sebst von Jugend auf/ viel obgelegen:
Ja ich bin nicht in Abrede/ daß ich die jenige
Zeit/ so mir meine tägliche Beruffs-Geschäffte
abzubrechen vergönnen/ dieser unsterblichen
Kunst/ welche von den alten Wissenschafften/
und derselbigen Königinne/ gehalten worden/
wiedme.

Derowegen wil ich diesen Trunk so lieb und an-
genehm/ als wilkommen mir alle Poetische
Schrifften seyn/ empfangen. Worauf Filamon
mit Reden fortgefahren: Vielgeehrter und Edeler
Daphnis/ was mein urtheilen anlanget/ darff
ich wol sicherlich/ und zwar mit zwey oder drey
Worten/ diese göttergleiche Kunst mit dem Für-
sten und Wunderwerk aller Welt-Weisen/
dem Plato daß to olon als einen Begriff aller
andern Wissenschafften nennen. Warumb aber/
Edeler Filamon/ nennet er sie den Göttern gleich
fragte einander? Nicht unbillig antwortete der
neue Bräutigam Filamon in Betrachtung derer
Schrifften/ und Spitzfindigkeiten/ (Jch sage a-
ber/ nicht von allen/ so mit der Leimstange lauffen/
und welcher Erfindungen sich aufeinander schiken/
wie eine Faust auf ein Auge) welche weit über deß
gemeinen Mannes/ ja uber Menschen Gedan-
ken/ sich nach dem Gestirne schwingen/ und den
Nachkommen sich bekant machen. Ja traun ist

die-
o

Filamon.
ſche Rieſen/ die Gottloſigkeit/ durch den Tantalus
den verfluchten Geitz/ durch den Phaëton die un-
bedachtſame Verwegenheit/ durch den Narciſ-
ſus die thoͤrichte Liebe gegen ſich ſelbſt/ und der-
gleichen ſpitzige Erfindungen/ zuverſtehen geben/
von Grund meines Hertzens ergeben/ und zu ge-
than geweſen/ daß ich auch dieſer Edelen Wiſſen-
ſchafft ſebſt von Jugend auf/ viel obgelegen:
Ja ich bin nicht in Abrede/ daß ich die jenige
Zeit/ ſo mir meine taͤgliche Beruffs-Geſchaͤffte
abzubrechen vergoͤnnen/ dieſer unſterblichen
Kunſt/ welche von den alten Wiſſenſchafften/
und derſelbigen Koͤniginne/ gehalten worden/
wiedme.

Derowegen wil ich dieſen Trunk ſo lieb und an-
genehm/ als wilkommen mir alle Poetiſche
Schrifften ſeyn/ empfangen. Worauf Filamon
mit Reden fortgefahren: Vielgeehrter und Edeler
Daphnis/ was mein urtheilen anlanget/ darff
ich wol ſicherlich/ und zwar mit zwey oder drey
Worten/ dieſe goͤttergleiche Kunſt mit dem Fuͤr-
ſten und Wunderwerk aller Welt-Weiſen/
dem Plato daß τὸ ὅλον als einen Begriff aller
andern Wiſſenſchafften nennen. Warumb aber/
Edeler Filamon/ nennet er ſie den Goͤttern gleich
fragte einander? Nicht unbillig antwortete der
neue Braͤutigam Filamon in Betrachtung derer
Schrifften/ und Spitzfindigkeiten/ (Jch ſage a-
ber/ nicht von allen/ ſo mit der Leimſtange lauffen/
und welcher Erfindungen ſich aufeinander ſchiken/
wie eine Fauſt auf ein Auge) welche weit uͤber deß
gemeinen Mannes/ ja ůber Menſchen Gedan-
ken/ ſich nach dem Geſtirne ſchwingen/ und den
Nachkommen ſich bekant machen. Ja traun iſt

die-
o
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0391" n="313"/><fw place="top" type="header">Filamon.</fw><lb/>
&#x017F;che Rie&#x017F;en/ die Gottlo&#x017F;igkeit/ durch den <hi rendition="#aq">Tantalus</hi><lb/>
den verfluchten Geitz/ durch den <hi rendition="#aq">Phaëton</hi> die un-<lb/>
bedacht&#x017F;ame Verwegenheit/ durch den Narci&#x017F;-<lb/>
&#x017F;us die tho&#x0364;richte Liebe gegen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t/ und der-<lb/>
gleichen &#x017F;pitzige Erfindungen/ zuver&#x017F;tehen geben/<lb/>
von Grund meines Hertzens ergeben/ und zu ge-<lb/>
than gewe&#x017F;en/ daß ich auch die&#x017F;er Edelen Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chafft &#x017F;eb&#x017F;t von Jugend auf/ viel obgelegen:<lb/>
Ja ich bin nicht in Abrede/ daß ich die jenige<lb/>
Zeit/ &#x017F;o mir meine ta&#x0364;gliche Beruffs-Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte<lb/>
abzubrechen vergo&#x0364;nnen/ die&#x017F;er un&#x017F;terblichen<lb/>
Kun&#x017F;t/ welche von den alten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften/<lb/>
und der&#x017F;elbigen Ko&#x0364;niginne/ gehalten worden/<lb/>
wiedme.</p><lb/>
          <p>Derowegen wil ich die&#x017F;en Trunk &#x017F;o lieb und an-<lb/>
genehm/ als wilkommen mir alle Poeti&#x017F;che<lb/>
Schrifften &#x017F;eyn/ empfangen. Worauf Filamon<lb/>
mit Reden fortgefahren: Vielgeehrter und Edeler<lb/>
Daphnis/ was mein urtheilen anlanget/ darff<lb/>
ich wol &#x017F;icherlich/ und zwar mit zwey oder drey<lb/>
Worten/ die&#x017F;e go&#x0364;ttergleiche Kun&#x017F;t mit dem Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten und Wunderwerk aller Welt-Wei&#x017F;en/<lb/>
dem Plato daß &#x03C4;&#x1F78; &#x1F45;&#x03BB;&#x03BF;&#x03BD; als einen Begriff aller<lb/>
andern Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften nennen. Warumb aber/<lb/>
Edeler Filamon/ nennet er &#x017F;ie den Go&#x0364;ttern gleich<lb/>
fragte einander? Nicht unbillig antwortete der<lb/>
neue Bra&#x0364;utigam Filamon in Betrachtung derer<lb/>
Schrifften/ und Spitzfindigkeiten/ (Jch &#x017F;age a-<lb/>
ber/ nicht von allen/ &#x017F;o mit der Leim&#x017F;tange lauffen/<lb/>
und welcher Erfindungen &#x017F;ich aufeinander &#x017F;chiken/<lb/>
wie eine Fau&#x017F;t auf ein Auge) welche weit u&#x0364;ber deß<lb/>
gemeinen Mannes/ ja &#x016F;ber Men&#x017F;chen Gedan-<lb/>
ken/ &#x017F;ich nach dem Ge&#x017F;tirne &#x017F;chwingen/ und den<lb/>
Nachkommen &#x017F;ich bekant machen. Ja traun i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">o</fw><fw place="bottom" type="catch">die-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0391] Filamon. ſche Rieſen/ die Gottloſigkeit/ durch den Tantalus den verfluchten Geitz/ durch den Phaëton die un- bedachtſame Verwegenheit/ durch den Narciſ- ſus die thoͤrichte Liebe gegen ſich ſelbſt/ und der- gleichen ſpitzige Erfindungen/ zuverſtehen geben/ von Grund meines Hertzens ergeben/ und zu ge- than geweſen/ daß ich auch dieſer Edelen Wiſſen- ſchafft ſebſt von Jugend auf/ viel obgelegen: Ja ich bin nicht in Abrede/ daß ich die jenige Zeit/ ſo mir meine taͤgliche Beruffs-Geſchaͤffte abzubrechen vergoͤnnen/ dieſer unſterblichen Kunſt/ welche von den alten Wiſſenſchafften/ und derſelbigen Koͤniginne/ gehalten worden/ wiedme. Derowegen wil ich dieſen Trunk ſo lieb und an- genehm/ als wilkommen mir alle Poetiſche Schrifften ſeyn/ empfangen. Worauf Filamon mit Reden fortgefahren: Vielgeehrter und Edeler Daphnis/ was mein urtheilen anlanget/ darff ich wol ſicherlich/ und zwar mit zwey oder drey Worten/ dieſe goͤttergleiche Kunſt mit dem Fuͤr- ſten und Wunderwerk aller Welt-Weiſen/ dem Plato daß τὸ ὅλον als einen Begriff aller andern Wiſſenſchafften nennen. Warumb aber/ Edeler Filamon/ nennet er ſie den Goͤttern gleich fragte einander? Nicht unbillig antwortete der neue Braͤutigam Filamon in Betrachtung derer Schrifften/ und Spitzfindigkeiten/ (Jch ſage a- ber/ nicht von allen/ ſo mit der Leimſtange lauffen/ und welcher Erfindungen ſich aufeinander ſchiken/ wie eine Fauſt auf ein Auge) welche weit uͤber deß gemeinen Mannes/ ja ůber Menſchen Gedan- ken/ ſich nach dem Geſtirne ſchwingen/ und den Nachkommen ſich bekant machen. Ja traun iſt die- o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/391
Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/391>, abgerufen am 23.11.2024.