Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.Der Lieb-erfreute diesem also/ verfolgete Daphnis die Rede: Diealler vortrefflichsten Männer/ so sich vor viel hundert Jahren der Welt wol verdienet gemacht/ leben annoch bey uns. Durch welche Mittel aber? durch kein anders/ als durch die einige Fe- der der lobwürdigen Poeten; wer wolte von so manches Keysers/ Königes/ ja von so mancher Helden löblichen Thaten/ vor tausent Jahren ge- schehen/ wissen/ wo sie auf dem geflügelten Wagen der werthen Poeterey nicht Himmel auf- geführet weren/ und dannenher vor unsern Angen heutiges Tages schwebeten? Wer wolte des from- men Helden AEneas und der verliebten Dido geden- ken/ wo nicht Virgilius deren Geschichte beschrie- ben? Wer wolte von dem über kunstreichen Mei- ster Daedalus und seinen vorwitzigen Icarus wissen/ wo nicht Ovidius gelebet/ und solche Be- gebenheit der verwegenen Welt hinterlassen? Wem wolte des Römischen Keysers Augustus und Mecönatens Freygebigkeit und Gunstgewo- genheit gegen die freye Künste kundig sein/ wo nicht Horatius mit seinen lieblichen Versen sol- che aufgezeichnet/ und hochgerühmet? Wem wäre Theagenis und der züchtigen Nymfen Cha- riclices keusche und wunderbahre Liebes-begäng- nüß bekand/ wo solche der Poetische Historien- schreiber Heliodorus der Ewigkeit nicht einverlei- bet! Wer wuste von Printzens Mustdorus/ und deß Königlichen Fräuleins Pamela aufrichti- ger Treue/ wo Graff Siednei durch Anregung ei- nes Poetischen Geistes solche mit sonderbahrer Herrlichkeit nicht beschrieben? Und endlich an- derer unzehlichen zugeschweigen/ wer wurde die hoch-rühmliche That des Durchleuchtigen und Hoch-
Der Lieb-erfreute dieſem alſo/ verfolgete Daphnis die Rede: Diealler vortrefflichſten Maͤnner/ ſo ſich vor viel hundert Jahren der Welt wol verdienet gemacht/ leben annoch bey uns. Durch welche Mittel aber? durch kein anders/ als durch die einige Fe- der der lobwuͤrdigen Poeten; wer wolte von ſo manches Keyſers/ Koͤniges/ ja von ſo mancher Helden loͤblichen Thaten/ vor tauſent Jahren ge- ſchehen/ wiſſen/ wo ſie auf dem gefluͤgelten Wagen der werthen Poeterey nicht Himmel auf- gefuͤhret weren/ und dannenher vor unſern Angen heutiges Tages ſchwebeten? Wer wolte des from- men Helden Æneas und der verliebten Dido geden- ken/ wo nicht Virgilius deren Geſchichte beſchrie- ben? Wer wolte von dem uͤber kunſtreichen Mei- ſter Dædalus und ſeinen vorwitzigen Icarus wiſſen/ wo nicht Ovidius gelebet/ und ſolche Be- gebenheit der verwegenen Welt hinterlaſſen? Wem wolte des Roͤmiſchen Keyſers Auguſtus und Mecoͤnatens Freygebigkeit und Gunſtgewo- genheit gegen die freye Kuͤnſte kundig ſein/ wo nicht Horatius mit ſeinen lieblichen Verſen ſol- che aufgezeichnet/ und hochgeruͤhmet? Wem waͤre Theagenis und der zuͤchtigen Nymfen Cha- riclices keuſche und wunderbahre Liebes-begaͤng- nuͤß bekand/ wo ſolche der Poetiſche Hiſtorien- ſchreiber Heliodorus der Ewigkeit nicht einverlei- bet! Wer wuſte von Printzens Muſtdorus/ und deß Koͤniglichen Fraͤuleins Pamela aufrichti- ger Treue/ wo Graff Siednei durch Anregung ei- nes Poetiſchen Geiſtes ſolche mit ſonderbahrer Herrlichkeit nicht beſchrieben? Und endlich an- derer unzehlichen zugeſchweigen/ wer wurde die hoch-ruͤhmliche That des Durchleuchtigen und Hoch-
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Der Lieb-erfreute
dieſem alſo/ verfolgete Daphnis die Rede: Die
aller vortrefflichſten Maͤnner/ ſo ſich vor viel
hundert Jahren der Welt wol verdienet gemacht/
leben annoch bey uns. Durch welche Mittel
aber? durch kein anders/ als durch die einige Fe-
der der lobwuͤrdigen Poeten; wer wolte von ſo
manches Keyſers/ Koͤniges/ ja von ſo mancher
Helden loͤblichen Thaten/ vor tauſent Jahren ge-
ſchehen/ wiſſen/ wo ſie auf dem gefluͤgelten
Wagen der werthen Poeterey nicht Himmel auf-
gefuͤhret weren/ und dannenher vor unſern Angen
heutiges Tages ſchwebeten? Wer wolte des from-
men Helden Æneas und der verliebten Dido geden-
ken/ wo nicht Virgilius deren Geſchichte beſchrie-
ben? Wer wolte von dem uͤber kunſtreichen Mei-
ſter Dædalus und ſeinen vorwitzigen Icarus
wiſſen/ wo nicht Ovidius gelebet/ und ſolche Be-
gebenheit der verwegenen Welt hinterlaſſen?
Wem wolte des Roͤmiſchen Keyſers Auguſtus
und Mecoͤnatens Freygebigkeit und Gunſtgewo-
genheit gegen die freye Kuͤnſte kundig ſein/ wo
nicht Horatius mit ſeinen lieblichen Verſen ſol-
che aufgezeichnet/ und hochgeruͤhmet? Wem
waͤre Theagenis und der zuͤchtigen Nymfen Cha-
riclices keuſche und wunderbahre Liebes-begaͤng-
nuͤß bekand/ wo ſolche der Poetiſche Hiſtorien-
ſchreiber Heliodorus der Ewigkeit nicht einverlei-
bet! Wer wuſte von Printzens Muſtdorus/ und
deß Koͤniglichen Fraͤuleins Pamela aufrichti-
ger Treue/ wo Graff Siednei durch Anregung ei-
nes Poetiſchen Geiſtes ſolche mit ſonderbahrer
Herrlichkeit nicht beſchrieben? Und endlich an-
derer unzehlichen zugeſchweigen/ wer wurde die
hoch-ruͤhmliche That des Durchleuchtigen und
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