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Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666.

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Filamon.
Zwey Ding' in dieser Welt mit Glantz für andern prahlen/
Der Liebsten Angesicht/ und Phoebus güldne Strahlen[;]
Das schönste Sternen-Heer/ so bey der Sonnen steht/
Verleuret seinen Schein/ die Klarheit ihm vergeht;
So ist auch Belliflor; die andern müssen weichen/
Und wers auch Helena/ sie könte doch nicht gleichen
Der Göttlichen Gestalt: Ach möchte sie auch seyn
Barmhertzig und gelind'! - - - - -

Ja nichtes so sehr betraurete und mehr hertzlich
beklagete/ als das Steinen-harte und mehr als
eiserne Hertze seiner schönsten Belliflora/ als de-
ren halber er nun ofte und vielmals mit seinen
Liebes-Schäffelein nachgejaget/ und (leider ach
leider! sagt er/ O der Pein eines sehr verliebten
Hertzens!) nicht erörtern noch ersehen können:
Sintemal er aus seiner Belliflora Schrifften/
wieder ihn nicht tragende Gegen Liebe/ als welche
gleichsam eine eiserne Maure umb dero Holdselig-
keit/ für des kleinen Gottes spitzigen Pfeilen auf-
geführet/ gnugsam und mehr als zu viel verneh-
men und erlernen müssen/ wie solches alles seine
innerliche Zuneigungen häuffig zu erkennen ge-
ben/ wie dannenhero auch/ als er ohngefehr eine
dicke und mit schöner glatten Rinden bewach-
sene Eiche im treiben ersehen/ Er mit einem Mes-
serlein/ so er ihm vielleicht hierzu sonderlich auf
seinem Stabe mag mit genommen haben/ folgen-
de Traur-Worte hatt eingegraben:

Filamon der muß verderben
Jn der grossen Liebes-Pein.
Weil er niemahl kan erwerben
Bellifloren Mündelein.
Sinn und Hertz muß ihm verschwinden/
Wo er nicht wird Hülff' empfinden.

Nach eingeschnittenen diesen Worten/ ist er
endlich mit seinen Schaffen/ welche allgemählich

vor
m vij
Filamon.
Zwey Ding’ in dieſer Welt mit Glantz fuͤr andern prahlen/
Der Liebſten Angeſicht/ und Phœbus guͤldne Strahlen[;]
Das ſchoͤnſte Sternen-Heer/ ſo bey der Sonnen ſteht/
Verleuret ſeinen Schein/ die Klarheit ihm vergeht;
So iſt auch Belliflor; die andern muͤſſen weichen/
Und wers auch Helena/ ſie koͤnte doch nicht gleichen
Der Goͤttlichen Geſtalt: Ach moͤchte ſie auch ſeyn
Barmhertzig und gelind’! ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Ja nichtes ſo ſehr betraurete und mehr hertzlich
beklagete/ als das Steinen-harte und mehr als
eiſerne Hertze ſeiner ſchoͤnſten Belliflora/ als de-
ren halber er nun ofte und vielmals mit ſeinen
Liebes-Schaͤffelein nachgejaget/ und (leider ach
leider! ſagt er/ O der Pein eines ſehr verliebten
Hertzens!) nicht eroͤrtern noch erſehen koͤnnen:
Sintemal er aus ſeiner Belliflora Schrifften/
wieder ihn nicht tragende Gegen Liebe/ als welche
gleichſam eine eiſerne Maure umb dero Holdſelig-
keit/ fuͤr des kleinen Gottes ſpitzigen Pfeilen auf-
gefuͤhret/ gnugſam und mehr als zu viel verneh-
men und erlernen muͤſſen/ wie ſolches alles ſeine
innerliche Zuneigungen haͤuffig zu erkennen ge-
ben/ wie dannenhero auch/ als er ohngefehr eine
dicke und mit ſchoͤner glatten Rinden bewach-
ſene Eiche im treiben erſehen/ Er mit einem Meſ-
ſerlein/ ſo er ihm vielleicht hierzu ſonderlich auf
ſeinem Stabe mag mit genommen haben/ folgen-
de Traur-Worte hatt eingegraben:

Filamon der muß verderben
Jn der groſſen Liebes-Pein.
Weil er niemahl kan erwerben
Bellifloren Muͤndelein.
Sinn und Hertz muß ihm verſchwinden/
Wo er nicht wird Huͤlff’ empfinden.

Nach eingeſchnittenen dieſen Worten/ iſt er
endlich mit ſeinen Schaffen/ welche allgemaͤhlich

vor
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[277/0353] Filamon. Zwey Ding’ in dieſer Welt mit Glantz fuͤr andern prahlen/ Der Liebſten Angeſicht/ und Phœbus guͤldne Strahlen; Das ſchoͤnſte Sternen-Heer/ ſo bey der Sonnen ſteht/ Verleuret ſeinen Schein/ die Klarheit ihm vergeht; So iſt auch Belliflor; die andern muͤſſen weichen/ Und wers auch Helena/ ſie koͤnte doch nicht gleichen Der Goͤttlichen Geſtalt: Ach moͤchte ſie auch ſeyn Barmhertzig und gelind’! ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ Ja nichtes ſo ſehr betraurete und mehr hertzlich beklagete/ als das Steinen-harte und mehr als eiſerne Hertze ſeiner ſchoͤnſten Belliflora/ als de- ren halber er nun ofte und vielmals mit ſeinen Liebes-Schaͤffelein nachgejaget/ und (leider ach leider! ſagt er/ O der Pein eines ſehr verliebten Hertzens!) nicht eroͤrtern noch erſehen koͤnnen: Sintemal er aus ſeiner Belliflora Schrifften/ wieder ihn nicht tragende Gegen Liebe/ als welche gleichſam eine eiſerne Maure umb dero Holdſelig- keit/ fuͤr des kleinen Gottes ſpitzigen Pfeilen auf- gefuͤhret/ gnugſam und mehr als zu viel verneh- men und erlernen muͤſſen/ wie ſolches alles ſeine innerliche Zuneigungen haͤuffig zu erkennen ge- ben/ wie dannenhero auch/ als er ohngefehr eine dicke und mit ſchoͤner glatten Rinden bewach- ſene Eiche im treiben erſehen/ Er mit einem Meſ- ſerlein/ ſo er ihm vielleicht hierzu ſonderlich auf ſeinem Stabe mag mit genommen haben/ folgen- de Traur-Worte hatt eingegraben: Filamon der muß verderben Jn der groſſen Liebes-Pein. Weil er niemahl kan erwerben Bellifloren Muͤndelein. Sinn und Hertz muß ihm verſchwinden/ Wo er nicht wird Huͤlff’ empfinden. Nach eingeſchnittenen dieſen Worten/ iſt er endlich mit ſeinen Schaffen/ welche allgemaͤhlich vor m vij

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Zitationshilfe: Neumark, Georg: Poetisch-Historischer Lustgarten. Frankfurt (Main), 1666, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neumark_lustgarten_1666/353>, abgerufen am 27.11.2024.