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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

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Kutscher und Nobel-Garden, die mir sämmtlich
nicht so aussahen, als ob sie in diese Kleider ge-
hörten, sich nach Belieben und ohne Aufsicht in
der Stadt zerstreut; -- Man möchte denn das
Aufsicht nennen wollen, daß ein Unterofficier von
der Garnison, Namens Reischard, ein geborner
Sachse, sich, wie von ungefähr, zu ihnen gesellte
und sie, wie man wissen wollte, auch auf den
Wällen herumgeführt hatte. Dieser Mensch war
übrigens in den letzten Zeiten vielfältig bei den
Arbeiten an den Verschanzungen und beim Pali-
saden-Setzen als Aufseher gebraucht worden. Er
konnte also über die Lage und Beschaffenheit der
Werke wohl einige Auskunft geben.

Endlich, nach langem peinlichen Harren,
ward von dem Commandanten aus dem Fenster
gerufen, des Parlementairs Wagen vorfahren zu
lassen. Beide Herren traten, Hand in Hand,
aus dem Zimmer hervor; verweilten aber noch
einige Zeit in der Hausthüre, weil noch Etwas
an dem Wagen in Ordnung zu bringen war.
Unter uns Umstehenden gab es auch einen An-
spachischen Officier, ausser Diensten, der so ziem-
lich das Aussehen eines Abentheurers hatte, sich
seit einiger Zeit in der Stadt umtrieb und auch
jetzt sich, man wußte nicht wie? und warum?
hier eingedrängt hatte. Dieser nun trat, mit
einer gewissen Zuversichtlichkeit, auf den franzö-
sischen Unterhändler zu; begrüßte ihn; Beide er-
griffen einander bei der Hand, und drängten sich

Kutſcher und Nobel-Garden, die mir ſaͤmmtlich
nicht ſo ausſahen, als ob ſie in dieſe Kleider ge-
hoͤrten, ſich nach Belieben und ohne Aufſicht in
der Stadt zerſtreut; — Man moͤchte denn das
Aufſicht nennen wollen, daß ein Unterofficier von
der Garniſon, Namens Reiſchard, ein geborner
Sachſe, ſich, wie von ungefaͤhr, zu ihnen geſellte
und ſie, wie man wiſſen wollte, auch auf den
Waͤllen herumgefuͤhrt hatte. Dieſer Menſch war
uͤbrigens in den letzten Zeiten vielfaͤltig bei den
Arbeiten an den Verſchanzungen und beim Pali-
ſaden-Setzen als Aufſeher gebraucht worden. Er
konnte alſo uͤber die Lage und Beſchaffenheit der
Werke wohl einige Auskunft geben.

Endlich, nach langem peinlichen Harren,
ward von dem Commandanten aus dem Fenſter
gerufen, des Parlementairs Wagen vorfahren zu
laſſen. Beide Herren traten, Hand in Hand,
aus dem Zimmer hervor; verweilten aber noch
einige Zeit in der Hausthuͤre, weil noch Etwas
an dem Wagen in Ordnung zu bringen war.
Unter uns Umſtehenden gab es auch einen An-
ſpachiſchen Officier, auſſer Dienſten, der ſo ziem-
lich das Ausſehen eines Abentheurers hatte, ſich
ſeit einiger Zeit in der Stadt umtrieb und auch
jetzt ſich, man wußte nicht wie? und warum?
hier eingedraͤngt hatte. Dieſer nun trat, mit
einer gewiſſen Zuverſichtlichkeit, auf den franzoͤ-
ſiſchen Unterhaͤndler zu; begruͤßte ihn; Beide er-
griffen einander bei der Hand, und draͤngten ſich

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[72/0088] Kutſcher und Nobel-Garden, die mir ſaͤmmtlich nicht ſo ausſahen, als ob ſie in dieſe Kleider ge- hoͤrten, ſich nach Belieben und ohne Aufſicht in der Stadt zerſtreut; — Man moͤchte denn das Aufſicht nennen wollen, daß ein Unterofficier von der Garniſon, Namens Reiſchard, ein geborner Sachſe, ſich, wie von ungefaͤhr, zu ihnen geſellte und ſie, wie man wiſſen wollte, auch auf den Waͤllen herumgefuͤhrt hatte. Dieſer Menſch war uͤbrigens in den letzten Zeiten vielfaͤltig bei den Arbeiten an den Verſchanzungen und beim Pali- ſaden-Setzen als Aufſeher gebraucht worden. Er konnte alſo uͤber die Lage und Beſchaffenheit der Werke wohl einige Auskunft geben. Endlich, nach langem peinlichen Harren, ward von dem Commandanten aus dem Fenſter gerufen, des Parlementairs Wagen vorfahren zu laſſen. Beide Herren traten, Hand in Hand, aus dem Zimmer hervor; verweilten aber noch einige Zeit in der Hausthuͤre, weil noch Etwas an dem Wagen in Ordnung zu bringen war. Unter uns Umſtehenden gab es auch einen An- ſpachiſchen Officier, auſſer Dienſten, der ſo ziem- lich das Ausſehen eines Abentheurers hatte, ſich ſeit einiger Zeit in der Stadt umtrieb und auch jetzt ſich, man wußte nicht wie? und warum? hier eingedraͤngt hatte. Dieſer nun trat, mit einer gewiſſen Zuverſichtlichkeit, auf den franzoͤ- ſiſchen Unterhaͤndler zu; begruͤßte ihn; Beide er- griffen einander bei der Hand, und draͤngten ſich

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/88>, abgerufen am 06.05.2024.