mich anblickend, fragte der König: "Nicht wahr? Der alte Nettelbeck aus Colberg?" -- und dann, während wir unsre Verbeugung machten, zu mei- nem Gefährten gekehrt: "Die Colberger sind mir willkommen."
Wir hatten im voraus verabredet, uns, wenn es dahin käme, in unsern Vortrag zu theilen, damit wir nicht Beide durch einander sprächen. Jch hub demnach an: "Ew. Majestät geruhen gnädigst, uns zu erlauben, daß wir, im Namen unsrer Mitbürger, Jhnen fußfällig unsern Dank bringen für die große Gnade und Wohlthaten, die Sie unsrer guten Vaterstadt haben angedei- hen lassen. Wir haben dafür kein anderes Opfer, als die abermalige Versicherung unsrer unerschüt- terlichen Treue; nicht allein für uns, sondern auch für unsre spätesten Nachkommen, denen wir mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Stets soll es ihnen in Herz und Seele geschrieben blei- ben: Liebt Gott und euern König, und seyd ge- treu dem Vaterlande!"
Hierauf wandte sich der König, halb gegen uns und halb gegen die hinter ihm stehende glän- zende Versammlung, und sprach in lebendiger Bewegung die Worte: "Colberg hat sich bereits im siebenjährigen Kriege treu gehalten und da- durch die Liebe meines Großoheims erworben. Auch jetzt hat es das Seinige gethan; und wenn ein Jeder so seine Pflicht erfüllt hätte, so wäre es nicht so unglücklich ergangen."
mich anblickend, fragte der Koͤnig: „Nicht wahr? Der alte Nettelbeck aus Colberg?‟ — und dann, waͤhrend wir unſre Verbeugung machten, zu mei- nem Gefaͤhrten gekehrt: „Die Colberger ſind mir willkommen.‟
Wir hatten im voraus verabredet, uns, wenn es dahin kaͤme, in unſern Vortrag zu theilen, damit wir nicht Beide durch einander ſpraͤchen. Jch hub demnach an: „Ew. Majeſtaͤt geruhen gnaͤdigſt, uns zu erlauben, daß wir, im Namen unſrer Mitbuͤrger, Jhnen fußfaͤllig unſern Dank bringen fuͤr die große Gnade und Wohlthaten, die Sie unſrer guten Vaterſtadt haben angedei- hen laſſen. Wir haben dafuͤr kein anderes Opfer, als die abermalige Verſicherung unſrer unerſchuͤt- terlichen Treue; nicht allein fuͤr uns, ſondern auch fuͤr unſre ſpaͤteſten Nachkommen, denen wir mit gutem Beiſpiel vorangegangen ſind. Stets ſoll es ihnen in Herz und Seele geſchrieben blei- ben: Liebt Gott und euern Koͤnig, und ſeyd ge- treu dem Vaterlande!‟
Hierauf wandte ſich der Koͤnig, halb gegen uns und halb gegen die hinter ihm ſtehende glaͤn- zende Verſammlung, und ſprach in lebendiger Bewegung die Worte: „Colberg hat ſich bereits im ſiebenjaͤhrigen Kriege treu gehalten und da- durch die Liebe meines Großoheims erworben. Auch jetzt hat es das Seinige gethan; und wenn ein Jeder ſo ſeine Pflicht erfuͤllt haͤtte, ſo waͤre es nicht ſo ungluͤcklich ergangen.‟
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mich anblickend, fragte der Koͤnig: „Nicht wahr?
Der alte Nettelbeck aus Colberg?‟ — und dann,
waͤhrend wir unſre Verbeugung machten, zu mei-
nem Gefaͤhrten gekehrt: „Die Colberger ſind mir
willkommen.‟
Wir hatten im voraus verabredet, uns, wenn
es dahin kaͤme, in unſern Vortrag zu theilen,
damit wir nicht Beide durch einander ſpraͤchen.
Jch hub demnach an: „Ew. Majeſtaͤt geruhen
gnaͤdigſt, uns zu erlauben, daß wir, im Namen
unſrer Mitbuͤrger, Jhnen fußfaͤllig unſern Dank
bringen fuͤr die große Gnade und Wohlthaten,
die Sie unſrer guten Vaterſtadt haben angedei-
hen laſſen. Wir haben dafuͤr kein anderes Opfer,
als die abermalige Verſicherung unſrer unerſchuͤt-
terlichen Treue; nicht allein fuͤr uns, ſondern
auch fuͤr unſre ſpaͤteſten Nachkommen, denen wir
mit gutem Beiſpiel vorangegangen ſind. Stets
ſoll es ihnen in Herz und Seele geſchrieben blei-
ben: Liebt Gott und euern Koͤnig, und ſeyd ge-
treu dem Vaterlande!‟
Hierauf wandte ſich der Koͤnig, halb gegen
uns und halb gegen die hinter ihm ſtehende glaͤn-
zende Verſammlung, und ſprach in lebendiger
Bewegung die Worte: „Colberg hat ſich bereits
im ſiebenjaͤhrigen Kriege treu gehalten und da-
durch die Liebe meines Großoheims erworben.
Auch jetzt hat es das Seinige gethan; und wenn
ein Jeder ſo ſeine Pflicht erfuͤllt haͤtte, ſo waͤre
es nicht ſo ungluͤcklich ergangen.‟
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/219>, abgerufen am 22.07.2024.
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