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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823.

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und meinen Freund an der Hand und stieg in
unsrer Mitte die Treppe hinauf. Nicht ohne selt-
same Verwunderung fragte ich ihn: "Wie kömmt
mir das Glück, daß Sie mich bei Namen ken-
nen?" -- "Und darüber wundern Sie sich?"
war die Antwort -- "Bin ich nicht in Colberg
bei Jhnen in Jhrem Hause gewesen?" -- Es
war der General v. Borstell.

Jndem wir oben kamen, fanden wir zwei
schwarz gekleidete Männer, Deputirte von der
Kaufmannschaft einer benachbarten Stadt, vor
der offenen Flügelthüre, die zu des Königs Au-
dienz-Zimmer führte. Der General wies sie vor
uns hinein, und wir folgten dann nach. Das
ganze große Zimmer war erfüllt von Generalen,
Damen und andern Standespersonen, worunter
mir die Prinzessinn Elisabeth, die von Stettin
gekommen war, der General v. Blücher und Andre
bemerkbar wurden. Alles blitzte von Ordenszei-
chen jeder Art und Gattung; und es gab eine
feierliche Stille, bis der König hereintrat, sammt
seiner königlichen Gemahlinn, und die Anwesen-
den ihnen nach der Reihe vorgestellt wurden.

Vor uns traten die genannten beiden De-
putirten vor, die etwas beklommen schienen und
überaus leise sprachen; so daß uns davon, so
wie von des Königs Antwort, wenig oder nichts
hörbar wurde, und was auch hier zur Sache nicht
gehört. Als sie sich darauf zurückgezogen hatten
wandten beide hohe Personen sich zu uns; un[d]

und meinen Freund an der Hand und ſtieg in
unſrer Mitte die Treppe hinauf. Nicht ohne ſelt-
ſame Verwunderung fragte ich ihn: „Wie koͤmmt
mir das Gluͤck, daß Sie mich bei Namen ken-
nen?‟ — „Und daruͤber wundern Sie ſich?‟
war die Antwort — „Bin ich nicht in Colberg
bei Jhnen in Jhrem Hauſe geweſen?‟ — Es
war der General v. Borſtell.

Jndem wir oben kamen, fanden wir zwei
ſchwarz gekleidete Maͤnner, Deputirte von der
Kaufmannſchaft einer benachbarten Stadt, vor
der offenen Fluͤgelthuͤre, die zu des Koͤnigs Au-
dienz-Zimmer fuͤhrte. Der General wies ſie vor
uns hinein, und wir folgten dann nach. Das
ganze große Zimmer war erfuͤllt von Generalen,
Damen und andern Standesperſonen, worunter
mir die Prinzeſſinn Eliſabeth, die von Stettin
gekommen war, der General v. Bluͤcher und Andre
bemerkbar wurden. Alles blitzte von Ordenszei-
chen jeder Art und Gattung; und es gab eine
feierliche Stille, bis der Koͤnig hereintrat, ſammt
ſeiner koͤniglichen Gemahlinn, und die Anweſen-
den ihnen nach der Reihe vorgeſtellt wurden.

Vor uns traten die genannten beiden De-
putirten vor, die etwas beklommen ſchienen und
uͤberaus leiſe ſprachen; ſo daß uns davon, ſo
wie von des Koͤnigs Antwort, wenig oder nichts
hoͤrbar wurde, und was auch hier zur Sache nicht
gehoͤrt. Als ſie ſich darauf zuruͤckgezogen hatten
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[202/0218] und meinen Freund an der Hand und ſtieg in unſrer Mitte die Treppe hinauf. Nicht ohne ſelt- ſame Verwunderung fragte ich ihn: „Wie koͤmmt mir das Gluͤck, daß Sie mich bei Namen ken- nen?‟ — „Und daruͤber wundern Sie ſich?‟ war die Antwort — „Bin ich nicht in Colberg bei Jhnen in Jhrem Hauſe geweſen?‟ — Es war der General v. Borſtell. Jndem wir oben kamen, fanden wir zwei ſchwarz gekleidete Maͤnner, Deputirte von der Kaufmannſchaft einer benachbarten Stadt, vor der offenen Fluͤgelthuͤre, die zu des Koͤnigs Au- dienz-Zimmer fuͤhrte. Der General wies ſie vor uns hinein, und wir folgten dann nach. Das ganze große Zimmer war erfuͤllt von Generalen, Damen und andern Standesperſonen, worunter mir die Prinzeſſinn Eliſabeth, die von Stettin gekommen war, der General v. Bluͤcher und Andre bemerkbar wurden. Alles blitzte von Ordenszei- chen jeder Art und Gattung; und es gab eine feierliche Stille, bis der Koͤnig hereintrat, ſammt ſeiner koͤniglichen Gemahlinn, und die Anweſen- den ihnen nach der Reihe vorgeſtellt wurden. Vor uns traten die genannten beiden De- putirten vor, die etwas beklommen ſchienen und uͤberaus leiſe ſprachen; ſo daß uns davon, ſo wie von des Koͤnigs Antwort, wenig oder nichts hoͤrbar wurde, und was auch hier zur Sache nicht gehoͤrt. Als ſie ſich darauf zuruͤckgezogen hatten wandten beide hohe Perſonen ſich zu uns; und

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Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/218>, abgerufen am 30.04.2024.