und da hier Alles voll von brennbaren Materia- lien lag, mußte man es geschehen lassen, daß das Gebäude bis in den Grund niederbrannte. Glücklicher war man jedoch bei Rettung eines Königl. Korn-Magazins, wo das Feuer noch er- stickt wurde; obwohl auf dem Dachboden, wo die Bombe aufschlug, eine große Menge von Bastmatten aufgeschichtet lag: aber die Entschlos- senheit und Thätigkeit der Magazin-Bedienten wußte diesen gefährlichen Brennstoff schnell hin- wegzuräumen.
Solchergestalt von Schrecken umgeben, und auf noch Schrecklicheres gefaßt, sahen wir der nächsten Nacht entgegen. Das feindliche Geschütz vereinigte sich zu neuen, noch höheren Anstren- gungen; und die zerstörenden Wirkungen dessel- ben, im anhaltenden Geprassel einstürzender Häu- ser, fallender Ziegel und klirrender Fensterscheiben, betäubten das Ohr dergestalt, daß auch der Don- ner des Feuerns nicht selten dabei überhört wurde. Alle jammervolle Scenen der vorigen Nacht er- neuerten sich in noch weiterem Umfange. Aber auch mitten in der ringsum drohenden Gefahr erzeugte sich allmählig eine Gleichgültigkeit bei Vielen, die nichts mehr zu Herzen nahm. War auch nicht der Muth, so war doch die Natur er- schöpft; Anstrengung, Schlaflosigkeit, immerwäh- rende Anspannung des Gemüths und Sorge für Weib und Kind und Eigenthum fielen auf die Meisten mit einem solchen Gewichte, daß sie selbst
und da hier Alles voll von brennbaren Materia- lien lag, mußte man es geſchehen laſſen, daß das Gebaͤude bis in den Grund niederbrannte. Gluͤcklicher war man jedoch bei Rettung eines Koͤnigl. Korn-Magazins, wo das Feuer noch er- ſtickt wurde; obwohl auf dem Dachboden, wo die Bombe aufſchlug, eine große Menge von Baſtmatten aufgeſchichtet lag: aber die Entſchloſ- ſenheit und Thaͤtigkeit der Magazin-Bedienten wußte dieſen gefaͤhrlichen Brennſtoff ſchnell hin- wegzuraͤumen.
Solchergeſtalt von Schrecken umgeben, und auf noch Schrecklicheres gefaßt, ſahen wir der naͤchſten Nacht entgegen. Das feindliche Geſchuͤtz vereinigte ſich zu neuen, noch hoͤheren Anſtren- gungen; und die zerſtoͤrenden Wirkungen deſſel- ben, im anhaltenden Gepraſſel einſtuͤrzender Haͤu- ſer, fallender Ziegel und klirrender Fenſterſcheiben, betaͤubten das Ohr dergeſtalt, daß auch der Don- ner des Feuerns nicht ſelten dabei uͤberhoͤrt wurde. Alle jammervolle Scenen der vorigen Nacht er- neuerten ſich in noch weiterem Umfange. Aber auch mitten in der ringsum drohenden Gefahr erzeugte ſich allmaͤhlig eine Gleichguͤltigkeit bei Vielen, die nichts mehr zu Herzen nahm. War auch nicht der Muth, ſo war doch die Natur er- ſchoͤpft; Anſtrengung, Schlafloſigkeit, immerwaͤh- rende Anſpannung des Gemuͤths und Sorge fuͤr Weib und Kind und Eigenthum fielen auf die Meiſten mit einem ſolchen Gewichte, daß ſie ſelbſt
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0167"n="151"/>
und da hier Alles voll von brennbaren Materia-<lb/>
lien lag, mußte man es geſchehen laſſen, daß<lb/>
das Gebaͤude bis in den Grund niederbrannte.<lb/>
Gluͤcklicher war man jedoch bei Rettung eines<lb/>
Koͤnigl. Korn-Magazins, wo das Feuer noch er-<lb/>ſtickt wurde; obwohl auf dem Dachboden, wo<lb/>
die Bombe aufſchlug, eine große Menge von<lb/>
Baſtmatten aufgeſchichtet lag: aber die Entſchloſ-<lb/>ſenheit und Thaͤtigkeit der Magazin-Bedienten<lb/>
wußte dieſen gefaͤhrlichen Brennſtoff ſchnell hin-<lb/>
wegzuraͤumen.</p><lb/><p>Solchergeſtalt von Schrecken umgeben, und<lb/>
auf noch Schrecklicheres gefaßt, ſahen wir der<lb/>
naͤchſten Nacht entgegen. Das feindliche Geſchuͤtz<lb/>
vereinigte ſich zu neuen, noch hoͤheren Anſtren-<lb/>
gungen; und die zerſtoͤrenden Wirkungen deſſel-<lb/>
ben, im anhaltenden Gepraſſel einſtuͤrzender Haͤu-<lb/>ſer, fallender Ziegel und klirrender Fenſterſcheiben,<lb/>
betaͤubten das Ohr dergeſtalt, daß auch der Don-<lb/>
ner des Feuerns nicht ſelten dabei uͤberhoͤrt wurde.<lb/>
Alle jammervolle Scenen der vorigen Nacht er-<lb/>
neuerten ſich in noch weiterem Umfange. Aber<lb/>
auch mitten in der ringsum drohenden Gefahr<lb/>
erzeugte ſich allmaͤhlig eine Gleichguͤltigkeit bei<lb/>
Vielen, die nichts mehr zu Herzen nahm. War<lb/>
auch nicht der Muth, ſo war doch die Natur er-<lb/>ſchoͤpft; Anſtrengung, Schlafloſigkeit, immerwaͤh-<lb/>
rende Anſpannung des Gemuͤths und Sorge fuͤr<lb/>
Weib und Kind und Eigenthum fielen auf die<lb/>
Meiſten mit einem ſolchen Gewichte, daß ſie ſelbſt<lb/></p></div></body></text></TEI>
[151/0167]
und da hier Alles voll von brennbaren Materia-
lien lag, mußte man es geſchehen laſſen, daß
das Gebaͤude bis in den Grund niederbrannte.
Gluͤcklicher war man jedoch bei Rettung eines
Koͤnigl. Korn-Magazins, wo das Feuer noch er-
ſtickt wurde; obwohl auf dem Dachboden, wo
die Bombe aufſchlug, eine große Menge von
Baſtmatten aufgeſchichtet lag: aber die Entſchloſ-
ſenheit und Thaͤtigkeit der Magazin-Bedienten
wußte dieſen gefaͤhrlichen Brennſtoff ſchnell hin-
wegzuraͤumen.
Solchergeſtalt von Schrecken umgeben, und
auf noch Schrecklicheres gefaßt, ſahen wir der
naͤchſten Nacht entgegen. Das feindliche Geſchuͤtz
vereinigte ſich zu neuen, noch hoͤheren Anſtren-
gungen; und die zerſtoͤrenden Wirkungen deſſel-
ben, im anhaltenden Gepraſſel einſtuͤrzender Haͤu-
ſer, fallender Ziegel und klirrender Fenſterſcheiben,
betaͤubten das Ohr dergeſtalt, daß auch der Don-
ner des Feuerns nicht ſelten dabei uͤberhoͤrt wurde.
Alle jammervolle Scenen der vorigen Nacht er-
neuerten ſich in noch weiterem Umfange. Aber
auch mitten in der ringsum drohenden Gefahr
erzeugte ſich allmaͤhlig eine Gleichguͤltigkeit bei
Vielen, die nichts mehr zu Herzen nahm. War
auch nicht der Muth, ſo war doch die Natur er-
ſchoͤpft; Anſtrengung, Schlafloſigkeit, immerwaͤh-
rende Anſpannung des Gemuͤths und Sorge fuͤr
Weib und Kind und Eigenthum fielen auf die
Meiſten mit einem ſolchen Gewichte, daß ſie ſelbſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 3. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1823, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung03_1823/167>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.