werk von einander geschieden, den Tag über zubringen, ist schon oben das Nöthige beige- bracht worden. Vor jener Plankenwand stehen zwei Kanonen, deren Mündung gegen das Behältniß der Männer gerichtet ist; und gleich anfänglich werden dieselben in ihrem Beiseyn mit Kugeln und Kartätschen geladen, nachdem man ihnen die mörderische Wirkung derselben durch Abfeuern gegen einige nahe und entfernte Gegenstände be- greiflich gemacht hat, und sie bedroht worden sind, daß Jhrer bei der mindesten unruhigen Bewegung das nemliche Schicksal warte. Heimlich aber werden nachher die Kugeln und Kartätschen wieder herausgezogen und, statt deren, die Stücke mit Grütze geladen, damit es, selbst im Fall einer Extremität, doch nicht gleich das Leben gelte. Denn -- die Kerle haben ja Geld gekostet!
Die Weiber und die Unmündigen, deren Schwäche sie weniger furchtbar macht, haben bei Tage ihren Aufenthalt hinter der Wand auf dem halben Deck und können ihre männ- lichen Unglücksgenossen zwar nicht sehen, aber doch hören. Allen ohne Ausnahme wird des Morgens, etwa um 10 Uhr, das Essen gereicht, indem je Zehn einen hölzernen Ei- mer, der ebensoviel Quart fassen mag, voll Gerstgraupen empfangen. Die Stelle, wohin jede solche Tischgesellschaft sich setzen muß,
werk von einander geſchieden, den Tag uͤber zubringen, iſt ſchon oben das Noͤthige beige- bracht worden. Vor jener Plankenwand ſtehen zwei Kanonen, deren Muͤndung gegen das Behaͤltniß der Maͤnner gerichtet iſt; und gleich anfaͤnglich werden dieſelben in ihrem Beiſeyn mit Kugeln und Kartaͤtſchen geladen, nachdem man ihnen die moͤrderiſche Wirkung derſelben durch Abfeuern gegen einige nahe und entfernte Gegenſtaͤnde be- greiflich gemacht hat, und ſie bedroht worden ſind, daß Jhrer bei der mindeſten unruhigen Bewegung das nemliche Schickſal warte. Heimlich aber werden nachher die Kugeln und Kartaͤtſchen wieder herausgezogen und, ſtatt deren, die Stuͤcke mit Gruͤtze geladen, damit es, ſelbſt im Fall einer Extremitaͤt, doch nicht gleich das Leben gelte. Denn — die Kerle haben ja Geld gekoſtet!
Die Weiber und die Unmuͤndigen, deren Schwaͤche ſie weniger furchtbar macht, haben bei Tage ihren Aufenthalt hinter der Wand auf dem halben Deck und koͤnnen ihre maͤnn- lichen Ungluͤcksgenoſſen zwar nicht ſehen, aber doch hoͤren. Allen ohne Ausnahme wird des Morgens, etwa um 10 Uhr, das Eſſen gereicht, indem je Zehn einen hoͤlzernen Ei- mer, der ebenſoviel Quart faſſen mag, voll Gerſtgraupen empfangen. Die Stelle, wohin jede ſolche Tiſchgeſellſchaft ſich ſetzen muß,
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[83/0087]
werk von einander geſchieden, den Tag uͤber
zubringen, iſt ſchon oben das Noͤthige beige-
bracht worden. Vor jener Plankenwand
ſtehen zwei Kanonen, deren Muͤndung gegen
das Behaͤltniß der Maͤnner gerichtet iſt;
und gleich anfaͤnglich werden dieſelben in
ihrem Beiſeyn mit Kugeln und Kartaͤtſchen
geladen, nachdem man ihnen die moͤrderiſche
Wirkung derſelben durch Abfeuern gegen
einige nahe und entfernte Gegenſtaͤnde be-
greiflich gemacht hat, und ſie bedroht worden
ſind, daß Jhrer bei der mindeſten unruhigen
Bewegung das nemliche Schickſal warte.
Heimlich aber werden nachher die Kugeln und
Kartaͤtſchen wieder herausgezogen und, ſtatt
deren, die Stuͤcke mit Gruͤtze geladen, damit
es, ſelbſt im Fall einer Extremitaͤt, doch
nicht gleich das Leben gelte. Denn — die
Kerle haben ja Geld gekoſtet!
Die Weiber und die Unmuͤndigen, deren
Schwaͤche ſie weniger furchtbar macht, haben
bei Tage ihren Aufenthalt hinter der Wand
auf dem halben Deck und koͤnnen ihre maͤnn-
lichen Ungluͤcksgenoſſen zwar nicht ſehen,
aber doch hoͤren. Allen ohne Ausnahme wird
des Morgens, etwa um 10 Uhr, das Eſſen
gereicht, indem je Zehn einen hoͤlzernen Ei-
mer, der ebenſoviel Quart faſſen mag, voll
Gerſtgraupen empfangen. Die Stelle, wohin
jede ſolche Tiſchgeſellſchaft ſich ſetzen muß,
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 2. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung02_1821/87>, abgerufen am 16.02.2025.
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