ten wir auch wohl größeres Leid nicht ge- achtet, und gelangten endlich auch wohlbe- halten zu dem Feuerthurme. Die Thüre desselben ward im Dunkeln ausgetastet; vor uns öffnete sich eine Windeltreppe, die wir hinanstiegen; und droben im Wachstübchen fanden wir einen Mann auf der Pritsche ausgestreckt, dem, bei unserm unerwarteten Eintritt, im Todesschrecken das Pfeifchen aus dem Munde entsank; bis wir uns Bei- derseits besannen und näher mit einander verständigten.
Auf den Bericht von unsrer unglückli- chen Strandung erklärte er uns, daß er verpflichtet sey, dies Ereigniß sofort im nächsten Dorfe, welches kaum einige tausend Schritte entfernt liege, anzuzeigen. Er lud uns ein, ihn dorthin zu begleiten; kam uns erstarrten armen Burschen aber gar bald aus dem Gesicht und überließ es uns, ihm, so gut wir konnten, nachzuhumpeln. Un- zählige Male purzelten wir auf diesem kur- zen Wege; kamen selbst in Gefahr uns zu verirren, und fanden uns nur dann erst zu dem Dorfe hin, als wir eine Glocke gezo- gen hörten, welche das Zeichen gab, daß alles Mannsvolk auf und empor sollte, um unser gestrandetes Schiff aufzusuchen und zu bergen.
ten wir auch wohl groͤßeres Leid nicht ge- achtet, und gelangten endlich auch wohlbe- halten zu dem Feuerthurme. Die Thuͤre deſſelben ward im Dunkeln ausgetaſtet; vor uns oͤffnete ſich eine Windeltreppe, die wir hinanſtiegen; und droben im Wachſtuͤbchen fanden wir einen Mann auf der Pritſche ausgeſtreckt, dem, bei unſerm unerwarteten Eintritt, im Todesſchrecken das Pfeifchen aus dem Munde entſank; bis wir uns Bei- derſeits beſannen und naͤher mit einander verſtaͤndigten.
Auf den Bericht von unſrer ungluͤckli- chen Strandung erklaͤrte er uns, daß er verpflichtet ſey, dies Ereigniß ſofort im naͤchſten Dorfe, welches kaum einige tauſend Schritte entfernt liege, anzuzeigen. Er lud uns ein, ihn dorthin zu begleiten; kam uns erſtarrten armen Burſchen aber gar bald aus dem Geſicht und uͤberließ es uns, ihm, ſo gut wir konnten, nachzuhumpeln. Un- zaͤhlige Male purzelten wir auf dieſem kur- zen Wege; kamen ſelbſt in Gefahr uns zu verirren, und fanden uns nur dann erſt zu dem Dorfe hin, als wir eine Glocke gezo- gen hoͤrten, welche das Zeichen gab, daß alles Mannsvolk auf und empor ſollte, um unſer geſtrandetes Schiff aufzuſuchen und zu bergen.
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ten wir auch wohl groͤßeres Leid nicht ge-
achtet, und gelangten endlich auch wohlbe-
halten zu dem Feuerthurme. Die Thuͤre
deſſelben ward im Dunkeln ausgetaſtet; vor
uns oͤffnete ſich eine Windeltreppe, die wir
hinanſtiegen; und droben im Wachſtuͤbchen
fanden wir einen Mann auf der Pritſche
ausgeſtreckt, dem, bei unſerm unerwarteten
Eintritt, im Todesſchrecken das Pfeifchen
aus dem Munde entſank; bis wir uns Bei-
derſeits beſannen und naͤher mit einander
verſtaͤndigten.
Auf den Bericht von unſrer ungluͤckli-
chen Strandung erklaͤrte er uns, daß er
verpflichtet ſey, dies Ereigniß ſofort im
naͤchſten Dorfe, welches kaum einige tauſend
Schritte entfernt liege, anzuzeigen. Er lud
uns ein, ihn dorthin zu begleiten; kam uns
erſtarrten armen Burſchen aber gar bald
aus dem Geſicht und uͤberließ es uns, ihm,
ſo gut wir konnten, nachzuhumpeln. Un-
zaͤhlige Male purzelten wir auf dieſem kur-
zen Wege; kamen ſelbſt in Gefahr uns zu
verirren, und fanden uns nur dann erſt zu
dem Dorfe hin, als wir eine Glocke gezo-
gen hoͤrten, welche das Zeichen gab, daß
alles Mannsvolk auf und empor ſollte, um
unſer geſtrandetes Schiff aufzuſuchen und
zu bergen.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/85>, abgerufen am 24.11.2024.
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