Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

darauf unsre bisherige Zeche zur Sprache.
Doch der gute Wirth, den unser trauriges
Schicksal erbarmt hatte, war mit unserm
Dank und einem herzlichen Gott lohn's! zu-
frieden; wir aber wanderten ebenfalls in
Gottes Namen wieder den Strand entlang,
um unsre zurückgelassenen Unglücksgefährten
aufzusuchen.

Noch waren wir indeß keine Meile ge-
gangen, als unser Schiffskoch, Namens Ro-
loff, uns aufstieß und uns berichtete: Die
Oesterreichischen Strandwächter hätten unsre
Preussische Flagge von dem zertrümmerten
Schiffe am Ufer aufgefischt; die Mannschaft
sey hierauf nochmals in ein scharfes Verhör
genommen worden und habe sich endlich zu
ihrer wahren Landsmannschaft bekennen müs-
sen. Von Stund an habe man sie als
Kriegsgefangene und mit Härte behandelt;
habe sie genöthigt, die Trümmer des Schiffs
und der Ladung mit angestrengter Arbeit an's
Land bergen zu helfen, zugleich aber auch sie
in so genauer Obacht gehalten, daß nicht
Einer, ohne militairische Begleitung, sich nur
bis zwischen die nächsten Sand-Dünen habe
entfernen dürfen. Dennoch sey es ihm selbst
in dieser letzten Nacht geglückt, seinen Auf-
sehern zu entwischen; und er gedenke nun-
mehr nach Dünkirchen zu gehen, wo er in

darauf unſre bisherige Zeche zur Sprache.
Doch der gute Wirth, den unſer trauriges
Schickſal erbarmt hatte, war mit unſerm
Dank und einem herzlichen Gott lohn’s! zu-
frieden; wir aber wanderten ebenfalls in
Gottes Namen wieder den Strand entlang,
um unſre zuruͤckgelaſſenen Ungluͤcksgefaͤhrten
aufzuſuchen.

Noch waren wir indeß keine Meile ge-
gangen, als unſer Schiffskoch, Namens Ro-
loff, uns aufſtieß und uns berichtete: Die
Oeſterreichiſchen Strandwaͤchter haͤtten unſre
Preuſſiſche Flagge von dem zertruͤmmerten
Schiffe am Ufer aufgefiſcht; die Mannſchaft
ſey hierauf nochmals in ein ſcharfes Verhoͤr
genommen worden und habe ſich endlich zu
ihrer wahren Landsmannſchaft bekennen muͤſ-
ſen. Von Stund an habe man ſie als
Kriegsgefangene und mit Haͤrte behandelt;
habe ſie genoͤthigt, die Truͤmmer des Schiffs
und der Ladung mit angeſtrengter Arbeit an’s
Land bergen zu helfen, zugleich aber auch ſie
in ſo genauer Obacht gehalten, daß nicht
Einer, ohne militairiſche Begleitung, ſich nur
bis zwiſchen die naͤchſten Sand-Duͤnen habe
entfernen duͤrfen. Dennoch ſey es ihm ſelbſt
in dieſer letzten Nacht gegluͤckt, ſeinen Auf-
ſehern zu entwiſchen; und er gedenke nun-
mehr nach Duͤnkirchen zu gehen, wo er in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="60"/>
darauf un&#x017F;re bisherige Zeche zur Sprache.<lb/>
Doch der gute Wirth, den un&#x017F;er trauriges<lb/>
Schick&#x017F;al erbarmt hatte, war mit un&#x017F;erm<lb/>
Dank und einem herzlichen Gott lohn&#x2019;s! zu-<lb/>
frieden; wir aber wanderten ebenfalls in<lb/>
Gottes Namen wieder den Strand entlang,<lb/>
um un&#x017F;re zuru&#x0364;ckgela&#x017F;&#x017F;enen Unglu&#x0364;cksgefa&#x0364;hrten<lb/>
aufzu&#x017F;uchen.</p><lb/>
        <p>Noch waren wir indeß keine Meile ge-<lb/>
gangen, als un&#x017F;er Schiffskoch, Namens Ro-<lb/>
loff, uns auf&#x017F;tieß und uns berichtete: Die<lb/>
Oe&#x017F;terreichi&#x017F;chen Strandwa&#x0364;chter ha&#x0364;tten un&#x017F;re<lb/>
Preu&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Flagge von dem zertru&#x0364;mmerten<lb/>
Schiffe am Ufer aufgefi&#x017F;cht; die Mann&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;ey hierauf nochmals in ein &#x017F;charfes Verho&#x0364;r<lb/>
genommen worden und habe &#x017F;ich endlich zu<lb/>
ihrer wahren Landsmann&#x017F;chaft bekennen mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Von Stund an habe man &#x017F;ie als<lb/>
Kriegsgefangene und mit Ha&#x0364;rte behandelt;<lb/>
habe &#x017F;ie geno&#x0364;thigt, die Tru&#x0364;mmer des Schiffs<lb/>
und der Ladung mit ange&#x017F;trengter Arbeit an&#x2019;s<lb/>
Land bergen zu helfen, zugleich aber auch &#x017F;ie<lb/>
in &#x017F;o genauer Obacht gehalten, daß nicht<lb/>
Einer, ohne militairi&#x017F;che Begleitung, &#x017F;ich nur<lb/>
bis zwi&#x017F;chen die na&#x0364;ch&#x017F;ten Sand-Du&#x0364;nen habe<lb/>
entfernen du&#x0364;rfen. Dennoch &#x017F;ey es ihm &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
in die&#x017F;er letzten Nacht geglu&#x0364;ckt, &#x017F;einen Auf-<lb/>
&#x017F;ehern zu entwi&#x017F;chen; und er gedenke nun-<lb/>
mehr nach Du&#x0364;nkirchen zu gehen, wo er in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0076] darauf unſre bisherige Zeche zur Sprache. Doch der gute Wirth, den unſer trauriges Schickſal erbarmt hatte, war mit unſerm Dank und einem herzlichen Gott lohn’s! zu- frieden; wir aber wanderten ebenfalls in Gottes Namen wieder den Strand entlang, um unſre zuruͤckgelaſſenen Ungluͤcksgefaͤhrten aufzuſuchen. Noch waren wir indeß keine Meile ge- gangen, als unſer Schiffskoch, Namens Ro- loff, uns aufſtieß und uns berichtete: Die Oeſterreichiſchen Strandwaͤchter haͤtten unſre Preuſſiſche Flagge von dem zertruͤmmerten Schiffe am Ufer aufgefiſcht; die Mannſchaft ſey hierauf nochmals in ein ſcharfes Verhoͤr genommen worden und habe ſich endlich zu ihrer wahren Landsmannſchaft bekennen muͤſ- ſen. Von Stund an habe man ſie als Kriegsgefangene und mit Haͤrte behandelt; habe ſie genoͤthigt, die Truͤmmer des Schiffs und der Ladung mit angeſtrengter Arbeit an’s Land bergen zu helfen, zugleich aber auch ſie in ſo genauer Obacht gehalten, daß nicht Einer, ohne militairiſche Begleitung, ſich nur bis zwiſchen die naͤchſten Sand-Duͤnen habe entfernen duͤrfen. Dennoch ſey es ihm ſelbſt in dieſer letzten Nacht gegluͤckt, ſeinen Auf- ſehern zu entwiſchen; und er gedenke nun- mehr nach Duͤnkirchen zu gehen, wo er in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/76
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/76>, abgerufen am 30.04.2024.