Sarg mit den uns so theuren Ueberresten eine kurze Strecke auf den Flur fortzuziehen und zu schieben. Hier aber übermannte und lähmte der ungeheure Schmerz plötzlich all unsre Kräfte, und wir fühlten uns, in ein lautes und vereintes Jammergeschrei aus- brechend, ohne Vermögen, die geliebte Läst auch nur Einen Schritt weiter zu bringen. Jch fiel vor dem einen Pater auf die Kniee, und bat um Gottes willen, man möchte sich Unser erbarmen: denn wir könnten hier nichts mehr thun.
Jetzt gab es ein kurzes Gespräch unter den Anwesenden; ein Aufwärter ward fort- geschickt, und binnen einer Viertelstunde er- schienen vier Kerle mit einer Trage, und Je- der mit einem Spaten versehen. Sie pack- ten die Leiche an; und so gieng der Zug zum Thore hinaus, etwa zweitausend Schritte weit und gerade auf eine Kirche zu. Wir, die wir den Trägern gefolgt waren, meyn- ten, der Leichenzug eile dem Kirchhofe zu. Das war aber weit gefehlt: denn es gieng, neben dem Gotteshause vorüber, wohl noch tausend Schritte weiter auf ein freies Feld; und da die Träger ihre Last wohl zwanzig Mal niedergesetzt hatten, um frischen Athem zu schöpfen, so begann es bereits dunkel zu werden, bevor wir die Grabstätte erreichten.
Sarg mit den uns ſo theuren Ueberreſten eine kurze Strecke auf den Flur fortzuziehen und zu ſchieben. Hier aber uͤbermannte und laͤhmte der ungeheure Schmerz ploͤtzlich all unſre Kraͤfte, und wir fuͤhlten uns, in ein lautes und vereintes Jammergeſchrei aus- brechend, ohne Vermoͤgen, die geliebte Laͤſt auch nur Einen Schritt weiter zu bringen. Jch fiel vor dem einen Pater auf die Kniee, und bat um Gottes willen, man moͤchte ſich Unſer erbarmen: denn wir koͤnnten hier nichts mehr thun.
Jetzt gab es ein kurzes Geſpraͤch unter den Anweſenden; ein Aufwaͤrter ward fort- geſchickt, und binnen einer Viertelſtunde er- ſchienen vier Kerle mit einer Trage, und Je- der mit einem Spaten verſehen. Sie pack- ten die Leiche an; und ſo gieng der Zug zum Thore hinaus, etwa zweitauſend Schritte weit und gerade auf eine Kirche zu. Wir, die wir den Traͤgern gefolgt waren, meyn- ten, der Leichenzug eile dem Kirchhofe zu. Das war aber weit gefehlt: denn es gieng, neben dem Gotteshauſe voruͤber, wohl noch tauſend Schritte weiter auf ein freies Feld; und da die Traͤger ihre Laſt wohl zwanzig Mal niedergeſetzt hatten, um friſchen Athem zu ſchoͤpfen, ſo begann es bereits dunkel zu werden, bevor wir die Grabſtaͤtte erreichten.
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[57/0073]
Sarg mit den uns ſo theuren Ueberreſten
eine kurze Strecke auf den Flur fortzuziehen
und zu ſchieben. Hier aber uͤbermannte und
laͤhmte der ungeheure Schmerz ploͤtzlich all
unſre Kraͤfte, und wir fuͤhlten uns, in ein
lautes und vereintes Jammergeſchrei aus-
brechend, ohne Vermoͤgen, die geliebte Laͤſt
auch nur Einen Schritt weiter zu bringen.
Jch fiel vor dem einen Pater auf die Kniee,
und bat um Gottes willen, man moͤchte ſich
Unſer erbarmen: denn wir koͤnnten hier nichts
mehr thun.
Jetzt gab es ein kurzes Geſpraͤch unter
den Anweſenden; ein Aufwaͤrter ward fort-
geſchickt, und binnen einer Viertelſtunde er-
ſchienen vier Kerle mit einer Trage, und Je-
der mit einem Spaten verſehen. Sie pack-
ten die Leiche an; und ſo gieng der Zug
zum Thore hinaus, etwa zweitauſend Schritte
weit und gerade auf eine Kirche zu. Wir,
die wir den Traͤgern gefolgt waren, meyn-
ten, der Leichenzug eile dem Kirchhofe zu.
Das war aber weit gefehlt: denn es gieng,
neben dem Gotteshauſe voruͤber, wohl noch
tauſend Schritte weiter auf ein freies Feld;
und da die Traͤger ihre Laſt wohl zwanzig
Mal niedergeſetzt hatten, um friſchen Athem
zu ſchoͤpfen, ſo begann es bereits dunkel zu
werden, bevor wir die Grabſtaͤtte erreichten.
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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