Rückenwirbels, dicht unterm Kreuz, und die dem armen Manne auch wohl die empfind- lichsten Schmerzen verursachen mochte: denn während man ihn nach der Kunst behandelte und die Gliedmaassen bald so, bald anders, reckte und dehnte, hörte er nicht auf, zu win- seln und zu ächzen. Uns drei Jungen, die wir Zeugen von dem Allen waren, schnitt jeder Klageton tief durch's Herz; und wir heulten und lamentirten mit ihm in die Wette; so daß man sich genöthigt sah, uns aus dem Gemache fortzuweisen.
Nachdem der Kranke endlich geschient und verbunden worden, legte man ihn auf ein Feldbette, welches man in die Mitte des Zim- mers hingestellt hatte. Eine Kloster-Nonne (Beguine) saß neben ihm und flößte ihm von Zeit zu Zeit einen Löffel rothen Weines ein, den sie auf einem Kohlenbecken zu ihrer Seite erwärmte. Am Kopfende des Bettes aber standen wir arme Verlassene und weinten unsre bitterlichen Thränen; und so währte das bis Abends, wo ein Pater uns andeu- tete, daß wir die Nacht über im Kloster nicht bleiben könnten, sondern uns nach einer an- dern Herberge umsehen müßten. Diese fan- den wir denn auch, zu unsrer nothdürftigen Erquickung, in dem vorgedachten Wirths- hause: doch brachten wir eine schlaflose trüb-
Ruͤckenwirbels, dicht unterm Kreuz, und die dem armen Manne auch wohl die empfind- lichſten Schmerzen verurſachen mochte: denn waͤhrend man ihn nach der Kunſt behandelte und die Gliedmaaſſen bald ſo, bald anders, reckte und dehnte, hoͤrte er nicht auf, zu win- ſeln und zu aͤchzen. Uns drei Jungen, die wir Zeugen von dem Allen waren, ſchnitt jeder Klageton tief durch’s Herz; und wir heulten und lamentirten mit ihm in die Wette; ſo daß man ſich genoͤthigt ſah, uns aus dem Gemache fortzuweiſen.
Nachdem der Kranke endlich geſchient und verbunden worden, legte man ihn auf ein Feldbette, welches man in die Mitte des Zim- mers hingeſtellt hatte. Eine Kloſter-Nonne (Beguine) ſaß neben ihm und floͤßte ihm von Zeit zu Zeit einen Loͤffel rothen Weines ein, den ſie auf einem Kohlenbecken zu ihrer Seite erwaͤrmte. Am Kopfende des Bettes aber ſtanden wir arme Verlaſſene und weinten unſre bitterlichen Thraͤnen; und ſo waͤhrte das bis Abends, wo ein Pater uns andeu- tete, daß wir die Nacht uͤber im Kloſter nicht bleiben koͤnnten, ſondern uns nach einer an- dern Herberge umſehen muͤßten. Dieſe fan- den wir denn auch, zu unſrer nothduͤrftigen Erquickung, in dem vorgedachten Wirths- hauſe: doch brachten wir eine ſchlafloſe truͤb-
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Ruͤckenwirbels, dicht unterm Kreuz, und die
dem armen Manne auch wohl die empfind-
lichſten Schmerzen verurſachen mochte: denn
waͤhrend man ihn nach der Kunſt behandelte
und die Gliedmaaſſen bald ſo, bald anders,
reckte und dehnte, hoͤrte er nicht auf, zu win-
ſeln und zu aͤchzen. Uns drei Jungen, die
wir Zeugen von dem Allen waren, ſchnitt
jeder Klageton tief durch’s Herz; und wir
heulten und lamentirten mit ihm in die Wette;
ſo daß man ſich genoͤthigt ſah, uns aus dem
Gemache fortzuweiſen.
Nachdem der Kranke endlich geſchient und
verbunden worden, legte man ihn auf ein
Feldbette, welches man in die Mitte des Zim-
mers hingeſtellt hatte. Eine Kloſter-Nonne
(Beguine) ſaß neben ihm und floͤßte ihm von
Zeit zu Zeit einen Loͤffel rothen Weines ein,
den ſie auf einem Kohlenbecken zu ihrer Seite
erwaͤrmte. Am Kopfende des Bettes aber
ſtanden wir arme Verlaſſene und weinten
unſre bitterlichen Thraͤnen; und ſo waͤhrte
das bis Abends, wo ein Pater uns andeu-
tete, daß wir die Nacht uͤber im Kloſter nicht
bleiben koͤnnten, ſondern uns nach einer an-
dern Herberge umſehen muͤßten. Dieſe fan-
den wir denn auch, zu unſrer nothduͤrftigen
Erquickung, in dem vorgedachten Wirths-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/69>, abgerufen am 25.11.2024.
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