doch auf dem Herwege noch etwa 80 Klaf- tern von meinem Borde entfernt war, erhob sich plötzlich ein so heftiger Windwirbel, daß man sich auf unserm eigenen Schiffe genö- thigt sah, die Segel eiligst einzuziehen. Dieser Zufall benahm meinem Kapitain den Muth. "Kommt! kommt! Zu mir her- über!" rief er mir aus dem Fahrzeuge zu; und indem er an meine Seite legte, hörte er nicht auf mit: "Her zu mir, in die Schaluppe! Fort! fort!" -- bis ich ihm den Willen that, mit dem Rest meiner Leute zu ihm einstieg, und solchergestalt mit ihm nach unserm Schiffe zurück ruderte. Als wir dort ankamen, ward die Schaluppe un- ter die Takel gebracht, empor gehoben und wieder an ihrem Platze befestigt.
Sobald wir nun wieder in Ordnung und zu Besinnung gekommen waren, galt es die Frage: Was mit dem herrenlosen Schiffe zu thun oder zu lassen sey? -- Jch und Mehrere mit mir stellten dem Kapitain auf das triftigste vor, daß es doch Sünde und Schande seyn würde, wenn wir diesen Fund so um nichts und wieder nichts auf- geben wollten. Allein wie dringend wir ihm auch anlagen, so schien doch sein Wi- derwille gegen jedes weitere Vornehmen zu diesem Zwecke so gut, als unbezwinglich;
doch auf dem Herwege noch etwa 80 Klaf- tern von meinem Borde entfernt war, erhob ſich ploͤtzlich ein ſo heftiger Windwirbel, daß man ſich auf unſerm eigenen Schiffe genoͤ- thigt ſah, die Segel eiligſt einzuziehen. Dieſer Zufall benahm meinem Kapitain den Muth. „Kommt! kommt! Zu mir her- uͤber!‟ rief er mir aus dem Fahrzeuge zu; und indem er an meine Seite legte, hoͤrte er nicht auf mit: „Her zu mir, in die Schaluppe! Fort! fort!‟ — bis ich ihm den Willen that, mit dem Reſt meiner Leute zu ihm einſtieg, und ſolchergeſtalt mit ihm nach unſerm Schiffe zuruͤck ruderte. Als wir dort ankamen, ward die Schaluppe un- ter die Takel gebracht, empor gehoben und wieder an ihrem Platze befeſtigt.
Sobald wir nun wieder in Ordnung und zu Beſinnung gekommen waren, galt es die Frage: Was mit dem herrenloſen Schiffe zu thun oder zu laſſen ſey? — Jch und Mehrere mit mir ſtellten dem Kapitain auf das triftigſte vor, daß es doch Suͤnde und Schande ſeyn wuͤrde, wenn wir dieſen Fund ſo um nichts und wieder nichts auf- geben wollten. Allein wie dringend wir ihm auch anlagen, ſo ſchien doch ſein Wi- derwille gegen jedes weitere Vornehmen zu dieſem Zwecke ſo gut, als unbezwinglich;
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doch auf dem Herwege noch etwa 80 Klaf-
tern von meinem Borde entfernt war, erhob
ſich ploͤtzlich ein ſo heftiger Windwirbel, daß
man ſich auf unſerm eigenen Schiffe genoͤ-
thigt ſah, die Segel eiligſt einzuziehen.
Dieſer Zufall benahm meinem Kapitain den
Muth. „Kommt! kommt! Zu mir her-
uͤber!‟ rief er mir aus dem Fahrzeuge zu;
und indem er an meine Seite legte, hoͤrte
er nicht auf mit: „Her zu mir, in die
Schaluppe! Fort! fort!‟ — bis ich ihm
den Willen that, mit dem Reſt meiner Leute
zu ihm einſtieg, und ſolchergeſtalt mit ihm
nach unſerm Schiffe zuruͤck ruderte. Als
wir dort ankamen, ward die Schaluppe un-
ter die Takel gebracht, empor gehoben und
wieder an ihrem Platze befeſtigt.
Sobald wir nun wieder in Ordnung
und zu Beſinnung gekommen waren, galt
es die Frage: Was mit dem herrenloſen
Schiffe zu thun oder zu laſſen ſey? — Jch
und Mehrere mit mir ſtellten dem Kapitain
auf das triftigſte vor, daß es doch Suͤnde
und Schande ſeyn wuͤrde, wenn wir dieſen
Fund ſo um nichts und wieder nichts auf-
geben wollten. Allein wie dringend wir
ihm auch anlagen, ſo ſchien doch ſein Wi-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/281>, abgerufen am 26.11.2024.
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