Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

"Das käme noch drauf an!" meynte
ich -- "Laß einmal hören! -- Jungens,"
rief ich, indem ich auf das halbe Deck vor-
trat, unsern Leuten zu -- "Wer von euch
hat die Courage, mit mir in unsrer Scha-
luppe nach jenem Schiffe hinüber zu fahren?
Wenn wir das vielleicht als gute Prise in
Besitz nehmen könnten!"

"Jch -- ich -- ich!" schallte mirs von
allen Seiten entgegen. -- "Und was sagt
Jhr nun, Kapitain?" wandte ich mich an
unsern Befehlshaber.

"Fahrt meinetwegen, wenn Jhr Lust
habt, zu ersaufen!" gab er mir verdrüßlich
zur Antwort; und ich hielt ihn sogleich, we-
nigstens wegen des Erstern, beim Worte.
Die Schaluppe ward mit dem größten Feuer
angegriffen, in die Takel gehängt und über
Bord gesetzt. Noch hatte sie ihr nasses
Element nicht erreicht, als ich mich bereits
hinein stürzte. Alles stürzte mir nach, und
wollte mich begleiten; so daß ich genug zu
steuern und abzukehren hatte, um nicht
mehr, als die beschlossene Zahl von 12 Mann
hinüber zu lassen, die ich namentlich aufrief
und als tüchtige zuverlässige Kerle kannte.
Da auch, von dem neulichen Scheingefecht
her, die offne Gewehrkiste noch auf dem

„Das kaͤme noch drauf an!‟ meynte
ich — „Laß einmal hoͤren! — Jungens,‟
rief ich, indem ich auf das halbe Deck vor-
trat, unſern Leuten zu — „Wer von euch
hat die Courage, mit mir in unſrer Scha-
luppe nach jenem Schiffe hinuͤber zu fahren?
Wenn wir das vielleicht als gute Priſe in
Beſitz nehmen koͤnnten!‟

„Jch — ich — ich!‟ ſchallte mirs von
allen Seiten entgegen. — „Und was ſagt
Jhr nun, Kapitain?‟ wandte ich mich an
unſern Befehlshaber.

„Fahrt meinetwegen, wenn Jhr Luſt
habt, zu erſaufen!‟ gab er mir verdruͤßlich
zur Antwort; und ich hielt ihn ſogleich, we-
nigſtens wegen des Erſtern, beim Worte.
Die Schaluppe ward mit dem groͤßten Feuer
angegriffen, in die Takel gehaͤngt und uͤber
Bord geſetzt. Noch hatte ſie ihr naſſes
Element nicht erreicht, als ich mich bereits
hinein ſtuͤrzte. Alles ſtuͤrzte mir nach, und
wollte mich begleiten; ſo daß ich genug zu
ſteuern und abzukehren hatte, um nicht
mehr, als die beſchloſſene Zahl von 12 Mann
hinuͤber zu laſſen, die ich namentlich aufrief
und als tuͤchtige zuverlaͤſſige Kerle kannte.
Da auch, von dem neulichen Scheingefecht
her, die offne Gewehrkiſte noch auf dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0275" n="259"/>
        <p>&#x201E;Das ka&#x0364;me noch drauf an!&#x201F; meynte<lb/>
ich &#x2014; &#x201E;Laß einmal ho&#x0364;ren! &#x2014; Jungens,&#x201F;<lb/>
rief ich, indem ich auf das halbe Deck vor-<lb/>
trat, un&#x017F;ern Leuten zu &#x2014; &#x201E;Wer von euch<lb/>
hat die Courage, mit mir in un&#x017F;rer Scha-<lb/>
luppe nach jenem Schiffe hinu&#x0364;ber zu fahren?<lb/>
Wenn wir das vielleicht als gute Pri&#x017F;e in<lb/>
Be&#x017F;itz nehmen ko&#x0364;nnten!&#x201F;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch &#x2014; ich &#x2014; ich!&#x201F; &#x017F;challte mirs von<lb/>
allen Seiten entgegen. &#x2014; &#x201E;Und was &#x017F;agt<lb/>
Jhr <hi rendition="#g">nun,</hi> Kapitain?&#x201F; wandte ich mich an<lb/>
un&#x017F;ern Befehlshaber.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Fahrt meinetwegen, wenn Jhr Lu&#x017F;t<lb/>
habt, zu er&#x017F;aufen!&#x201F; gab er mir verdru&#x0364;ßlich<lb/>
zur Antwort; und ich hielt ihn &#x017F;ogleich, we-<lb/>
nig&#x017F;tens wegen des Er&#x017F;tern, beim Worte.<lb/>
Die Schaluppe ward mit dem gro&#x0364;ßten Feuer<lb/>
angegriffen, in die Takel geha&#x0364;ngt und u&#x0364;ber<lb/>
Bord ge&#x017F;etzt. Noch hatte &#x017F;ie ihr na&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Element nicht erreicht, als ich mich bereits<lb/>
hinein &#x017F;tu&#x0364;rzte. Alles &#x017F;tu&#x0364;rzte mir nach, und<lb/>
wollte mich begleiten; &#x017F;o daß ich genug zu<lb/>
&#x017F;teuern und abzukehren hatte, um nicht<lb/>
mehr, als die be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Zahl von 12 Mann<lb/>
hinu&#x0364;ber zu la&#x017F;&#x017F;en, die ich namentlich aufrief<lb/>
und als tu&#x0364;chtige zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Kerle kannte.<lb/>
Da auch, von dem neulichen Scheingefecht<lb/>
her, die offne Gewehrki&#x017F;te noch auf dem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0275] „Das kaͤme noch drauf an!‟ meynte ich — „Laß einmal hoͤren! — Jungens,‟ rief ich, indem ich auf das halbe Deck vor- trat, unſern Leuten zu — „Wer von euch hat die Courage, mit mir in unſrer Scha- luppe nach jenem Schiffe hinuͤber zu fahren? Wenn wir das vielleicht als gute Priſe in Beſitz nehmen koͤnnten!‟ „Jch — ich — ich!‟ ſchallte mirs von allen Seiten entgegen. — „Und was ſagt Jhr nun, Kapitain?‟ wandte ich mich an unſern Befehlshaber. „Fahrt meinetwegen, wenn Jhr Luſt habt, zu erſaufen!‟ gab er mir verdruͤßlich zur Antwort; und ich hielt ihn ſogleich, we- nigſtens wegen des Erſtern, beim Worte. Die Schaluppe ward mit dem groͤßten Feuer angegriffen, in die Takel gehaͤngt und uͤber Bord geſetzt. Noch hatte ſie ihr naſſes Element nicht erreicht, als ich mich bereits hinein ſtuͤrzte. Alles ſtuͤrzte mir nach, und wollte mich begleiten; ſo daß ich genug zu ſteuern und abzukehren hatte, um nicht mehr, als die beſchloſſene Zahl von 12 Mann hinuͤber zu laſſen, die ich namentlich aufrief und als tuͤchtige zuverlaͤſſige Kerle kannte. Da auch, von dem neulichen Scheingefecht her, die offne Gewehrkiſte noch auf dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/275
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/275>, abgerufen am 10.10.2024.