Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

nenhöhe zugegen zu seyn, um den Stand
des Schiffs nach Länge und Breite in das
Schiffstagebuch einzutragen.

Solchergestalt kam ich (nachdem Kapitain
Harmelin mir schon früher aufgegeben hatte,
von unserm Konstabler ein Faß halbgefüllter
Kartuschen anfertigen zu lassen) einst in
dieser Zeit des Morgens zu ihm in die Ka-
jüte, um meinen nächtlichen Rapport abzu-
statten, und verwunderte mich nicht wenig,
als ich ihn am Tische, den Kopf auf beiden
Händen liegend, wie im tiefen Traume sitzen
sah; -- übrigens nackt und bloß, bis auf ein
paar linnene Hosen und das Hemde, das an
beiden Armen bis hoch an die Achseln hin-
auf aufgestreift und mit rothen Tüchern fest-
gebunden war. Das gelockte Haar hieng
ihm rings um den Kopf auf den Tisch hinab,
und vor ihm auf demselben lag ein blanker
Schiffshauer.

Wie wild und furchtbar er mir in die-
sem Aufzuge auch erschien, so fing ich doch
an zu lachen; und eben wollt' ich fragen,
was diese Maskerade zu bedeuten habe, als
er mich martialisch anblickte, den Säbel er-
griff, aufsprang, an mir vorbei eilte und,
indem er auf's Verdeck stürzte, aus vollem
Halse schrie: "Ho, da der Feind! Ho, da
der Feind! "-- Feuer! Vom Steuerbord
Feuer!" -- Jn der ersten Ueberraschung

nenhoͤhe zugegen zu ſeyn, um den Stand
des Schiffs nach Laͤnge und Breite in das
Schiffstagebuch einzutragen.

Solchergeſtalt kam ich (nachdem Kapitain
Harmelin mir ſchon fruͤher aufgegeben hatte,
von unſerm Konſtabler ein Faß halbgefuͤllter
Kartuſchen anfertigen zu laſſen) einſt in
dieſer Zeit des Morgens zu ihm in die Ka-
juͤte, um meinen naͤchtlichen Rapport abzu-
ſtatten, und verwunderte mich nicht wenig,
als ich ihn am Tiſche, den Kopf auf beiden
Haͤnden liegend, wie im tiefen Traume ſitzen
ſah; — uͤbrigens nackt und bloß, bis auf ein
paar linnene Hoſen und das Hemde, das an
beiden Armen bis hoch an die Achſeln hin-
auf aufgeſtreift und mit rothen Tuͤchern feſt-
gebunden war. Das gelockte Haar hieng
ihm rings um den Kopf auf den Tiſch hinab,
und vor ihm auf demſelben lag ein blanker
Schiffshauer.

Wie wild und furchtbar er mir in die-
ſem Aufzuge auch erſchien, ſo fing ich doch
an zu lachen; und eben wollt’ ich fragen,
was dieſe Maskerade zu bedeuten habe, als
er mich martialiſch anblickte, den Saͤbel er-
griff, aufſprang, an mir vorbei eilte und,
indem er auf’s Verdeck ſtuͤrzte, aus vollem
Halſe ſchrie: „Ho, da der Feind! Ho, da
der Feind! „— Feuer! Vom Steuerbord
Feuer!‟ — Jn der erſten Ueberraſchung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="250"/>
nenho&#x0364;he zugegen zu &#x017F;eyn, um den Stand<lb/>
des Schiffs nach La&#x0364;nge und Breite in das<lb/>
Schiffstagebuch einzutragen.</p><lb/>
        <p>Solcherge&#x017F;talt kam ich (nachdem Kapitain<lb/>
Harmelin mir &#x017F;chon fru&#x0364;her aufgegeben hatte,<lb/>
von un&#x017F;erm Kon&#x017F;tabler ein Faß halbgefu&#x0364;llter<lb/>
Kartu&#x017F;chen anfertigen zu la&#x017F;&#x017F;en) ein&#x017F;t in<lb/>
die&#x017F;er Zeit des Morgens zu ihm in die Ka-<lb/>
ju&#x0364;te, um meinen na&#x0364;chtlichen Rapport abzu-<lb/>
&#x017F;tatten, und verwunderte mich nicht wenig,<lb/>
als ich ihn am Ti&#x017F;che, den Kopf auf beiden<lb/>
Ha&#x0364;nden liegend, wie im tiefen Traume &#x017F;itzen<lb/>
&#x017F;ah; &#x2014; u&#x0364;brigens nackt und bloß, bis auf ein<lb/>
paar linnene Ho&#x017F;en und das Hemde, das an<lb/>
beiden Armen bis hoch an die Ach&#x017F;eln hin-<lb/>
auf aufge&#x017F;treift und mit rothen Tu&#x0364;chern fe&#x017F;t-<lb/>
gebunden war. Das gelockte Haar hieng<lb/>
ihm rings um den Kopf auf den Ti&#x017F;ch hinab,<lb/>
und vor ihm auf dem&#x017F;elben lag ein blanker<lb/>
Schiffshauer.</p><lb/>
        <p>Wie wild und furchtbar er mir in die-<lb/>
&#x017F;em Aufzuge auch er&#x017F;chien, &#x017F;o fing ich doch<lb/>
an zu lachen; und eben wollt&#x2019; ich fragen,<lb/>
was die&#x017F;e Maskerade zu bedeuten habe, als<lb/>
er mich martiali&#x017F;ch anblickte, den Sa&#x0364;bel er-<lb/>
griff, auf&#x017F;prang, an mir vorbei eilte und,<lb/>
indem er auf&#x2019;s Verdeck &#x017F;tu&#x0364;rzte, aus vollem<lb/>
Hal&#x017F;e &#x017F;chrie: &#x201E;Ho, da der Feind! Ho, da<lb/>
der Feind! &#x201E;&#x2014; Feuer! Vom Steuerbord<lb/>
Feuer!&#x201F; &#x2014; Jn der er&#x017F;ten Ueberra&#x017F;chung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0266] nenhoͤhe zugegen zu ſeyn, um den Stand des Schiffs nach Laͤnge und Breite in das Schiffstagebuch einzutragen. Solchergeſtalt kam ich (nachdem Kapitain Harmelin mir ſchon fruͤher aufgegeben hatte, von unſerm Konſtabler ein Faß halbgefuͤllter Kartuſchen anfertigen zu laſſen) einſt in dieſer Zeit des Morgens zu ihm in die Ka- juͤte, um meinen naͤchtlichen Rapport abzu- ſtatten, und verwunderte mich nicht wenig, als ich ihn am Tiſche, den Kopf auf beiden Haͤnden liegend, wie im tiefen Traume ſitzen ſah; — uͤbrigens nackt und bloß, bis auf ein paar linnene Hoſen und das Hemde, das an beiden Armen bis hoch an die Achſeln hin- auf aufgeſtreift und mit rothen Tuͤchern feſt- gebunden war. Das gelockte Haar hieng ihm rings um den Kopf auf den Tiſch hinab, und vor ihm auf demſelben lag ein blanker Schiffshauer. Wie wild und furchtbar er mir in die- ſem Aufzuge auch erſchien, ſo fing ich doch an zu lachen; und eben wollt’ ich fragen, was dieſe Maskerade zu bedeuten habe, als er mich martialiſch anblickte, den Saͤbel er- griff, aufſprang, an mir vorbei eilte und, indem er auf’s Verdeck ſtuͤrzte, aus vollem Halſe ſchrie: „Ho, da der Feind! Ho, da der Feind! „— Feuer! Vom Steuerbord Feuer!‟ — Jn der erſten Ueberraſchung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/266
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/266>, abgerufen am 03.05.2024.