denn im Ernst! Auf mein Bitten versprach mir indeß der Schiffer, nicht nur mich in seiner Jölle und durch seine Leute alsogleich bei dem Schwaalkenberge an Land bringen zu lassen, sondern auch meinen Bording, sobald er ledig geworden, hinter den Haacken in Sicherheit zu schaffen.
Schnell warf ich mich nun in das Boot, und schlüpfte, in der eingebrochenen Dunkel- heit, an meinen Verfolgern glücklich vorüber. Der Wind gieng heftig aus Westen, und es gab eine hohe See. Obenein kamen wir, noch in weiter Entfernung vom Lande, auf den Grund zu sitzen; so daß das Boot hoch voll Wasser spülte. Während die Kerle fluch- ten und schöpften, bedachte ich mich nicht lange, über Bord zu springen. Jch kam auf der Bank bis an den halben Leib in's Wasser; so wie ich aber dem Ufer näher watete, ge- rieth ich immer tiefer -- jetzt bis unter die Arme, dann bis an den Hals -- hinein; und endlich mußte ich mich zum Schwimmen be- quemen. So erreichte ich triefend das Land und gieng nach Lockstädt, wo ich nicht nur Gelegenheit fand, mich am warmen Ofen zu trocknen, sondern mir auch ein Pferd bestellte, auf welchem ich früh vor Tage mich davon machte und zu Mittage Königsberg mit dem Vorsatz erreichte, mich im Hause meines Schwiegervaters zu verbergen.
denn im Ernſt! Auf mein Bitten verſprach mir indeß der Schiffer, nicht nur mich in ſeiner Joͤlle und durch ſeine Leute alſogleich bei dem Schwaalkenberge an Land bringen zu laſſen, ſondern auch meinen Bording, ſobald er ledig geworden, hinter den Haacken in Sicherheit zu ſchaffen.
Schnell warf ich mich nun in das Boot, und ſchluͤpfte, in der eingebrochenen Dunkel- heit, an meinen Verfolgern gluͤcklich voruͤber. Der Wind gieng heftig aus Weſten, und es gab eine hohe See. Obenein kamen wir, noch in weiter Entfernung vom Lande, auf den Grund zu ſitzen; ſo daß das Boot hoch voll Waſſer ſpuͤlte. Waͤhrend die Kerle fluch- ten und ſchoͤpften, bedachte ich mich nicht lange, uͤber Bord zu ſpringen. Jch kam auf der Bank bis an den halben Leib in’s Waſſer; ſo wie ich aber dem Ufer naͤher watete, ge- rieth ich immer tiefer — jetzt bis unter die Arme, dann bis an den Hals — hinein; und endlich mußte ich mich zum Schwimmen be- quemen. So erreichte ich triefend das Land und gieng nach Lockſtaͤdt, wo ich nicht nur Gelegenheit fand, mich am warmen Ofen zu trocknen, ſondern mir auch ein Pferd beſtellte, auf welchem ich fruͤh vor Tage mich davon machte und zu Mittage Koͤnigsberg mit dem Vorſatz erreichte, mich im Hauſe meines Schwiegervaters zu verbergen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0150"n="134"/>
denn im Ernſt! Auf mein Bitten verſprach<lb/>
mir indeß der Schiffer, nicht nur mich in<lb/>ſeiner Joͤlle und durch ſeine Leute alſogleich<lb/>
bei dem Schwaalkenberge an Land bringen zu<lb/>
laſſen, ſondern auch meinen Bording, ſobald<lb/>
er ledig geworden, hinter den Haacken in<lb/>
Sicherheit zu ſchaffen.</p><lb/><p>Schnell warf ich mich nun in das Boot,<lb/>
und ſchluͤpfte, in der eingebrochenen Dunkel-<lb/>
heit, an meinen Verfolgern gluͤcklich voruͤber.<lb/>
Der Wind gieng heftig aus Weſten, und es<lb/>
gab eine hohe See. Obenein kamen wir,<lb/>
noch in weiter Entfernung vom Lande, auf<lb/>
den Grund zu ſitzen; ſo daß das Boot hoch<lb/>
voll Waſſer ſpuͤlte. Waͤhrend die Kerle fluch-<lb/>
ten und ſchoͤpften, bedachte ich mich nicht<lb/>
lange, uͤber Bord zu ſpringen. Jch kam auf<lb/>
der Bank bis an den halben Leib in’s Waſſer;<lb/>ſo wie ich aber dem Ufer naͤher watete, ge-<lb/>
rieth ich immer tiefer — jetzt bis unter die<lb/>
Arme, dann bis an den Hals — hinein; und<lb/>
endlich mußte ich mich zum Schwimmen be-<lb/>
quemen. So erreichte ich triefend das Land<lb/>
und gieng nach Lockſtaͤdt, wo ich nicht nur<lb/>
Gelegenheit fand, mich am warmen Ofen zu<lb/>
trocknen, ſondern mir auch ein Pferd beſtellte,<lb/>
auf welchem ich fruͤh vor Tage mich davon<lb/>
machte und zu Mittage Koͤnigsberg mit dem<lb/>
Vorſatz erreichte, mich im Hauſe meines<lb/>
Schwiegervaters zu verbergen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[134/0150]
denn im Ernſt! Auf mein Bitten verſprach
mir indeß der Schiffer, nicht nur mich in
ſeiner Joͤlle und durch ſeine Leute alſogleich
bei dem Schwaalkenberge an Land bringen zu
laſſen, ſondern auch meinen Bording, ſobald
er ledig geworden, hinter den Haacken in
Sicherheit zu ſchaffen.
Schnell warf ich mich nun in das Boot,
und ſchluͤpfte, in der eingebrochenen Dunkel-
heit, an meinen Verfolgern gluͤcklich voruͤber.
Der Wind gieng heftig aus Weſten, und es
gab eine hohe See. Obenein kamen wir,
noch in weiter Entfernung vom Lande, auf
den Grund zu ſitzen; ſo daß das Boot hoch
voll Waſſer ſpuͤlte. Waͤhrend die Kerle fluch-
ten und ſchoͤpften, bedachte ich mich nicht
lange, uͤber Bord zu ſpringen. Jch kam auf
der Bank bis an den halben Leib in’s Waſſer;
ſo wie ich aber dem Ufer naͤher watete, ge-
rieth ich immer tiefer — jetzt bis unter die
Arme, dann bis an den Hals — hinein; und
endlich mußte ich mich zum Schwimmen be-
quemen. So erreichte ich triefend das Land
und gieng nach Lockſtaͤdt, wo ich nicht nur
Gelegenheit fand, mich am warmen Ofen zu
trocknen, ſondern mir auch ein Pferd beſtellte,
auf welchem ich fruͤh vor Tage mich davon
machte und zu Mittage Koͤnigsberg mit dem
Vorſatz erreichte, mich im Hauſe meines
Schwiegervaters zu verbergen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/150>, abgerufen am 12.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.