Sorge auf dem Herzen, wie ich, bei über- nommener Führung des Schiffs, den man- cherlei Verantwortlichkeiten entgehen wollte, die über den Nachlaß unsers unglücklichen Kapitains entstehen konnten. Unser ganzer Vorrath an Brodt, Grütze, Erbsen und übri- gen Lebensmitteln war in der Kajüte aufbe- wahrt; und Koch und Kochs-Maat hatten täglich und stündlich ihren Gang in dieselbe, um das Nöthige hervor zu holen. Zugleich aber lagen hier auch des Schiffers Habselig- keiten umher; und ich wußte, daß es ihm nicht an Geld und Geldeswerth gefehlt hatte. Noch mehr: Er hatte mir zu Zeiten einen bedeutenden Vorrath von Kostbarkei- ten an Gold und Silber vorgewiesen, zu deren Einkauf in Amsterdam ihm von seinen Königsberger Freunden Auftrag gegeben worden. Auch diese mußten in der Kajüte und, wie ich vermuthete, in seinem Kasten befindlich seyn.
Um mich dieserwegen auf jede Weise zu sichern, ließ ich gleich am andern Tage das ganze Schiffsvolk, bis auf den Matrosen, der das Steuer versah, in die Kajüte zu- sammen kommen. Jn ihrer Gegenwart nahm ich ein schriftliches Verzeichniß von sämmtlicher Habe unsers verstorbenen Schif- fers auf; wir packten dies Alles in die vor- handenen Kisten, Kasten und Säcke, und
Sorge auf dem Herzen, wie ich, bei uͤber- nommener Fuͤhrung des Schiffs, den man- cherlei Verantwortlichkeiten entgehen wollte, die uͤber den Nachlaß unſers ungluͤcklichen Kapitains entſtehen konnten. Unſer ganzer Vorrath an Brodt, Gruͤtze, Erbſen und uͤbri- gen Lebensmitteln war in der Kajuͤte aufbe- wahrt; und Koch und Kochs-Maat hatten taͤglich und ſtuͤndlich ihren Gang in dieſelbe, um das Noͤthige hervor zu holen. Zugleich aber lagen hier auch des Schiffers Habſelig- keiten umher; und ich wußte, daß es ihm nicht an Geld und Geldeswerth gefehlt hatte. Noch mehr: Er hatte mir zu Zeiten einen bedeutenden Vorrath von Koſtbarkei- ten an Gold und Silber vorgewieſen, zu deren Einkauf in Amſterdam ihm von ſeinen Koͤnigsberger Freunden Auftrag gegeben worden. Auch dieſe mußten in der Kajuͤte und, wie ich vermuthete, in ſeinem Kaſten befindlich ſeyn.
Um mich dieſerwegen auf jede Weiſe zu ſichern, ließ ich gleich am andern Tage das ganze Schiffsvolk, bis auf den Matroſen, der das Steuer verſah, in die Kajuͤte zu- ſammen kommen. Jn ihrer Gegenwart nahm ich ein ſchriftliches Verzeichniß von ſaͤmmtlicher Habe unſers verſtorbenen Schif- fers auf; wir packten dies Alles in die vor- handenen Kiſten, Kaſten und Saͤcke, und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0141"n="125"/>
Sorge auf dem Herzen, wie ich, bei uͤber-<lb/>
nommener Fuͤhrung des Schiffs, den man-<lb/>
cherlei Verantwortlichkeiten entgehen wollte,<lb/>
die uͤber den Nachlaß unſers ungluͤcklichen<lb/>
Kapitains entſtehen konnten. Unſer ganzer<lb/>
Vorrath an Brodt, Gruͤtze, Erbſen und uͤbri-<lb/>
gen Lebensmitteln war in der Kajuͤte aufbe-<lb/>
wahrt; und Koch und Kochs-Maat hatten<lb/>
taͤglich und ſtuͤndlich ihren Gang in dieſelbe,<lb/>
um das Noͤthige hervor zu holen. Zugleich<lb/>
aber lagen hier auch des Schiffers Habſelig-<lb/>
keiten umher; und ich wußte, daß es ihm<lb/>
nicht an Geld und Geldeswerth gefehlt<lb/>
hatte. Noch mehr: Er hatte mir zu Zeiten<lb/>
einen bedeutenden Vorrath von Koſtbarkei-<lb/>
ten an Gold und Silber vorgewieſen, zu<lb/>
deren Einkauf in Amſterdam ihm von ſeinen<lb/>
Koͤnigsberger Freunden Auftrag gegeben<lb/>
worden. Auch dieſe mußten in der Kajuͤte<lb/>
und, wie ich vermuthete, in ſeinem Kaſten<lb/>
befindlich ſeyn.</p><lb/><p>Um mich dieſerwegen auf jede Weiſe zu<lb/>ſichern, ließ ich gleich am andern Tage das<lb/>
ganze Schiffsvolk, bis auf den Matroſen,<lb/>
der das Steuer verſah, in die Kajuͤte zu-<lb/>ſammen kommen. Jn ihrer Gegenwart<lb/>
nahm ich ein ſchriftliches Verzeichniß von<lb/>ſaͤmmtlicher Habe unſers verſtorbenen Schif-<lb/>
fers auf; wir packten dies Alles in die vor-<lb/>
handenen Kiſten, Kaſten und Saͤcke, und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[125/0141]
Sorge auf dem Herzen, wie ich, bei uͤber-
nommener Fuͤhrung des Schiffs, den man-
cherlei Verantwortlichkeiten entgehen wollte,
die uͤber den Nachlaß unſers ungluͤcklichen
Kapitains entſtehen konnten. Unſer ganzer
Vorrath an Brodt, Gruͤtze, Erbſen und uͤbri-
gen Lebensmitteln war in der Kajuͤte aufbe-
wahrt; und Koch und Kochs-Maat hatten
taͤglich und ſtuͤndlich ihren Gang in dieſelbe,
um das Noͤthige hervor zu holen. Zugleich
aber lagen hier auch des Schiffers Habſelig-
keiten umher; und ich wußte, daß es ihm
nicht an Geld und Geldeswerth gefehlt
hatte. Noch mehr: Er hatte mir zu Zeiten
einen bedeutenden Vorrath von Koſtbarkei-
ten an Gold und Silber vorgewieſen, zu
deren Einkauf in Amſterdam ihm von ſeinen
Koͤnigsberger Freunden Auftrag gegeben
worden. Auch dieſe mußten in der Kajuͤte
und, wie ich vermuthete, in ſeinem Kaſten
befindlich ſeyn.
Um mich dieſerwegen auf jede Weiſe zu
ſichern, ließ ich gleich am andern Tage das
ganze Schiffsvolk, bis auf den Matroſen,
der das Steuer verſah, in die Kajuͤte zu-
ſammen kommen. Jn ihrer Gegenwart
nahm ich ein ſchriftliches Verzeichniß von
ſaͤmmtlicher Habe unſers verſtorbenen Schif-
fers auf; wir packten dies Alles in die vor-
handenen Kiſten, Kaſten und Saͤcke, und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/141>, abgerufen am 09.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.