hineinstürzte. Jn dieser Lage standen wir, wenn sie noch wenige Minuten anhielt, in der augenscheinlichsten Gefahr, auf der Stelle zu sinken. Jch mußte mich entschie- ßen, das Ruder wieder nach der andern Seite zu holen, um das Schiff in die Höhe zu bringen, bevor es seinen Schwerpunkt verlöre.
Wohl brach mir mein Herz, wenn ich an den armen Kapitain gedachte, den wir noch von Zeit zu Zeit mit dem stürmenden Elemente kämpfend erblickten, so oft die Woge ihn empor hob. Es gab kein Mittel mehr, uns in seiner Nähe zu erhalten, da das Schiff, vom Winde gejagt, gleich einem Pfeile, durch die Fluthen dahin schoß. Der Unglückliche war nicht zu retten; selbst wenn wir unser eignes Leben hätten preiß geben wollen! Sogar jetzt, wo ich mich frei von der unsäglichen Bestürzung fühle, die in je- nen schrecklichen Augenblicken auf uns Alle drückte, weiß ich nicht, was noch anderes und mehr zu seinem Beistande von uns hätte versucht werden können.
Mittlerweile hielt der Sturm noch im- mer an, ohne jedoch härter zu werden. Jch wagte es daher, das Schiff vor dem Winde hinlaufen zu lassen, bis sich, mit dem näch- sten Tage, das Wetter allmählig wieder bes- serte. Nun aber lag mir eine andre schwere
hineinſtuͤrzte. Jn dieſer Lage ſtanden wir, wenn ſie noch wenige Minuten anhielt, in der augenſcheinlichſten Gefahr, auf der Stelle zu ſinken. Jch mußte mich entſchie- ßen, das Ruder wieder nach der andern Seite zu holen, um das Schiff in die Hoͤhe zu bringen, bevor es ſeinen Schwerpunkt verloͤre.
Wohl brach mir mein Herz, wenn ich an den armen Kapitain gedachte, den wir noch von Zeit zu Zeit mit dem ſtuͤrmenden Elemente kaͤmpfend erblickten, ſo oft die Woge ihn empor hob. Es gab kein Mittel mehr, uns in ſeiner Naͤhe zu erhalten, da das Schiff, vom Winde gejagt, gleich einem Pfeile, durch die Fluthen dahin ſchoß. Der Ungluͤckliche war nicht zu retten; ſelbſt wenn wir unſer eignes Leben haͤtten preiß geben wollen! Sogar jetzt, wo ich mich frei von der unſaͤglichen Beſtuͤrzung fuͤhle, die in je- nen ſchrecklichen Augenblicken auf uns Alle druͤckte, weiß ich nicht, was noch anderes und mehr zu ſeinem Beiſtande von uns haͤtte verſucht werden koͤnnen.
Mittlerweile hielt der Sturm noch im- mer an, ohne jedoch haͤrter zu werden. Jch wagte es daher, das Schiff vor dem Winde hinlaufen zu laſſen, bis ſich, mit dem naͤch- ſten Tage, das Wetter allmaͤhlig wieder beſ- ſerte. Nun aber lag mir eine andre ſchwere
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hineinſtuͤrzte. Jn dieſer Lage ſtanden wir,
wenn ſie noch wenige Minuten anhielt, in
der augenſcheinlichſten Gefahr, auf der
Stelle zu ſinken. Jch mußte mich entſchie-
ßen, das Ruder wieder nach der andern
Seite zu holen, um das Schiff in die Hoͤhe
zu bringen, bevor es ſeinen Schwerpunkt
verloͤre.
Wohl brach mir mein Herz, wenn ich
an den armen Kapitain gedachte, den wir
noch von Zeit zu Zeit mit dem ſtuͤrmenden
Elemente kaͤmpfend erblickten, ſo oft die
Woge ihn empor hob. Es gab kein Mittel
mehr, uns in ſeiner Naͤhe zu erhalten, da
das Schiff, vom Winde gejagt, gleich einem
Pfeile, durch die Fluthen dahin ſchoß. Der
Ungluͤckliche war nicht zu retten; ſelbſt wenn
wir unſer eignes Leben haͤtten preiß geben
wollen! Sogar jetzt, wo ich mich frei von
der unſaͤglichen Beſtuͤrzung fuͤhle, die in je-
nen ſchrecklichen Augenblicken auf uns Alle
druͤckte, weiß ich nicht, was noch anderes
und mehr zu ſeinem Beiſtande von uns haͤtte
verſucht werden koͤnnen.
Mittlerweile hielt der Sturm noch im-
mer an, ohne jedoch haͤrter zu werden. Jch
wagte es daher, das Schiff vor dem Winde
hinlaufen zu laſſen, bis ſich, mit dem naͤch-
ſten Tage, das Wetter allmaͤhlig wieder beſ-
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Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/140>, abgerufen am 16.02.2025.
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