Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

wie ich wußte und konnte, ebenso, wie vor
zwei Jahren; nur gieng es diesmal noch um
Vieles wärmer her. Glücklicher Weise dauerte
unser Nothstand nur etwa drei Wochen, da
denn die Festung durch den braven General
Werner, wie durch ein Wunder, entsetzt wurde.

Während dieser Zeit des siebenjährigen
Krieges blieb den preussischen Schiffen und
Seeleuten, um ihrem Erwerb nachzugehen,
kaum etwas Anderes übrig, als unter der
neutralen Danziger Flagge zu fahren. Jn
solcher Weise gieng ich auch im October von
Danzig nach Königsberg, und von Königs-
berg mit einem Schiffe in See, das nach
Amsterdam bestimmt war und von Karl Chri-
stian, einem in Pillau ansäßigen Schiffer,
geführt wurde. Jch hatte mich als Steuer-
mann verdungen. Es war im November 1760;
und so fehlte es in dieser vorgerückten Jahrs-
zeit auch wiederum nicht an häufigem Sturm
und Unwetter, womit wir besonders in der
Nordsee viel zu schaffen hatten.

Wir bekamen einen Leck, mit dem es bin-
nen kurzem sehr bedenklich wurde, weil die
Ratzen die inwendige Fütterung des Schiffs-
bodens durchgefressen hatten; wo denn das
Getreide, welches unsre Ladung ausmachte,
in den untern Kielraum gerathen war und
unsre Pumpen verstopft hatte. Der Sturm
ward je länger je heftiger, und wir fühlten

wie ich wußte und konnte, ebenſo, wie vor
zwei Jahren; nur gieng es diesmal noch um
Vieles waͤrmer her. Gluͤcklicher Weiſe dauerte
unſer Nothſtand nur etwa drei Wochen, da
denn die Feſtung durch den braven General
Werner, wie durch ein Wunder, entſetzt wurde.

Waͤhrend dieſer Zeit des ſiebenjaͤhrigen
Krieges blieb den preuſſiſchen Schiffen und
Seeleuten, um ihrem Erwerb nachzugehen,
kaum etwas Anderes uͤbrig, als unter der
neutralen Danziger Flagge zu fahren. Jn
ſolcher Weiſe gieng ich auch im October von
Danzig nach Koͤnigsberg, und von Koͤnigs-
berg mit einem Schiffe in See, das nach
Amſterdam beſtimmt war und von Karl Chri-
ſtian, einem in Pillau anſaͤßigen Schiffer,
gefuͤhrt wurde. Jch hatte mich als Steuer-
mann verdungen. Es war im November 1760;
und ſo fehlte es in dieſer vorgeruͤckten Jahrs-
zeit auch wiederum nicht an haͤufigem Sturm
und Unwetter, womit wir beſonders in der
Nordſee viel zu ſchaffen hatten.

Wir bekamen einen Leck, mit dem es bin-
nen kurzem ſehr bedenklich wurde, weil die
Ratzen die inwendige Fuͤtterung des Schiffs-
bodens durchgefreſſen hatten; wo denn das
Getreide, welches unſre Ladung ausmachte,
in den untern Kielraum gerathen war und
unſre Pumpen verſtopft hatte. Der Sturm
ward je laͤnger je heftiger, und wir fuͤhlten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="114"/>
wie ich wußte und konnte, eben&#x017F;o, wie vor<lb/>
zwei Jahren; nur gieng es diesmal noch um<lb/>
Vieles wa&#x0364;rmer her. Glu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e dauerte<lb/>
un&#x017F;er Noth&#x017F;tand nur etwa drei Wochen, da<lb/>
denn die Fe&#x017F;tung durch den braven General<lb/>
Werner, wie durch ein Wunder, ent&#x017F;etzt wurde.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;hrend die&#x017F;er Zeit des &#x017F;iebenja&#x0364;hrigen<lb/>
Krieges blieb den preu&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Schiffen und<lb/>
Seeleuten, um ihrem Erwerb nachzugehen,<lb/>
kaum etwas Anderes u&#x0364;brig, als unter der<lb/>
neutralen Danziger Flagge zu fahren. Jn<lb/>
&#x017F;olcher Wei&#x017F;e gieng ich auch im October von<lb/>
Danzig nach Ko&#x0364;nigsberg, und von Ko&#x0364;nigs-<lb/>
berg mit einem Schiffe in See, das nach<lb/>
Am&#x017F;terdam be&#x017F;timmt war und von Karl Chri-<lb/>
&#x017F;tian, einem in Pillau an&#x017F;a&#x0364;ßigen Schiffer,<lb/>
gefu&#x0364;hrt wurde. Jch hatte mich als Steuer-<lb/>
mann verdungen. Es war im November 1760;<lb/>
und &#x017F;o fehlte es in die&#x017F;er vorgeru&#x0364;ckten Jahrs-<lb/>
zeit auch wiederum nicht an ha&#x0364;ufigem Sturm<lb/>
und Unwetter, womit wir be&#x017F;onders in der<lb/>
Nord&#x017F;ee viel zu &#x017F;chaffen hatten.</p><lb/>
        <p>Wir bekamen einen Leck, mit dem es bin-<lb/>
nen kurzem &#x017F;ehr bedenklich wurde, weil die<lb/>
Ratzen die inwendige Fu&#x0364;tterung des Schiffs-<lb/>
bodens durchgefre&#x017F;&#x017F;en hatten; wo denn das<lb/>
Getreide, welches un&#x017F;re Ladung ausmachte,<lb/>
in den untern Kielraum gerathen war und<lb/>
un&#x017F;re Pumpen ver&#x017F;topft hatte. Der Sturm<lb/>
ward je la&#x0364;nger je heftiger, und wir fu&#x0364;hlten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0130] wie ich wußte und konnte, ebenſo, wie vor zwei Jahren; nur gieng es diesmal noch um Vieles waͤrmer her. Gluͤcklicher Weiſe dauerte unſer Nothſtand nur etwa drei Wochen, da denn die Feſtung durch den braven General Werner, wie durch ein Wunder, entſetzt wurde. Waͤhrend dieſer Zeit des ſiebenjaͤhrigen Krieges blieb den preuſſiſchen Schiffen und Seeleuten, um ihrem Erwerb nachzugehen, kaum etwas Anderes uͤbrig, als unter der neutralen Danziger Flagge zu fahren. Jn ſolcher Weiſe gieng ich auch im October von Danzig nach Koͤnigsberg, und von Koͤnigs- berg mit einem Schiffe in See, das nach Amſterdam beſtimmt war und von Karl Chri- ſtian, einem in Pillau anſaͤßigen Schiffer, gefuͤhrt wurde. Jch hatte mich als Steuer- mann verdungen. Es war im November 1760; und ſo fehlte es in dieſer vorgeruͤckten Jahrs- zeit auch wiederum nicht an haͤufigem Sturm und Unwetter, womit wir beſonders in der Nordſee viel zu ſchaffen hatten. Wir bekamen einen Leck, mit dem es bin- nen kurzem ſehr bedenklich wurde, weil die Ratzen die inwendige Fuͤtterung des Schiffs- bodens durchgefreſſen hatten; wo denn das Getreide, welches unſre Ladung ausmachte, in den untern Kielraum gerathen war und unſre Pumpen verſtopft hatte. Der Sturm ward je laͤnger je heftiger, und wir fuͤhlten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/130
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/130>, abgerufen am 22.11.2024.