Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821.

Bild:
<< vorherige Seite

Jch berühre es nur kurz, daß wir, nach-
dem auch unser Schiffer wieder auf die Beine
gekommen, von hier mit Ballast und unter
neutraler Flagge nach der Jnsel Noirmou-
tiers, an der westlichen Küste von Frankreich,
giengen, wo wir eine Ladung Seesalz einnah-
men und uns dann nach Königsberg auf
den Heimweg machten. Leider konnten wir's
im Kanal, in der Nähe von Dover, nicht
vermeiden, nach und nach mit sieben engli-
schen Kapern zusammen zu gerathen. Alle
diese Schnapphähne -- Kerle, mit wahren
Galgen-Physiognomieen, stiegen zu uns an
Bord, und wußten in Allem, was ihnen an-
stand (und ihnen stand fast Alles an!) so
geschickt reinen Tisch zu machen, daß sie es
uns schier unmöglich machten, wieder an
Land und zu Leuten zu kommen. Kessel
und Pfannen, Tauwerk und losgebundene
Segel, Seekarten und Kompaß mußten mit
ihnen wandern. Was der Eine uns ließ,
das nahm der Andre. Ja, endlich zogen sie
uns sogar die Kleider vom Leibe.

Wir hatten eben, Dover gegenüber, bei-
legen müssen, als mir, bei dem letzten uner-
wünschten Zuspruche solcher Art, Einer von
diesen Taugenichtsen, zudringlicher, als die
übrigen Alle, die langen Schifferhosen von
den Beinen streifte. Das hätte ich ver-
schmerzen mögen: aber bei der Gelegenheit

Jch beruͤhre es nur kurz, daß wir, nach-
dem auch unſer Schiffer wieder auf die Beine
gekommen, von hier mit Ballaſt und unter
neutraler Flagge nach der Jnſel Noirmou-
tiers, an der weſtlichen Kuͤſte von Frankreich,
giengen, wo wir eine Ladung Seeſalz einnah-
men und uns dann nach Koͤnigsberg auf
den Heimweg machten. Leider konnten wir’s
im Kanal, in der Naͤhe von Dover, nicht
vermeiden, nach und nach mit ſieben engli-
ſchen Kapern zuſammen zu gerathen. Alle
dieſe Schnapphaͤhne — Kerle, mit wahren
Galgen-Phyſiognomieen, ſtiegen zu uns an
Bord, und wußten in Allem, was ihnen an-
ſtand (und ihnen ſtand faſt Alles an!) ſo
geſchickt reinen Tiſch zu machen, daß ſie es
uns ſchier unmoͤglich machten, wieder an
Land und zu Leuten zu kommen. Keſſel
und Pfannen, Tauwerk und losgebundene
Segel, Seekarten und Kompaß mußten mit
ihnen wandern. Was der Eine uns ließ,
das nahm der Andre. Ja, endlich zogen ſie
uns ſogar die Kleider vom Leibe.

Wir hatten eben, Dover gegenuͤber, bei-
legen muͤſſen, als mir, bei dem letzten uner-
wuͤnſchten Zuſpruche ſolcher Art, Einer von
dieſen Taugenichtſen, zudringlicher, als die
uͤbrigen Alle, die langen Schifferhoſen von
den Beinen ſtreifte. Das haͤtte ich ver-
ſchmerzen moͤgen: aber bei der Gelegenheit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0117" n="101"/>
        <p>Jch beru&#x0364;hre es nur kurz, daß wir, nach-<lb/>
dem auch un&#x017F;er Schiffer wieder auf die Beine<lb/>
gekommen, von hier mit Balla&#x017F;t und unter<lb/>
neutraler Flagge nach der Jn&#x017F;el Noirmou-<lb/>
tiers, an der we&#x017F;tlichen Ku&#x0364;&#x017F;te von Frankreich,<lb/>
giengen, wo wir eine Ladung See&#x017F;alz einnah-<lb/>
men und uns dann nach Ko&#x0364;nigsberg auf<lb/>
den Heimweg machten. Leider konnten wir&#x2019;s<lb/>
im Kanal, in der Na&#x0364;he von Dover, nicht<lb/>
vermeiden, nach und nach mit &#x017F;ieben engli-<lb/>
&#x017F;chen Kapern zu&#x017F;ammen zu gerathen. Alle<lb/>
die&#x017F;e Schnappha&#x0364;hne &#x2014; Kerle, mit wahren<lb/>
Galgen-Phy&#x017F;iognomieen, &#x017F;tiegen zu uns an<lb/>
Bord, und wußten in Allem, was ihnen an-<lb/>
&#x017F;tand (und ihnen &#x017F;tand fa&#x017F;t Alles an!) &#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;chickt reinen Ti&#x017F;ch zu machen, daß &#x017F;ie es<lb/>
uns &#x017F;chier unmo&#x0364;glich machten, wieder an<lb/>
Land und zu Leuten zu kommen. Ke&#x017F;&#x017F;el<lb/>
und Pfannen, Tauwerk und losgebundene<lb/>
Segel, Seekarten und Kompaß mußten mit<lb/>
ihnen wandern. Was der Eine uns ließ,<lb/>
das nahm der Andre. Ja, endlich zogen &#x017F;ie<lb/>
uns &#x017F;ogar die Kleider vom Leibe.</p><lb/>
        <p>Wir hatten eben, Dover gegenu&#x0364;ber, bei-<lb/>
legen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, als mir, bei dem letzten uner-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chten Zu&#x017F;pruche &#x017F;olcher Art, Einer von<lb/>
die&#x017F;en Taugenicht&#x017F;en, zudringlicher, als die<lb/>
u&#x0364;brigen Alle, die langen Schifferho&#x017F;en von<lb/>
den Beinen &#x017F;treifte. Das ha&#x0364;tte ich ver-<lb/>
&#x017F;chmerzen mo&#x0364;gen: aber bei der Gelegenheit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0117] Jch beruͤhre es nur kurz, daß wir, nach- dem auch unſer Schiffer wieder auf die Beine gekommen, von hier mit Ballaſt und unter neutraler Flagge nach der Jnſel Noirmou- tiers, an der weſtlichen Kuͤſte von Frankreich, giengen, wo wir eine Ladung Seeſalz einnah- men und uns dann nach Koͤnigsberg auf den Heimweg machten. Leider konnten wir’s im Kanal, in der Naͤhe von Dover, nicht vermeiden, nach und nach mit ſieben engli- ſchen Kapern zuſammen zu gerathen. Alle dieſe Schnapphaͤhne — Kerle, mit wahren Galgen-Phyſiognomieen, ſtiegen zu uns an Bord, und wußten in Allem, was ihnen an- ſtand (und ihnen ſtand faſt Alles an!) ſo geſchickt reinen Tiſch zu machen, daß ſie es uns ſchier unmoͤglich machten, wieder an Land und zu Leuten zu kommen. Keſſel und Pfannen, Tauwerk und losgebundene Segel, Seekarten und Kompaß mußten mit ihnen wandern. Was der Eine uns ließ, das nahm der Andre. Ja, endlich zogen ſie uns ſogar die Kleider vom Leibe. Wir hatten eben, Dover gegenuͤber, bei- legen muͤſſen, als mir, bei dem letzten uner- wuͤnſchten Zuſpruche ſolcher Art, Einer von dieſen Taugenichtſen, zudringlicher, als die uͤbrigen Alle, die langen Schifferhoſen von den Beinen ſtreifte. Das haͤtte ich ver- ſchmerzen moͤgen: aber bei der Gelegenheit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/117
Zitationshilfe: Nettelbeck, Joachim: Joachim Nettelbeck, Bürger zu Colberg. Bd. 1. Hrsg. v. Johann Christian Ludwig Haken. Leipzig, 1821, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nettelbeck_lebensbeschreibung01_1821/117>, abgerufen am 15.10.2024.