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Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666.

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Siebenjährige Welt-Beschauung.
und Erdhauffen/ woraus zuerkennen/ was die Stadt vordes-
sen einen weiten Umfang müsse gehabt haben. Was sind
doch alle zeitliche Dinge? Nichts/ als lauter Vergängligkeit
davon endlich nur das Zeugnüß zurücke bleibet/ daß sie da ge-
wesen sind und man hernach mit dem Prediger Salomo da-
bey seuffzen und sprechen muß: Es ist alles gantz eitel! Es ist
alles gantz eitel!

Darnach sind wir nach dem Berge der acht Seeligkei-
ten geritten/ unterwegs aber gleich da der Türckische Hotzschi-
lar
auf dem Thurm zu Mittag geschryen/ unten am Berge der
acht Seeligkeiten in ein Dorff kommen/ Hattin genannt und
allda unter Pomerantzen- und Lemonen-Bäumen/ so an die-
sem Orte in grosser Menge gestanden/ ein wenig ausgeruhet
und haben in die 1000. kleine und noch nicht gantz reiffe säuerli-
che Lemonien für 11. Mettin, so ohngefähr ein halber Teutscher
Gülden/ kauffen können. Auch stehen daherum/ weil die Ge-
gend schön eben und fruchtbar ist/ gar viel fruchtbare Oehl-
Bäume.

Um halb Abend sind wir wieder aufgewesen und vollends
auf den Berg der acht Seeligkeiten geritten. Dieser Berg ist
sehr hoch und felsicht iedoch lehn und nicht jeh auf/ und mit viel
starckem stenglichten und theils schilffichten Graß bewachsen.
Und weil der HErr JEsus auf demselben die schöne Predigt/
im 5. Matth beschrieben von den achterley Seeligkeiten ge-
than/ so ist solcher Berg deßwegen genennet worden der Berg
der acht Seeligkeiten in Wellscher Sprache Ill Monte d' otto
Beatitudini,
massen denn an dem Orthe/ wo Christus unter-
wärender solcher Predigt oben auf dem Berge gestanden/ eine
tieffe Grotta, oder Höhle/ da man von oben hinab steigen kan/
wiewol sie nunmehr fast verfallen will. Sehr weit kan man sich
auf diesem Berge umsehen/ denn er gleichsam dreyfach über-

ein-

Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung.
und Erdhauffen/ woraus zuerkennen/ was die Stadt vordeſ-
ſen einen weiten Umfang muͤſſe gehabt haben. Was ſind
doch alle zeitliche Dinge? Nichts/ als lauter Vergaͤngligkeit
davon endlich nur das Zeugnuͤß zuruͤcke bleibet/ daß ſie da ge-
weſen ſind und man hernach mit dem Prediger Salomo da-
bey ſeuffzen und ſprechen muß: Es iſt alles gantz eitel! Es iſt
alles gantz eitel!

Darnach ſind wir nach dem Berge der acht Seeligkei-
ten geritten/ unterwegs aber gleich da der Tuͤrckiſche Hotzſchi-
lar
auf dem Thurm zu Mittag geſchryen/ unten am Berge der
acht Seeligkeiten in ein Dorff kommen/ Hattin genannt und
allda unter Pomerantzen- und Lemonen-Baͤumen/ ſo an die-
ſem Orte in groſſer Menge geſtanden/ ein wenig ausgeruhet
und haben in die 1000. kleine und noch nicht gantz reiffe ſaͤuerli-
che Lemonien fuͤr 11. Mettin, ſo ohngefaͤhr ein halber Teutſcher
Guͤlden/ kauffen koͤnnen. Auch ſtehen daherum/ weil die Ge-
gend ſchoͤn eben und fruchtbar iſt/ gar viel fruchtbare Oehl-
Baͤume.

Um halb Abend ſind wir wieder aufgeweſen und vollends
auf den Berg der acht Seeligkeiten geritten. Dieſer Berg iſt
ſehr hoch und felſicht iedoch lehn und nicht jeh auf/ und mit viel
ſtarckem ſtenglichten und theils ſchilffichten Graß bewachſen.
Und weil der HErr JEſus auf demſelben die ſchoͤne Predigt/
im 5. Matth beſchrieben von den achterley Seeligkeiten ge-
than/ ſo iſt ſolcher Berg deßwegen genennet worden der Berg
der acht Seeligkeiten in Wellſcher Sprache Ill Monte d’ otto
Beatitudini,
maſſen denn an dem Orthe/ wo Chriſtus unter-
waͤrender ſolcher Predigt oben auf dem Berge geſtanden/ eine
tieffe Grotta, oder Hoͤhle/ da man von oben hinab ſteigen kan/
wiewol ſie nunmehr faſt verfallen will. Sehr weit kan man ſich
auf dieſem Berge umſehen/ denn er gleichſam dreyfach uͤber-

ein-
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[282/0288] Siebenjaͤhrige Welt-Beſchauung. und Erdhauffen/ woraus zuerkennen/ was die Stadt vordeſ- ſen einen weiten Umfang muͤſſe gehabt haben. Was ſind doch alle zeitliche Dinge? Nichts/ als lauter Vergaͤngligkeit davon endlich nur das Zeugnuͤß zuruͤcke bleibet/ daß ſie da ge- weſen ſind und man hernach mit dem Prediger Salomo da- bey ſeuffzen und ſprechen muß: Es iſt alles gantz eitel! Es iſt alles gantz eitel! Darnach ſind wir nach dem Berge der acht Seeligkei- ten geritten/ unterwegs aber gleich da der Tuͤrckiſche Hotzſchi- lar auf dem Thurm zu Mittag geſchryen/ unten am Berge der acht Seeligkeiten in ein Dorff kommen/ Hattin genannt und allda unter Pomerantzen- und Lemonen-Baͤumen/ ſo an die- ſem Orte in groſſer Menge geſtanden/ ein wenig ausgeruhet und haben in die 1000. kleine und noch nicht gantz reiffe ſaͤuerli- che Lemonien fuͤr 11. Mettin, ſo ohngefaͤhr ein halber Teutſcher Guͤlden/ kauffen koͤnnen. Auch ſtehen daherum/ weil die Ge- gend ſchoͤn eben und fruchtbar iſt/ gar viel fruchtbare Oehl- Baͤume. Um halb Abend ſind wir wieder aufgeweſen und vollends auf den Berg der acht Seeligkeiten geritten. Dieſer Berg iſt ſehr hoch und felſicht iedoch lehn und nicht jeh auf/ und mit viel ſtarckem ſtenglichten und theils ſchilffichten Graß bewachſen. Und weil der HErr JEſus auf demſelben die ſchoͤne Predigt/ im 5. Matth beſchrieben von den achterley Seeligkeiten ge- than/ ſo iſt ſolcher Berg deßwegen genennet worden der Berg der acht Seeligkeiten in Wellſcher Sprache Ill Monte d’ otto Beatitudini, maſſen denn an dem Orthe/ wo Chriſtus unter- waͤrender ſolcher Predigt oben auf dem Berge geſtanden/ eine tieffe Grotta, oder Hoͤhle/ da man von oben hinab ſteigen kan/ wiewol ſie nunmehr faſt verfallen will. Sehr weit kan man ſich auf dieſem Berge umſehen/ denn er gleichſam dreyfach uͤber- ein-

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Zitationshilfe: Neitzschitz, Georg Christoph von: Sieben-Jährige und gefährliche WeltBeschauung Durch die vornehmsten Drey Theil der Welt Europa/ Asia und Africa. Bautzen, 1666. , S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neitschitz_reise_1666/288>, abgerufen am 22.05.2024.