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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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IV. Theil Anmerckungen
"wegen eigenen Unvermögens, ohne höhere Beyhülffe, nichts auszurichten
"vermögen, durch zugelassene Beschauung solcher gesammleten Wunder der
"Natur und Kunst, und zur Nachahmung der übergebliebenen Antiquitä-
"ten, unter die Arme gegriffen werden."
Zudem ists auch eines ieden Chri-
sten Pflicht, daß er GOttes Wunder nicht verschweigen soll, sondern ein ie-
der ist verbunden, von demjenigen, so ihm GOtt mitgetheilet, seinem Näch-
sten auch einigen Nutzen zuzukehren. Prosp. de Vocatione Gent. sagt: Quae
Deus occulta esse voluit, non sunt scrutanda, quae autem manifesta fe-
cit, non sunt negligenda, ne & in illis illicite curiosi, & in his damnabi-
liter inveniamur ingrati.
Seine Meynung ist diese: Was GOtt ver-
borgen haben will, da sollen wir nicht nachgrüblen, was er uns
aber vor Augen gestellet hat, das sollen wir nicht überhin sehen,
sondern zum gemeinen Besten wohl anwenden, damit wir nicht in
jenen verbotener Weise neugierig, und in diesen verdammlich und
undanckbar erfunden werden.
Jst auch etwas in der Welt vermögend,
die Gemüther curieuser, ja manchmal hoher und mächtiger Personen, von
entfernten Orten zu sich zu ziehen, so sind es warlich wohl angelegte Musea.
So erfahren wir auch offtmals, daß ein Haus eines im Mittel-Stande le-
benden Privat-Mannes dieser Ursache wegen ehe der Visite eines hohen
Potentatens gewürdigt wird, als eines andern vornehmen Mannes Haus,
ob er gleich offt viele tausenden an Geld und Gut besitzt. Die Besuch-und
Betrachtung der Museorum haben ihren vielfältigen Nutzen in der Theo-
logie,
in der Historie und Jurisprudenz; in der Medicin, Philosophie und
Physic schaffen sie einen ungemeinen Nutzen. Und damit ichs kurtz mache,
alle und iede Menschen, Gelehrte zur Fortpflantzung, und Ungelehrte zur
Erlernung der Wissenschafften, Reiche und Arme, Junge und Alte, können
mit Nutzen in Museis frequentiren. Die aber solche besuchen, mögen sich
diese vorgeschriebenen Reguln zur Nachricht und Erbauung dienen lassen:

1) Daß ein ieder in Museis mit rein gewaschenen Händen erscheine, da-
mit, wenn er was subtiles und reines, so keinen Schmutz vertragen
kan, nicht durch Angreiffung mit schmutzigen Händen besudle.
2) Zum andern und vornemlich, da es fremde oder ausländische sind, will
ich erinnert haben, daß sie mit einem honetten und zierlichen Kleide
angethan sind, denn das alte Sprichwort: Vestis ornat virum; ist
bis dato fast durchgehends noch so beliebt, daß ein ieder desto lieber mit
einem wohl-bekleideten Menschen umgehet.
3) Am allermeisten aber muß die innerliche Gemüths-Zierde, als welche
eine äusserliche manierliche Conduite und tugendhaffte Aufführung
mit

IV. Theil Anmerckungen
„wegen eigenen Unvermoͤgens, ohne hoͤhere Beyhuͤlffe, nichts auszurichten
„vermoͤgen, durch zugelaſſene Beſchauung ſolcher geſammleten Wunder der
„Natur und Kunſt, und zur Nachahmung der uͤbergebliebenen Antiquitä-
„ten, unter die Arme gegriffen werden.‟
Zudem iſts auch eines ieden Chri-
ſten Pflicht, daß er GOttes Wunder nicht verſchweigen ſoll, ſondern ein ie-
der iſt verbunden, von demjenigen, ſo ihm GOtt mitgetheilet, ſeinem Naͤch-
ſten auch einigen Nutzen zuzukehren. Proſp. de Vocatione Gent. ſagt: Quæ
Deus occulta eſſe voluit, non ſunt ſcrutanda, quæ autem manifeſta fe-
cit, non ſunt negligenda, ne & in illis illicite curioſi, & in his damnabi-
liter inveniamur ingrati.
Seine Meynung iſt dieſe: Was GOtt ver-
borgen haben will, da ſollen wir nicht nachgruͤblen, was er uns
aber vor Augen geſtellet hat, das ſollen wir nicht uͤberhin ſehen,
ſondern zum gemeinen Beſten wohl anwenden, damit wir nicht in
jenen verbotener Weiſe neugierig, und in dieſen verdammlich und
undanckbar erfunden werden.
Jſt auch etwas in der Welt vermoͤgend,
die Gemuͤther curieuſer, ja manchmal hoher und maͤchtiger Perſonen, von
entfernten Orten zu ſich zu ziehen, ſo ſind es warlich wohl angelegte Muſea.
So erfahren wir auch offtmals, daß ein Haus eines im Mittel-Stande le-
benden Privat-Mannes dieſer Urſache wegen ehe der Viſite eines hohen
Potentatens gewuͤrdigt wird, als eines andern vornehmen Mannes Haus,
ob er gleich offt viele tauſenden an Geld und Gut beſitzt. Die Beſuch-und
Betrachtung der Muſeorum haben ihren vielfaͤltigen Nutzen in der Theo-
logie,
in der Hiſtorie und Jurisprudenz; in der Medicin, Philoſophie und
Phyſic ſchaffen ſie einen ungemeinen Nutzen. Und damit ichs kurtz mache,
alle und iede Menſchen, Gelehrte zur Fortpflantzung, und Ungelehrte zur
Erlernung der Wiſſenſchafften, Reiche und Arme, Junge und Alte, koͤnnen
mit Nutzen in Muſeis frequentiren. Die aber ſolche beſuchen, moͤgen ſich
dieſe vorgeſchriebenen Reguln zur Nachricht und Erbauung dienen laſſen:

1) Daß ein ieder in Muſeis mit rein gewaſchenen Haͤnden erſcheine, da-
mit, wenn er was ſubtiles und reines, ſo keinen Schmutz vertragen
kan, nicht durch Angreiffung mit ſchmutzigen Haͤnden beſudle.
2) Zum andern und vornemlich, da es fremde oder auslaͤndiſche ſind, will
ich erinnert haben, daß ſie mit einem honetten und zierlichen Kleide
angethan ſind, denn das alte Sprichwort: Veſtis ornat virum; iſt
bis dato faſt durchgehends noch ſo beliebt, daß ein ieder deſto lieber mit
einem wohl-bekleideten Menſchen umgehet.
3) Am allermeiſten aber muß die innerliche Gemuͤths-Zierde, als welche
eine aͤuſſerliche manierliche Conduite und tugendhaffte Auffuͤhrung
mit
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[454/0482] IV. Theil Anmerckungen „wegen eigenen Unvermoͤgens, ohne hoͤhere Beyhuͤlffe, nichts auszurichten „vermoͤgen, durch zugelaſſene Beſchauung ſolcher geſammleten Wunder der „Natur und Kunſt, und zur Nachahmung der uͤbergebliebenen Antiquitä- „ten, unter die Arme gegriffen werden.‟ Zudem iſts auch eines ieden Chri- ſten Pflicht, daß er GOttes Wunder nicht verſchweigen ſoll, ſondern ein ie- der iſt verbunden, von demjenigen, ſo ihm GOtt mitgetheilet, ſeinem Naͤch- ſten auch einigen Nutzen zuzukehren. Proſp. de Vocatione Gent. ſagt: Quæ Deus occulta eſſe voluit, non ſunt ſcrutanda, quæ autem manifeſta fe- cit, non ſunt negligenda, ne & in illis illicite curioſi, & in his damnabi- liter inveniamur ingrati. Seine Meynung iſt dieſe: Was GOtt ver- borgen haben will, da ſollen wir nicht nachgruͤblen, was er uns aber vor Augen geſtellet hat, das ſollen wir nicht uͤberhin ſehen, ſondern zum gemeinen Beſten wohl anwenden, damit wir nicht in jenen verbotener Weiſe neugierig, und in dieſen verdammlich und undanckbar erfunden werden. Jſt auch etwas in der Welt vermoͤgend, die Gemuͤther curieuſer, ja manchmal hoher und maͤchtiger Perſonen, von entfernten Orten zu ſich zu ziehen, ſo ſind es warlich wohl angelegte Muſea. So erfahren wir auch offtmals, daß ein Haus eines im Mittel-Stande le- benden Privat-Mannes dieſer Urſache wegen ehe der Viſite eines hohen Potentatens gewuͤrdigt wird, als eines andern vornehmen Mannes Haus, ob er gleich offt viele tauſenden an Geld und Gut beſitzt. Die Beſuch-und Betrachtung der Muſeorum haben ihren vielfaͤltigen Nutzen in der Theo- logie, in der Hiſtorie und Jurisprudenz; in der Medicin, Philoſophie und Phyſic ſchaffen ſie einen ungemeinen Nutzen. Und damit ichs kurtz mache, alle und iede Menſchen, Gelehrte zur Fortpflantzung, und Ungelehrte zur Erlernung der Wiſſenſchafften, Reiche und Arme, Junge und Alte, koͤnnen mit Nutzen in Muſeis frequentiren. Die aber ſolche beſuchen, moͤgen ſich dieſe vorgeſchriebenen Reguln zur Nachricht und Erbauung dienen laſſen: 1) Daß ein ieder in Muſeis mit rein gewaſchenen Haͤnden erſcheine, da- mit, wenn er was ſubtiles und reines, ſo keinen Schmutz vertragen kan, nicht durch Angreiffung mit ſchmutzigen Haͤnden beſudle. 2) Zum andern und vornemlich, da es fremde oder auslaͤndiſche ſind, will ich erinnert haben, daß ſie mit einem honetten und zierlichen Kleide angethan ſind, denn das alte Sprichwort: Veſtis ornat virum; iſt bis dato faſt durchgehends noch ſo beliebt, daß ein ieder deſto lieber mit einem wohl-bekleideten Menſchen umgehet. 3) Am allermeiſten aber muß die innerliche Gemuͤths-Zierde, als welche eine aͤuſſerliche manierliche Conduite und tugendhaffte Auffuͤhrung mit

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/482>, abgerufen am 22.11.2024.