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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

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III. Theil von Bibliothequen.
Stadt von den Schweden eingenommen worden, hieher gebracht worden.
Loccen. Hist. Suec. l. 8. p. 589. Unter andern raren Büchern ist darinn zu
finden ein sehr schöner und vollkommener Alcoran, welcher einsmals einem
gewissen Römischen Kayser von einem Türckischen Sultan verehret wor-
den. Der Codex Argenteus, (das Neue Testament) Ulphilae, mit alten
Gothischen gold- und silbernen Buchstaben geschrieben, ist auch von unge-
meiner Schönheit, das MSctum [fremdsprachliches Material - fehlt] N. T. Ulphilae, der im IVten
Seculo Episcopus Gothorum in Thracia war, ist auf blau seiden Perga-
ment geschrieben, und nachmals in einem schönen Silber-Band eingebun-
den zu sehen. Ausser diesen sind noch viele andere rare MScta allda, welche
der Reichs-Cantzler und Graf de la Gardie dieser Bibliothec publice vereh-
ret. Das vortreffliche Kunst-Stück in derselben Mitte, von der Königin
Ulrica Eleonora dorthin verehret, als auch das rare Müntz-und Curiositäten-
Cabinet, so die Stadt Augspurg König Gustavo Adolpho noch verehret,
geben dieser Bibliothec auch keinen geringen Zierath.

Utrecht

Hat bey ihrer berühmten Universität, welche A. 1636. gestifftet wor-
den, eine feine Bibliothec, von welcher über einem neuen Catalogo ohn-
längst gearbeitet worden. Von Utrecht war auch die hochgelchrte Anna
Maria Schurmannin,
welche für ein rechtes Wunder unserer Zeit passiren
können, die nicht allein fast aller Sprachen kundig war, sondern auch in
Philosophicis, Historicis, Poesie
und Oratorie viele Gelehrte übertrof-
fen; dahero auch die wichtigsten Männer in Europa sich um ihre Corre-
spondenz
beworben, die über dem capable war, alles nach dem Leben ab-
zucopiren, wie sie denn sich selbst abgemahlet, und folgende Verse bey-
gefüget:

Cernitis heic picta nostros in imagine vultus,
Si negat ars formam, gratia vestra dabit.

Zu teutsch:

Hier sehet ihr mein Bild geschildert nach dem Leben,
Doch, was der Kunst gebricht, wird eure Gunst ihm geben.

Sie hat sich auch überaus eigentlich und Wunder- artig in Wachs poussirt,
und darunter folgende nicht weniger artige Verse gesetzt:

Non mihi propositum est, humanam eludere sortem,
Aut vultus solito sculpere in aere meos;
Haec nostra effigies, quam cera expressimus, ecce!
Materiae fragili mox peritura damus.

Das

III. Theil von Bibliothequen.
Stadt von den Schweden eingenommen worden, hieher gebracht worden.
Loccen. Hiſt. Suec. l. 8. p. 589. Unter andern raren Buͤchern iſt darinn zu
finden ein ſehr ſchoͤner und vollkommener Alcoran, welcher einsmals einem
gewiſſen Roͤmiſchen Kayſer von einem Tuͤrckiſchen Sultan verehret wor-
den. Der Codex Argenteus, (das Neue Teſtament) Ulphilæ, mit alten
Gothiſchen gold- und ſilbernen Buchſtaben geſchrieben, iſt auch von unge-
meiner Schoͤnheit, das MSctum [fremdsprachliches Material – fehlt] N. T. Ulphilæ, der im IVten
Seculo Epiſcopus Gothorum in Thracia war, iſt auf blau ſeiden Perga-
ment geſchrieben, und nachmals in einem ſchoͤnen Silber-Band eingebun-
den zu ſehen. Auſſer dieſen ſind noch viele andere rare MScta allda, welche
der Reichs-Cantzler und Graf de la Gardie dieſer Bibliothec publice vereh-
ret. Das vortreffliche Kunſt-Stuͤck in derſelben Mitte, von der Koͤnigin
Ulrica Eleonora dorthin verehret, als auch das rare Muͤntz-und Curioſitäten-
Cabinet, ſo die Stadt Augſpurg Koͤnig Guſtavo Adolpho noch verehret,
geben dieſer Bibliothec auch keinen geringen Zierath.

Utrecht

Hat bey ihrer beruͤhmten Univerſität, welche A. 1636. geſtifftet wor-
den, eine feine Bibliothec, von welcher uͤber einem neuen Catalogo ohn-
laͤngſt gearbeitet worden. Von Utrecht war auch die hochgelchrte Anna
Maria Schurmannin,
welche fuͤr ein rechtes Wunder unſerer Zeit paſſiren
koͤnnen, die nicht allein faſt aller Sprachen kundig war, ſondern auch in
Philoſophicis, Hiſtoricis, Poëſie
und Oratorie viele Gelehrte uͤbertrof-
fen; dahero auch die wichtigſten Maͤnner in Europa ſich um ihre Corre-
ſpondenz
beworben, die uͤber dem capable war, alles nach dem Leben ab-
zucopiren, wie ſie denn ſich ſelbſt abgemahlet, und folgende Verſe bey-
gefuͤget:

Cernitis hîc pictâ noſtros in imagine vultus,
Si negat ars formam, gratia veſtra dabit.

Zu teutſch:

Hier ſehet ihr mein Bild geſchildert nach dem Leben,
Doch, was der Kunſt gebricht, wird eure Gunſt ihm geben.

Sie hat ſich auch uͤberaus eigentlich und Wunder- artig in Wachs pouſſirt,
und darunter folgende nicht weniger artige Verſe geſetzt:

Non mihi propoſitum eſt, humanam eludere ſortem,
Aut vultus ſolito ſculpere in ære meos;
Hæc noſtra effigies, quam cera expreſſimus, ecce!
Materiæ fragili mox peritura damus.

Das
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[350/0378] III. Theil von Bibliothequen. Stadt von den Schweden eingenommen worden, hieher gebracht worden. Loccen. Hiſt. Suec. l. 8. p. 589. Unter andern raren Buͤchern iſt darinn zu finden ein ſehr ſchoͤner und vollkommener Alcoran, welcher einsmals einem gewiſſen Roͤmiſchen Kayſer von einem Tuͤrckiſchen Sultan verehret wor- den. Der Codex Argenteus, (das Neue Teſtament) Ulphilæ, mit alten Gothiſchen gold- und ſilbernen Buchſtaben geſchrieben, iſt auch von unge- meiner Schoͤnheit, das MSctum _ N. T. Ulphilæ, der im IVten Seculo Epiſcopus Gothorum in Thracia war, iſt auf blau ſeiden Perga- ment geſchrieben, und nachmals in einem ſchoͤnen Silber-Band eingebun- den zu ſehen. Auſſer dieſen ſind noch viele andere rare MScta allda, welche der Reichs-Cantzler und Graf de la Gardie dieſer Bibliothec publice vereh- ret. Das vortreffliche Kunſt-Stuͤck in derſelben Mitte, von der Koͤnigin Ulrica Eleonora dorthin verehret, als auch das rare Muͤntz-und Curioſitäten- Cabinet, ſo die Stadt Augſpurg Koͤnig Guſtavo Adolpho noch verehret, geben dieſer Bibliothec auch keinen geringen Zierath. Utrecht Hat bey ihrer beruͤhmten Univerſität, welche A. 1636. geſtifftet wor- den, eine feine Bibliothec, von welcher uͤber einem neuen Catalogo ohn- laͤngſt gearbeitet worden. Von Utrecht war auch die hochgelchrte Anna Maria Schurmannin, welche fuͤr ein rechtes Wunder unſerer Zeit paſſiren koͤnnen, die nicht allein faſt aller Sprachen kundig war, ſondern auch in Philoſophicis, Hiſtoricis, Poëſie und Oratorie viele Gelehrte uͤbertrof- fen; dahero auch die wichtigſten Maͤnner in Europa ſich um ihre Corre- ſpondenz beworben, die uͤber dem capable war, alles nach dem Leben ab- zucopiren, wie ſie denn ſich ſelbſt abgemahlet, und folgende Verſe bey- gefuͤget: Cernitis hîc pictâ noſtros in imagine vultus, Si negat ars formam, gratia veſtra dabit. Zu teutſch: Hier ſehet ihr mein Bild geſchildert nach dem Leben, Doch, was der Kunſt gebricht, wird eure Gunſt ihm geben. Sie hat ſich auch uͤberaus eigentlich und Wunder- artig in Wachs pouſſirt, und darunter folgende nicht weniger artige Verſe geſetzt: Non mihi propoſitum eſt, humanam eludere ſortem, Aut vultus ſolito ſculpere in ære meos; Hæc noſtra effigies, quam cera expreſſimus, ecce! Materiæ fragili mox peritura damus. Das

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Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/378>, abgerufen am 22.11.2024.