DEr weiland berühmte und hochgelehrte Herr Erasmus Roterodamus, ein vortreffliches Museum gehabt, welches nachmalen zu dem Am- merbachischen zu Basel gekommen, beyde aber sind vor einiger Zeit der Uni- versität daselbsten zu Theil worden.
Rom.
Die Jtaliener haben einigen vornehmen Städten in Jtalien gewisse Zunamen beygeleget, wobey sie ihre gewisse Absicht gehabt, als Roma la Santa, das heil. Rom, Napoli la Gentile, das edle Neapel, Venetia la Ricca, das reiche Venedig; Genoua la Superba, das hoffärtige Genua; Milano la gran- da, das grosse Mayland, Fiorenza la bella, das schöne Florentz: Bologna la grassa, das fette Bononien: Ravenna antica, das alte Ravenna; Padoua la dotta. das gelehrte Padua, Cremona la fidele, das getreue Cremona, Mantua la gloriosa, das prächtige Mantua, Brescia l' armata, das bewaffnete Brescia, Verona la degna, oder die würdige, und dergleichen mehr. Rom führet gedachter Massen den Zunamen la Santa, die heilige, Zweifels ohne daher, weil daselbst die Quelle der Römisch-Catholischen Kirche, und der Heilige aller Heiligen, der Vater Pabst, der nicht allein an sich selbst heilig, sondern auch andere canonisiren und zu Heiligen machen kan, in Rom seinen Stul und Sitz hat. Auch nennet man die gantze Versammlung aller Cardinäle das heilige Collegium. Wann dieses alles aber beyseit gesetzet würde, so wäre es die einige in dieser Stadt befindliche Kirche, die nunmehro Santa Maria della Rotunda genannt wird, so vormals aber der Pantheon, oder aller heidnischen Götter Tempel gewesen, deren an der Zahl nach Bruxilli Bericht 280000. sollen vor Alters in diesem Tempel gestanden haben, anitzo aber ist es ein allen Heiligen geweiheter Tempel. Diß sind meines Erachtens die Ursachen und Absichten, warum und woher diese Stadt den Zuna- men der heiligen hat, und sonder Zweifel hat es mit den übrigen an- dern eine gleiche Bewandniß. Da aber dieses nicht zu unserm Zweck gehöret, laß ich solches weiter unberühret. Dieses kommet demselbi- gen wiederum aber nahe bey, daß in dieser heiligen Stadt unzählich viele Heiligthümer oder heilige Reliquien verwahret werden, welche sonder- lich für Religiöse kostbare Raritäten sind, ja diese sind offt mit solchem pre- tiösen Ornat gezieret, daß ein ieglicher überhaupt solche mit Lust zu besehen
suchet.
Von Muſeis II. Theil.
R.
Rotterdam
DEr weiland beruͤhmte und hochgelehrte Herr Eraſmus Roterodamus, ein vortreffliches Muſeum gehabt, welches nachmalen zu dem Am- merbachiſchen zu Baſel gekommen, beyde aber ſind vor einiger Zeit der Uni- verſität daſelbſten zu Theil worden.
Rom.
Die Jtaliener haben einigen vornehmen Staͤdten in Jtalien gewiſſe Zunamen beygeleget, wobey ſie ihre gewiſſe Abſicht gehabt, als Roma la Santa, das heil. Rom, Napoli la Gentile, das edle Neapel, Venetia la Ricca, das reiche Venedig; Genoua la Superba, das hoffaͤrtige Genua; Milano la gran- da, das groſſe Mayland, Fiorenza la bella, das ſchoͤne Florentz: Bologna la graſſa, das fette Bononien: Ravenna antica, das alte Ravenna; Padoua la dotta. das gelehrte Padua, Cremona la fidele, das getreue Cremona, Mantua la glorioſa, das praͤchtige Mantua, Breſcia l’ armata, das bewaffnete Breſcia, Verona la degna, oder die wuͤrdige, und dergleichen mehr. Rom fuͤhret gedachter Maſſen den Zunamen la Santa, die heilige, Zweifels ohne daher, weil daſelbſt die Quelle der Roͤmiſch-Catholiſchen Kirche, und der Heilige aller Heiligen, der Vater Pabſt, der nicht allein an ſich ſelbſt heilig, ſondern auch andere canoniſiren und zu Heiligen machen kan, in Rom ſeinen Stul und Sitz hat. Auch nennet man die gantze Verſammlung aller Cardinaͤle das heilige Collegium. Wann dieſes alles aber beyſeit geſetzet wuͤrde, ſo waͤre es die einige in dieſer Stadt befindliche Kirche, die nunmehro Santa Maria della Rotunda genannt wird, ſo vormals aber der Pantheon, oder aller heidniſchen Goͤtter Tempel geweſen, deren an der Zahl nach Bruxilli Bericht 280000. ſollen vor Alters in dieſem Tempel geſtanden haben, anitzo aber iſt es ein allen Heiligen geweiheter Tempel. Diß ſind meines Erachtens die Urſachen und Abſichten, warum und woher dieſe Stadt den Zuna- men der heiligen hat, und ſonder Zweifel hat es mit den uͤbrigen an- dern eine gleiche Bewandniß. Da aber dieſes nicht zu unſerm Zweck gehoͤret, laß ich ſolches weiter unberuͤhret. Dieſes kommet demſelbi- gen wiederum aber nahe bey, daß in dieſer heiligen Stadt unzaͤhlich viele Heiligthuͤmer oder heilige Reliquien verwahret werden, welche ſonder- lich fuͤr Religiöſe koſtbare Raritaͤten ſind, ja dieſe ſind offt mit ſolchem pre- tiöſen Ornat gezieret, daß ein ieglicher uͤberhaupt ſolche mit Luſt zu beſehen
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Von Muſeis II. Theil.
R.
Rotterdam
DEr weiland beruͤhmte und hochgelehrte Herr Eraſmus Roterodamus,
ein vortreffliches Muſeum gehabt, welches nachmalen zu dem Am-
merbachiſchen zu Baſel gekommen, beyde aber ſind vor einiger Zeit der Uni-
verſität daſelbſten zu Theil worden.
Rom.
Die Jtaliener haben einigen vornehmen Staͤdten in Jtalien gewiſſe
Zunamen beygeleget, wobey ſie ihre gewiſſe Abſicht gehabt, als Roma la Santa,
das heil. Rom, Napoli la Gentile, das edle Neapel, Venetia la Ricca, das
reiche Venedig; Genoua la Superba, das hoffaͤrtige Genua; Milano la gran-
da, das groſſe Mayland, Fiorenza la bella, das ſchoͤne Florentz: Bologna la
graſſa, das fette Bononien: Ravenna antica, das alte Ravenna; Padoua la
dotta. das gelehrte Padua, Cremona la fidele, das getreue Cremona, Mantua
la glorioſa, das praͤchtige Mantua, Breſcia l’ armata, das bewaffnete Breſcia,
Verona la degna, oder die wuͤrdige, und dergleichen mehr. Rom fuͤhret
gedachter Maſſen den Zunamen la Santa, die heilige, Zweifels ohne daher,
weil daſelbſt die Quelle der Roͤmiſch-Catholiſchen Kirche, und der Heilige
aller Heiligen, der Vater Pabſt, der nicht allein an ſich ſelbſt heilig, ſondern
auch andere canoniſiren und zu Heiligen machen kan, in Rom ſeinen Stul
und Sitz hat. Auch nennet man die gantze Verſammlung aller Cardinaͤle
das heilige Collegium. Wann dieſes alles aber beyſeit geſetzet wuͤrde, ſo
waͤre es die einige in dieſer Stadt befindliche Kirche, die nunmehro Santa
Maria della Rotunda genannt wird, ſo vormals aber der Pantheon, oder aller
heidniſchen Goͤtter Tempel geweſen, deren an der Zahl nach Bruxilli Bericht
280000. ſollen vor Alters in dieſem Tempel geſtanden haben, anitzo aber iſt
es ein allen Heiligen geweiheter Tempel. Diß ſind meines Erachtens die
Urſachen und Abſichten, warum und woher dieſe Stadt den Zuna-
men der heiligen hat, und ſonder Zweifel hat es mit den uͤbrigen an-
dern eine gleiche Bewandniß. Da aber dieſes nicht zu unſerm Zweck
gehoͤret, laß ich ſolches weiter unberuͤhret. Dieſes kommet demſelbi-
gen wiederum aber nahe bey, daß in dieſer heiligen Stadt unzaͤhlich
viele Heiligthuͤmer oder heilige Reliquien verwahret werden, welche ſonder-
lich fuͤr Religiöſe koſtbare Raritaͤten ſind, ja dieſe ſind offt mit ſolchem pre-
tiöſen Ornat gezieret, daß ein ieglicher uͤberhaupt ſolche mit Luſt zu beſehen
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Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/238>, abgerufen am 29.07.2024.
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