Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

D. Johann Kanolds Vorbericht.
kan ich auf keine Weise verneinen/ daß derselben noch ein und
andre Mängel ausgesetzet werden dürfften, wie es denn auch der
Augenschein selbst weiset, und der Hr. A. nicht in Abrede ist. Denn
man wird leichtlich bemercken können, daß von manchem Museo
allzuwenig gesagt worden: Ferner wird es sich zeigen, daß der
Hr. A. die meisten Notizen aus andern Schrifften gezogen, die
wenigsten aber aus eigener Besichtigung genommen; anbey die
Fontes selten allegiret: Item, daß auch im ersten Theile grossen
theils solche (besonders privat-) Cabinetter angeführet werden,
die vor verschiedenen Jahren berühmt gewesen, itzo aber nicht
mehr vorhanden; da hingegen viele der allerneuesten, so heut zu
Tage im Flor seyn, nicht berühret werden: Item, daß mancher
Articul nicht nur allzuweitläufftig abgehandelt, sondern auch
mit allerhand Erzehlungen oneriret worden, die so eigentlich in
diese Circulos nicht gehören, z. E. mit Bemerckung allerley No-
tabilium
von Städten, derer Reliquien, derer Antiquitäten, der
Königlichen Ornate, Schätze etc. und was dergleichen mehr seyn
möchte.

Doch es ist auch gleichwol zu billiger Excusation anzuneh-
men, daß gewiß auch kein Gelehrter in Erläuterung eines
solchen Catalogi von allen und ieden Stücken einen gleich reich-
lichen Vorrath von Materie haben wird: Welches unserm Hrn.
A. um desto weniger zu verüblen, ie mehr er sein Absehen auf
Anfänger dieses Studii, und grossen theils auf Illiteratos gerich-
tet zu haben frey bekennet; denen beyderseits diese Nachrichten
zulänglich und annehmlich seyn können: Zu geschweigen, daß
auch viele Literati ihren billigen Theil daran nehmen können.
Daß der Hr. A. auch nicht alle, oder die meisten Cabinetter selbst
gesehen; solches kan bey ihm so wenig ein Fehler seyn, als bey
einem Geographo, der viel 100. und 1000. Städte und ihre No-
tabilia
beschreibet, aber vielleicht deren kaum 10. oder 20. sein Le-
betage gesehen. Die Unterlassung derer Allegatorum kan der
in fine annectirte Catalogus Scriptorum excusiren. Daß man-
ches Cabinet für ein noch stehendes angegeben worden, was doch

schon
b

D. Johann Kanolds Vorbericht.
kan ich auf keine Weiſe verneinen/ daß derſelben noch ein und
andre Maͤngel ausgeſetzet werden duͤrfften, wie es denn auch der
Augenſchein ſelbſt weiſet, und der Hr. A. nicht in Abrede iſt. Denn
man wird leichtlich bemercken koͤnnen, daß von manchem Muſeo
allzuwenig geſagt worden: Ferner wird es ſich zeigen, daß der
Hr. A. die meiſten Notizen aus andern Schrifften gezogen, die
wenigſten aber aus eigener Beſichtigung genommen; anbey die
Fontes ſelten allegiret: Item, daß auch im erſten Theile groſſen
theils ſolche (beſonders privat-) Cabinetter angefuͤhret werden,
die vor verſchiedenen Jahren beruͤhmt geweſen, itzo aber nicht
mehr vorhanden; da hingegen viele der allerneueſten, ſo heut zu
Tage im Flor ſeyn, nicht beruͤhret werden: Item, daß mancher
Articul nicht nur allzuweitlaͤufftig abgehandelt, ſondern auch
mit allerhand Erzehlungen oneriret worden, die ſo eigentlich in
dieſe Circulos nicht gehoͤren, z. E. mit Bemerckung allerley No-
tabilium
von Staͤdten, derer Reliquien, derer Antiquitäten, der
Koͤniglichen Ornate, Schaͤtze ꝛc. und was dergleichen mehr ſeyn
moͤchte.

Doch es iſt auch gleichwol zu billiger Excuſation anzuneh-
men, daß gewiß auch kein Gelehrter in Erlaͤuterung eines
ſolchen Catalogi von allen und ieden Stuͤcken einen gleich reich-
lichen Vorrath von Materie haben wird: Welches unſerm Hrn.
A. um deſto weniger zu veruͤblen, ie mehr er ſein Abſehen auf
Anfaͤnger dieſes Studii, und groſſen theils auf Illiteratos gerich-
tet zu haben frey bekennet; denen beyderſeits dieſe Nachrichten
zulaͤnglich und annehmlich ſeyn koͤnnen: Zu geſchweigen, daß
auch viele Literati ihren billigen Theil daran nehmen koͤnnen.
Daß der Hr. A. auch nicht alle, oder die meiſten Cabinetter ſelbſt
geſehen; ſolches kan bey ihm ſo wenig ein Fehler ſeyn, als bey
einem Geographo, der viel 100. und 1000. Staͤdte und ihre No-
tabilia
beſchreibet, aber vielleicht deren kaum 10. oder 20. ſein Le-
betage geſehen. Die Unterlaſſung derer Allegatorum kan der
in fine annectirte Catalogus Scriptorum excuſiren. Daß man-
ches Cabinet fuͤr ein noch ſtehendes angegeben worden, was doch

ſchon
b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">D.</hi> Johann Kanolds Vorbericht.</fw><lb/>
kan ich auf keine Wei&#x017F;e verneinen/ daß der&#x017F;elben noch ein und<lb/>
andre Ma&#x0364;ngel ausge&#x017F;etzet werden du&#x0364;rfften, wie es denn auch der<lb/>
Augen&#x017F;chein &#x017F;elb&#x017F;t wei&#x017F;et, und der Hr. <hi rendition="#aq">A.</hi> nicht in Abrede i&#x017F;t. Denn<lb/>
man wird leichtlich bemercken ko&#x0364;nnen, daß von manchem <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;eo</hi><lb/>
allzuwenig ge&#x017F;agt worden: Ferner wird es &#x017F;ich zeigen, daß der<lb/>
Hr. <hi rendition="#aq">A.</hi> die mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Notiz</hi>en aus andern Schrifften gezogen, die<lb/>
wenig&#x017F;ten aber aus eigener Be&#x017F;ichtigung genommen; anbey die<lb/><hi rendition="#aq">Fontes</hi> &#x017F;elten <hi rendition="#aq">allegi</hi>ret: <hi rendition="#aq">Item,</hi> daß auch im er&#x017F;ten Theile gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
theils &#x017F;olche (be&#x017F;onders <hi rendition="#aq">privat-</hi>) <hi rendition="#aq">Cabinett</hi>er angefu&#x0364;hret werden,<lb/>
die vor ver&#x017F;chiedenen Jahren beru&#x0364;hmt gewe&#x017F;en, itzo aber nicht<lb/>
mehr vorhanden; da hingegen viele der allerneue&#x017F;ten, &#x017F;o heut zu<lb/>
Tage im <hi rendition="#aq">Flor</hi> &#x017F;eyn, nicht beru&#x0364;hret werden: <hi rendition="#aq">Item,</hi> daß mancher<lb/><hi rendition="#aq">Articul</hi> nicht nur allzuweitla&#x0364;ufftig abgehandelt, &#x017F;ondern auch<lb/>
mit allerhand Erzehlungen <hi rendition="#aq">oneri</hi>ret worden, die &#x017F;o eigentlich in<lb/>
die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Circulos</hi> nicht geho&#x0364;ren, z. E. mit Bemerckung allerley <hi rendition="#aq">No-<lb/>
tabilium</hi> von Sta&#x0364;dten, derer <hi rendition="#aq">Reliqui</hi>en, derer <hi rendition="#aq">Antiquitä</hi>ten, der<lb/>
Ko&#x0364;niglichen <hi rendition="#aq">Ornat</hi>e, Scha&#x0364;tze &#xA75B;c. und was dergleichen mehr &#x017F;eyn<lb/>
mo&#x0364;chte.</p><lb/>
        <p>Doch es i&#x017F;t auch gleichwol zu billiger <hi rendition="#aq">Excu&#x017F;ation</hi> anzuneh-<lb/>
men, daß gewiß auch kein Gelehrter in Erla&#x0364;uterung eines<lb/>
&#x017F;olchen <hi rendition="#aq">Catalogi</hi> von allen und ieden Stu&#x0364;cken einen gleich reich-<lb/>
lichen Vorrath von Materie haben wird: Welches un&#x017F;erm Hrn.<lb/><hi rendition="#aq">A.</hi> um de&#x017F;to weniger zu veru&#x0364;blen, ie mehr er &#x017F;ein Ab&#x017F;ehen auf<lb/>
Anfa&#x0364;nger die&#x017F;es <hi rendition="#aq">Studii,</hi> und gro&#x017F;&#x017F;en theils auf <hi rendition="#aq">Illiteratos</hi> gerich-<lb/>
tet zu haben frey bekennet; denen beyder&#x017F;eits die&#x017F;e Nachrichten<lb/>
zula&#x0364;nglich und annehmlich &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen: Zu ge&#x017F;chweigen, daß<lb/>
auch viele <hi rendition="#aq">Literati</hi> ihren billigen Theil daran nehmen ko&#x0364;nnen.<lb/>
Daß der Hr. <hi rendition="#aq">A.</hi> auch nicht alle, oder die mei&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Cabinett</hi>er &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;ehen; &#x017F;olches kan bey ihm &#x017F;o wenig ein Fehler &#x017F;eyn, als bey<lb/>
einem <hi rendition="#aq">Geographo,</hi> der viel 100. und 1000. Sta&#x0364;dte und ihre <hi rendition="#aq">No-<lb/>
tabilia</hi> be&#x017F;chreibet, aber vielleicht deren kaum 10. oder 20. &#x017F;ein Le-<lb/>
betage ge&#x017F;ehen. Die Unterla&#x017F;&#x017F;ung derer <hi rendition="#aq">Allegatorum</hi> kan der<lb/><hi rendition="#aq">in fine annectir</hi>te <hi rendition="#aq">Catalogus Scriptorum excu&#x017F;i</hi>ren. Daß man-<lb/>
ches <hi rendition="#aq">Cabinet</hi> fu&#x0364;r ein noch &#x017F;tehendes angegeben worden, was doch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chon</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0013] D. Johann Kanolds Vorbericht. kan ich auf keine Weiſe verneinen/ daß derſelben noch ein und andre Maͤngel ausgeſetzet werden duͤrfften, wie es denn auch der Augenſchein ſelbſt weiſet, und der Hr. A. nicht in Abrede iſt. Denn man wird leichtlich bemercken koͤnnen, daß von manchem Muſeo allzuwenig geſagt worden: Ferner wird es ſich zeigen, daß der Hr. A. die meiſten Notizen aus andern Schrifften gezogen, die wenigſten aber aus eigener Beſichtigung genommen; anbey die Fontes ſelten allegiret: Item, daß auch im erſten Theile groſſen theils ſolche (beſonders privat-) Cabinetter angefuͤhret werden, die vor verſchiedenen Jahren beruͤhmt geweſen, itzo aber nicht mehr vorhanden; da hingegen viele der allerneueſten, ſo heut zu Tage im Flor ſeyn, nicht beruͤhret werden: Item, daß mancher Articul nicht nur allzuweitlaͤufftig abgehandelt, ſondern auch mit allerhand Erzehlungen oneriret worden, die ſo eigentlich in dieſe Circulos nicht gehoͤren, z. E. mit Bemerckung allerley No- tabilium von Staͤdten, derer Reliquien, derer Antiquitäten, der Koͤniglichen Ornate, Schaͤtze ꝛc. und was dergleichen mehr ſeyn moͤchte. Doch es iſt auch gleichwol zu billiger Excuſation anzuneh- men, daß gewiß auch kein Gelehrter in Erlaͤuterung eines ſolchen Catalogi von allen und ieden Stuͤcken einen gleich reich- lichen Vorrath von Materie haben wird: Welches unſerm Hrn. A. um deſto weniger zu veruͤblen, ie mehr er ſein Abſehen auf Anfaͤnger dieſes Studii, und groſſen theils auf Illiteratos gerich- tet zu haben frey bekennet; denen beyderſeits dieſe Nachrichten zulaͤnglich und annehmlich ſeyn koͤnnen: Zu geſchweigen, daß auch viele Literati ihren billigen Theil daran nehmen koͤnnen. Daß der Hr. A. auch nicht alle, oder die meiſten Cabinetter ſelbſt geſehen; ſolches kan bey ihm ſo wenig ein Fehler ſeyn, als bey einem Geographo, der viel 100. und 1000. Staͤdte und ihre No- tabilia beſchreibet, aber vielleicht deren kaum 10. oder 20. ſein Le- betage geſehen. Die Unterlaſſung derer Allegatorum kan der in fine annectirte Catalogus Scriptorum excuſiren. Daß man- ches Cabinet fuͤr ein noch ſtehendes angegeben worden, was doch ſchon b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/13
Zitationshilfe: Neickel, Kaspar Friedrich [i. e. Jencquel, Kaspar Friedrich]; Kanold, Johann: Museographia oder Anleitung zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum, oder Raritäten-Kammern. Leipzig u. a., 1727, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/neickel_museographia_1727/13>, abgerufen am 24.11.2024.