der Gemeinschaft selbst, die in ihm ihre Geschichte dem in sie hineinwachsenden Geschlecht erzählt, zur Voraussetzung hat; eine Voraussetzung, die zu ersetzen der Unterricht -- zumal der bloss erzählende -- bei weitem zu schwach ist. Sagt Herbart, an sich unanfechtbar, dass der Unterricht, wie im Theoretischen die "Erfahrung", so im Praktischen den "Um- gang" (welchen etwas matten Ausdruck wir durch den gehalt- volleren Begriff der Gemeinschaft ersetzen würden) ergänzen müsse, so verfehlt er selbst nicht sich den Einwurf zu machen: es sei, wenn der Unterricht Erfahrung und Umgang ersetzen müsste, "als ob man des Tages entbehren und sich mit Kerzenlicht begnügen sollte"; ein Einwurf, der in seinen weiteren Erörterungen durch nichts entkräftet wird. Die Un- möglichkeit, das, was das Leben selbst vermissen lässt, im Unterricht durch poetische Darstellung zu ersetzen, lässt sich nicht einmal vergleichen mit dem Abstand zwischen Tages- und Kerzenlicht; es ist ein Unterschied der Art und nicht nur des Grades. Was man in noch so lebendiger Phantasie durchmacht, erlebt man nicht, im gleichen Sinne wie das, was man als wahr und wirklich zu schmecken bekommt; man weiss einmal, es geht nicht an den Hals.
Also der Geschichtsunterricht vermag das, was von ethischer Wirkung überhaupt in seinem Bereich liegt, nur auf dem Grunde eines wahren Gemeinschaftslebens zu leisten. Wäre diese Bedingung voraus erfüllt, so würde es ihm dann an der Begeisterung und Lebenswärme von selbst nicht fehlen, die man ihm jetzt vergeblich vom grünen Tisch verordnet. Sie würde dann unmittelbar aus der Sache fliessen, der reifere Schüler wenigstens würde, wenn vom Volkstum die Rede ist, sich von Haus aus auf vertrautem und liebem, heimischem Boden finden. Es würde zugleich in ganz anderem Maasse die erziehende Wirkung zur Geltung kommen und auch für den Geschichtsunterricht sich fruchtbar machen lassen, welche im Leben der Schule selbst, als einer eigenen Form der Ge- meinschaft in der Mitte zwischen Familien- und Volksgemein- schaft, liegt. Gemeinsame Leibesübung, besonders Waffendienst, Wettspiele, Festfeiern, alles würde in einer und derselben
der Gemeinschaft selbst, die in ihm ihre Geschichte dem in sie hineinwachsenden Geschlecht erzählt, zur Voraussetzung hat; eine Voraussetzung, die zu ersetzen der Unterricht — zumal der bloss erzählende — bei weitem zu schwach ist. Sagt Herbart, an sich unanfechtbar, dass der Unterricht, wie im Theoretischen die „Erfahrung“, so im Praktischen den „Um- gang“ (welchen etwas matten Ausdruck wir durch den gehalt- volleren Begriff der Gemeinschaft ersetzen würden) ergänzen müsse, so verfehlt er selbst nicht sich den Einwurf zu machen: es sei, wenn der Unterricht Erfahrung und Umgang ersetzen müsste, „als ob man des Tages entbehren und sich mit Kerzenlicht begnügen sollte“; ein Einwurf, der in seinen weiteren Erörterungen durch nichts entkräftet wird. Die Un- möglichkeit, das, was das Leben selbst vermissen lässt, im Unterricht durch poetische Darstellung zu ersetzen, lässt sich nicht einmal vergleichen mit dem Abstand zwischen Tages- und Kerzenlicht; es ist ein Unterschied der Art und nicht nur des Grades. Was man in noch so lebendiger Phantasie durchmacht, erlebt man nicht, im gleichen Sinne wie das, was man als wahr und wirklich zu schmecken bekommt; man weiss einmal, es geht nicht an den Hals.
Also der Geschichtsunterricht vermag das, was von ethischer Wirkung überhaupt in seinem Bereich liegt, nur auf dem Grunde eines wahren Gemeinschaftslebens zu leisten. Wäre diese Bedingung voraus erfüllt, so würde es ihm dann an der Begeisterung und Lebenswärme von selbst nicht fehlen, die man ihm jetzt vergeblich vom grünen Tisch verordnet. Sie würde dann unmittelbar aus der Sache fliessen, der reifere Schüler wenigstens würde, wenn vom Volkstum die Rede ist, sich von Haus aus auf vertrautem und liebem, heimischem Boden finden. Es würde zugleich in ganz anderem Maasse die erziehende Wirkung zur Geltung kommen und auch für den Geschichtsunterricht sich fruchtbar machen lassen, welche im Leben der Schule selbst, als einer eigenen Form der Ge- meinschaft in der Mitte zwischen Familien- und Volksgemein- schaft, liegt. Gemeinsame Leibesübung, besonders Waffendienst, Wettspiele, Festfeiern, alles würde in einer und derselben
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der Gemeinschaft selbst, die in ihm ihre Geschichte dem in
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Herbart, an sich unanfechtbar, dass der Unterricht, wie im
Theoretischen die „Erfahrung“, so im Praktischen den „Um-
gang“ (welchen etwas matten Ausdruck wir durch den gehalt-
volleren Begriff der Gemeinschaft ersetzen würden) ergänzen
müsse, so verfehlt er selbst nicht sich den Einwurf zu machen:
es sei, wenn der Unterricht Erfahrung und Umgang ersetzen
müsste, „als ob man des Tages entbehren und sich mit
Kerzenlicht begnügen sollte“; ein Einwurf, der in seinen
weiteren Erörterungen durch nichts entkräftet wird. Die Un-
möglichkeit, das, was das Leben selbst vermissen lässt, im
Unterricht durch poetische Darstellung zu ersetzen, lässt
sich nicht einmal vergleichen mit dem Abstand zwischen Tages-
und Kerzenlicht; es ist ein Unterschied der Art und nicht
nur des Grades. Was man in noch so lebendiger Phantasie
durchmacht, erlebt man nicht, im gleichen Sinne wie das, was
man als wahr und wirklich zu schmecken bekommt; man weiss
einmal, es geht nicht an den Hals.
Also der Geschichtsunterricht vermag das, was von ethischer
Wirkung überhaupt in seinem Bereich liegt, nur auf dem
Grunde eines wahren Gemeinschaftslebens zu leisten.
Wäre diese Bedingung voraus erfüllt, so würde es ihm dann
an der Begeisterung und Lebenswärme von selbst nicht fehlen,
die man ihm jetzt vergeblich vom grünen Tisch verordnet. Sie
würde dann unmittelbar aus der Sache fliessen, der reifere
Schüler wenigstens würde, wenn vom Volkstum die Rede ist,
sich von Haus aus auf vertrautem und liebem, heimischem
Boden finden. Es würde zugleich in ganz anderem Maasse die
erziehende Wirkung zur Geltung kommen und auch für den
Geschichtsunterricht sich fruchtbar machen lassen, welche im
Leben der Schule selbst, als einer eigenen Form der Ge-
meinschaft in der Mitte zwischen Familien- und Volksgemein-
schaft, liegt. Gemeinsame Leibesübung, besonders Waffendienst,
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Natorp, Paul: Sozialpädagogik. Stuttgart, 1899, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/natorp_sozialpaedagogik_1899/309>, abgerufen am 25.11.2024.
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