Augen des kleinen Mädchens aus der Heimath an. So hatte er noch ganz kürzlich vor einer Höhe am Thüringer Walde gesessen; jetzt war er ja seiner Hei¬ math so nahe, jetzt war aus dem Jüngling ein Mann geworden und er durfte an eine Gestaltung seiner Zu¬ kunft denken. Sein Vater war alt, seit vergangenem Winter plagte ihn dazu ein Brustübel, er konnte dem Handwerk nicht mehr vorstehen, es fehlte an allen Enden, und Fritz mußte des Vaters dringenden Auf¬ forderungen zur Rückkehr folgen. Er that es auch gern, er war nun 25 Jahr alt, nach dem langen Umherwandern und heimathlosen Leben sollte es ihm zu Hause wohl behagen. Er sollte nun Meister wer¬ den und dem Haus, dem Acker und der Kundschaft allein vorstehen. Dazu gehörte auch nothwendig eine Hausfrau, und der Gedanke war es, der ihm be¬ sonders an das Herz ging. Und als er sich diese Haus¬ frau dachte, so war sie schlank, mit lichtbraunem Haar und dunkelblauen Augen. Mit so schönen Ahnungen verließ er den Thüringer Wald und wanderte einige Tage später durch die Thore seiner Vaterstadt. Es war spät des Sonnabends Abends; sein Vater saß schwach und krank im Lehnstuhl, aber Dank- und Freu¬ denthränen glänzten in seinen Augen, als der Sohn nach so langer Abwesenheit wieder in die Thür trat, und Fritz mußte ihm am selbigen Abend noch das Buch Hiob und den 136. Psalm vorlesen.
Der alte Vater war trotz der Brustschwäche sehr gesprächig, und in seiner Gesprächigkeit konnte er es nicht lassen, von seiner und der Frau Bendler liebsten Hoffnung zu reden, nämlich daß Gretchen möchte hier
Augen des kleinen Mädchens aus der Heimath an. So hatte er noch ganz kürzlich vor einer Höhe am Thüringer Walde geſeſſen; jetzt war er ja ſeiner Hei¬ math ſo nahe, jetzt war aus dem Jüngling ein Mann geworden und er durfte an eine Geſtaltung ſeiner Zu¬ kunft denken. Sein Vater war alt, ſeit vergangenem Winter plagte ihn dazu ein Bruſtübel, er konnte dem Handwerk nicht mehr vorſtehen, es fehlte an allen Enden, und Fritz mußte des Vaters dringenden Auf¬ forderungen zur Rückkehr folgen. Er that es auch gern, er war nun 25 Jahr alt, nach dem langen Umherwandern und heimathloſen Leben ſollte es ihm zu Hauſe wohl behagen. Er ſollte nun Meiſter wer¬ den und dem Haus, dem Acker und der Kundſchaft allein vorſtehen. Dazu gehörte auch nothwendig eine Hausfrau, und der Gedanke war es, der ihm be¬ ſonders an das Herz ging. Und als er ſich dieſe Haus¬ frau dachte, ſo war ſie ſchlank, mit lichtbraunem Haar und dunkelblauen Augen. Mit ſo ſchönen Ahnungen verließ er den Thüringer Wald und wanderte einige Tage ſpäter durch die Thore ſeiner Vaterſtadt. Es war ſpät des Sonnabends Abends; ſein Vater ſaß ſchwach und krank im Lehnſtuhl, aber Dank- und Freu¬ denthränen glänzten in ſeinen Augen, als der Sohn nach ſo langer Abweſenheit wieder in die Thür trat, und Fritz mußte ihm am ſelbigen Abend noch das Buch Hiob und den 136. Pſalm vorleſen.
Der alte Vater war trotz der Bruſtſchwäche ſehr geſprächig, und in ſeiner Geſprächigkeit konnte er es nicht laſſen, von ſeiner und der Frau Bendler liebſten Hoffnung zu reden, nämlich daß Gretchen möchte hier
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Augen des kleinen Mädchens aus der Heimath an.
So hatte er noch ganz kürzlich vor einer Höhe am
Thüringer Walde geſeſſen; jetzt war er ja ſeiner Hei¬
math ſo nahe, jetzt war aus dem Jüngling ein Mann
geworden und er durfte an eine Geſtaltung ſeiner Zu¬
kunft denken. Sein Vater war alt, ſeit vergangenem
Winter plagte ihn dazu ein Bruſtübel, er konnte dem
Handwerk nicht mehr vorſtehen, es fehlte an allen
Enden, und Fritz mußte des Vaters dringenden Auf¬
forderungen zur Rückkehr folgen. Er that es auch
gern, er war nun 25 Jahr alt, nach dem langen
Umherwandern und heimathloſen Leben ſollte es ihm
zu Hauſe wohl behagen. Er ſollte nun Meiſter wer¬
den und dem Haus, dem Acker und der Kundſchaft
allein vorſtehen. Dazu gehörte auch nothwendig eine
Hausfrau, und der Gedanke war es, der ihm be¬
ſonders an das Herz ging. Und als er ſich dieſe Haus¬
frau dachte, ſo war ſie ſchlank, mit lichtbraunem Haar
und dunkelblauen Augen. Mit ſo ſchönen Ahnungen
verließ er den Thüringer Wald und wanderte einige
Tage ſpäter durch die Thore ſeiner Vaterſtadt. Es
war ſpät des Sonnabends Abends; ſein Vater ſaß
ſchwach und krank im Lehnſtuhl, aber Dank- und Freu¬
denthränen glänzten in ſeinen Augen, als der Sohn
nach ſo langer Abweſenheit wieder in die Thür trat,
und Fritz mußte ihm am ſelbigen Abend noch das
Buch Hiob und den 136. Pſalm vorleſen.
Der alte Vater war trotz der Bruſtſchwäche ſehr
geſprächig, und in ſeiner Geſprächigkeit konnte er es
nicht laſſen, von ſeiner und der Frau Bendler liebſten
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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/26>, abgerufen am 16.07.2024.
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