zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe seines Heilandes gehalten. Das bewahrte ihn vor manchem Elend und manchem Unheil des Wanderle¬ bens. Es führte ihn nie dahin, wo wilde Gelage und Raufereien waren, er suchte nie seine Freunde unter dergleichen Gesellen; so blieb er an Leib und Seele rein, hatte auch immer Geld im Beutel, denn weil er ein braver Geselle war, fand er auch immer gute Meister. Und auch Freunde fand er, die mit ihm dieselbe Straße zogen, die mit ihm den Herrn lieb hatten; selten verließ er eine Stadt, daß er nicht mit Wehmuth darauf zurück sah, weil er Freunde für sein Herz und seine Fürbitte darin gewonnen. Und kam er zu Leuten, die ihn nicht verstanden, die sei¬ ner spotteten, ihn zu verführen suchten, so waren auch das heilsame Tage für ihn, Tage des Kummers und der Prüfung, in denen er noch mehr die Nähe des Trösters, seine Liebe und Gnade fühlte. So ward seine Seele immer fester, seine Erfahrung im¬ mer reicher, seine Hände immer geschickter. Und wie war es mit seinem Herzen? Das durfte sich auch zu¬ weilen regen. Wenn er an einem schönen Sommer¬ abend auf der Höhe am Rand des Waldes saß, die Sonne legte ihr Gold über die Gegend hin, Duft zog über Städte und Dörfer, die Abendluft wehte weich in den Zweigen und in den Blumen rund um, am Grasrain dort zog der Schäfer langsam mit der Heerde, und die Schwalben hoch oben am lichtblauen Himmel: -- da ward es ihm so wunderbar sehnsuchts¬ voll zu Sinne, und durch Abendgold und Duft und Schönheit und Stille schauten ihn die dunkelblauen
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zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe ſeines Heilandes gehalten. Das bewahrte ihn vor manchem Elend und manchem Unheil des Wanderle¬ bens. Es führte ihn nie dahin, wo wilde Gelage und Raufereien waren, er ſuchte nie ſeine Freunde unter dergleichen Geſellen; ſo blieb er an Leib und Seele rein, hatte auch immer Geld im Beutel, denn weil er ein braver Geſelle war, fand er auch immer gute Meiſter. Und auch Freunde fand er, die mit ihm dieſelbe Straße zogen, die mit ihm den Herrn lieb hatten; ſelten verließ er eine Stadt, daß er nicht mit Wehmuth darauf zurück ſah, weil er Freunde für ſein Herz und ſeine Fürbitte darin gewonnen. Und kam er zu Leuten, die ihn nicht verſtanden, die ſei¬ ner ſpotteten, ihn zu verführen ſuchten, ſo waren auch das heilſame Tage für ihn, Tage des Kummers und der Prüfung, in denen er noch mehr die Nähe des Tröſters, ſeine Liebe und Gnade fühlte. So ward ſeine Seele immer feſter, ſeine Erfahrung im¬ mer reicher, ſeine Hände immer geſchickter. Und wie war es mit ſeinem Herzen? Das durfte ſich auch zu¬ weilen regen. Wenn er an einem ſchönen Sommer¬ abend auf der Höhe am Rand des Waldes ſaß, die Sonne legte ihr Gold über die Gegend hin, Duft zog über Städte und Dörfer, die Abendluft wehte weich in den Zweigen und in den Blumen rund um, am Grasrain dort zog der Schäfer langſam mit der Heerde, und die Schwalben hoch oben am lichtblauen Himmel: — da ward es ihm ſo wunderbar ſehnſuchts¬ voll zu Sinne, und durch Abendgold und Duft und Schönheit und Stille ſchauten ihn die dunkelblauen
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zu trinken, hatte es mit Gottes Gnade und der Liebe
ſeines Heilandes gehalten. Das bewahrte ihn vor
manchem Elend und manchem Unheil des Wanderle¬
bens. Es führte ihn nie dahin, wo wilde Gelage
und Raufereien waren, er ſuchte nie ſeine Freunde
unter dergleichen Geſellen; ſo blieb er an Leib und
Seele rein, hatte auch immer Geld im Beutel, denn
weil er ein braver Geſelle war, fand er auch immer
gute Meiſter. Und auch Freunde fand er, die mit
ihm dieſelbe Straße zogen, die mit ihm den Herrn
lieb hatten; ſelten verließ er eine Stadt, daß er nicht
mit Wehmuth darauf zurück ſah, weil er Freunde für
ſein Herz und ſeine Fürbitte darin gewonnen. Und
kam er zu Leuten, die ihn nicht verſtanden, die ſei¬
ner ſpotteten, ihn zu verführen ſuchten, ſo waren
auch das heilſame Tage für ihn, Tage des Kummers
und der Prüfung, in denen er noch mehr die Nähe
des Tröſters, ſeine Liebe und Gnade fühlte. So
ward ſeine Seele immer feſter, ſeine Erfahrung im¬
mer reicher, ſeine Hände immer geſchickter. Und wie
war es mit ſeinem Herzen? Das durfte ſich auch zu¬
weilen regen. Wenn er an einem ſchönen Sommer¬
abend auf der Höhe am Rand des Waldes ſaß, die
Sonne legte ihr Gold über die Gegend hin, Duft
zog über Städte und Dörfer, die Abendluft wehte
weich in den Zweigen und in den Blumen rund um,
am Grasrain dort zog der Schäfer langſam mit der
Heerde, und die Schwalben hoch oben am lichtblauen
Himmel: — da ward es ihm ſo wunderbar ſehnſuchts¬
voll zu Sinne, und durch Abendgold und Duft und
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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/25>, abgerufen am 16.07.2024.
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