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Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851.

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tert, daß sie am anderen Morgen ihr Bett nicht ver¬
lassen konnte; ja, nach einigen Tagen hatte sich ein
so heftiges Nervenfieber entwickelt, daß sie besinnungs¬
los dalag. So vergingen vierzehn Tage, sie wußte
nichts davon, wenn man ihr das Kind an die Brust
legte, sie wußte nicht, daß Tante Rieke und Gretchen
oft pflegend an ihrem Bette saßen, sie hörte nichts von
den Todesbefürchtungen, die der Arzt in ihrer Nähe
aussprach. Endlich kam die glückliche Krisis, Klär¬
chen erlangte ihr Bewußtsein wieder, die Tante und
Gretchen nahten sich ihr vorsichtig; Klärchen konnte
vor Schwäche nicht reden, aber lächelte dankbar. Man
mußte ihr das Kind zeigen, sie nahm es an ihr Herz,
sie war so glücklich und fühlte einen Himmel in diesen
Umgebungen. Von Tage zu Tage ward sie kräftiger
und fühlte sich bald wie neugeboren.

Aber auch für ihre Seele begann ein neues Le¬
ben. Eine Genesungszeit ist oft eine segensreiche, da
ist der Boden locker und der Same findet eine gute
Statt. Frau Bendler wußte das, und benutzte es.
Sie sprach ihr Trost und Muth zu; Klärchen hörte
gern, denn kein Vorwurf, kein hartes Wort traf ihre
Vergangenheit, nur der Gegenwart, der Zukunft sollte
sie jetzt leben. Auch der Stephani-Prediger kam, sie
hatte der Tante von ihrer früheren Sehnsucht nach
ihm gesagt. Warm und eindringlich sprach er von
der Liebe und Gnade unseres Herrn, und seine Worte
machten immer tieferen Eindruck auf Klärchens Herz.
Ja, der Herr gab dem Samen, der hier gesäet wurde,
ein gnädiges Gedeihen. Klärchen lernte ihren Heiland
kennen, sie fühlte, daß sie trotz ihrer vielen Sünden

tert, daß ſie am anderen Morgen ihr Bett nicht ver¬
laſſen konnte; ja, nach einigen Tagen hatte ſich ein
ſo heftiges Nervenfieber entwickelt, daß ſie beſinnungs¬
los dalag. So vergingen vierzehn Tage, ſie wußte
nichts davon, wenn man ihr das Kind an die Bruſt
legte, ſie wußte nicht, daß Tante Rieke und Gretchen
oft pflegend an ihrem Bette ſaßen, ſie hörte nichts von
den Todesbefürchtungen, die der Arzt in ihrer Nähe
ausſprach. Endlich kam die glückliche Kriſis, Klär¬
chen erlangte ihr Bewußtſein wieder, die Tante und
Gretchen nahten ſich ihr vorſichtig; Klärchen konnte
vor Schwäche nicht reden, aber lächelte dankbar. Man
mußte ihr das Kind zeigen, ſie nahm es an ihr Herz,
ſie war ſo glücklich und fühlte einen Himmel in dieſen
Umgebungen. Von Tage zu Tage ward ſie kräftiger
und fühlte ſich bald wie neugeboren.

Aber auch für ihre Seele begann ein neues Le¬
ben. Eine Geneſungszeit iſt oft eine ſegensreiche, da
iſt der Boden locker und der Same findet eine gute
Statt. Frau Bendler wußte das, und benutzte es.
Sie ſprach ihr Troſt und Muth zu; Klärchen hörte
gern, denn kein Vorwurf, kein hartes Wort traf ihre
Vergangenheit, nur der Gegenwart, der Zukunft ſollte
ſie jetzt leben. Auch der Stephani-Prediger kam, ſie
hatte der Tante von ihrer früheren Sehnſucht nach
ihm geſagt. Warm und eindringlich ſprach er von
der Liebe und Gnade unſeres Herrn, und ſeine Worte
machten immer tieferen Eindruck auf Klärchens Herz.
Ja, der Herr gab dem Samen, der hier geſäet wurde,
ein gnädiges Gedeihen. Klärchen lernte ihren Heiland
kennen, ſie fühlte, daß ſie trotz ihrer vielen Sünden

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[126/0132] tert, daß ſie am anderen Morgen ihr Bett nicht ver¬ laſſen konnte; ja, nach einigen Tagen hatte ſich ein ſo heftiges Nervenfieber entwickelt, daß ſie beſinnungs¬ los dalag. So vergingen vierzehn Tage, ſie wußte nichts davon, wenn man ihr das Kind an die Bruſt legte, ſie wußte nicht, daß Tante Rieke und Gretchen oft pflegend an ihrem Bette ſaßen, ſie hörte nichts von den Todesbefürchtungen, die der Arzt in ihrer Nähe ausſprach. Endlich kam die glückliche Kriſis, Klär¬ chen erlangte ihr Bewußtſein wieder, die Tante und Gretchen nahten ſich ihr vorſichtig; Klärchen konnte vor Schwäche nicht reden, aber lächelte dankbar. Man mußte ihr das Kind zeigen, ſie nahm es an ihr Herz, ſie war ſo glücklich und fühlte einen Himmel in dieſen Umgebungen. Von Tage zu Tage ward ſie kräftiger und fühlte ſich bald wie neugeboren. Aber auch für ihre Seele begann ein neues Le¬ ben. Eine Geneſungszeit iſt oft eine ſegensreiche, da iſt der Boden locker und der Same findet eine gute Statt. Frau Bendler wußte das, und benutzte es. Sie ſprach ihr Troſt und Muth zu; Klärchen hörte gern, denn kein Vorwurf, kein hartes Wort traf ihre Vergangenheit, nur der Gegenwart, der Zukunft ſollte ſie jetzt leben. Auch der Stephani-Prediger kam, ſie hatte der Tante von ihrer früheren Sehnſucht nach ihm geſagt. Warm und eindringlich ſprach er von der Liebe und Gnade unſeres Herrn, und ſeine Worte machten immer tieferen Eindruck auf Klärchens Herz. Ja, der Herr gab dem Samen, der hier geſäet wurde, ein gnädiges Gedeihen. Klärchen lernte ihren Heiland kennen, ſie fühlte, daß ſie trotz ihrer vielen Sünden

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Zitationshilfe: Nathusius, Marie: Die Kammerjungfer. Eine Stadtgeschichte. Halle (Saale), 1851, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nathusius_kammerjungfer_1851/132>, abgerufen am 25.11.2024.