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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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Stunden lang in der einmal angenommenen
ekstatischen Stellung geblieben, wenn ihn
nicht das Geräusch der Stühle, als man
von Tafel aufstund, einigermaßen zu sich
selbst gebracht hätte. Er verlor sich doch
bald aus der Gesellschaft, und eilte wieder
an seinen Fischteich zum Angelhacken.

Der iunge Baron gab uns indessen nach
einer feinen Abhandlung vom Reichsprozeß,
seine ganze Polizey Handlungs und Finanz-
wissenschaft nach Sonnenfelsischen Grund-
sätzen zum Besten; wurde aber darüber mit
dem anwesenden Pastor in eine Dispüte ver-
wickelt, die im Zwielichten, als sich Tag
und Nacht scheidete, noch nicht entschieden
war. Denn als er mit seinem Lehrer be-
hauptete, ein Landpfarrer müsse nicht mit
Zehenden und Wirthschaft überladen, son-
dern auf reine Besoldungseinkünfte ange-
wiesen werden, vermeynte iener, nach dem
Quintlein seiner physiognomischen Einsicht,

dem

Stunden lang in der einmal angenommenen
ekſtatiſchen Stellung geblieben, wenn ihn
nicht das Geraͤuſch der Stuͤhle, als man
von Tafel aufſtund, einigermaßen zu ſich
ſelbſt gebracht haͤtte. Er verlor ſich doch
bald aus der Geſellſchaft, und eilte wieder
an ſeinen Fiſchteich zum Angelhacken.

Der iunge Baron gab uns indeſſen nach
einer feinen Abhandlung vom Reichsprozeß,
ſeine ganze Polizey Handlungs und Finanz-
wiſſenſchaft nach Sonnenfelſiſchen Grund-
ſaͤtzen zum Beſten; wurde aber daruͤber mit
dem anweſenden Paſtor in eine Diſpuͤte ver-
wickelt, die im Zwielichten, als ſich Tag
und Nacht ſcheidete, noch nicht entſchieden
war. Denn als er mit ſeinem Lehrer be-
hauptete, ein Landpfarrer muͤſſe nicht mit
Zehenden und Wirthſchaft uͤberladen, ſon-
dern auf reine Beſoldungseinkuͤnfte ange-
wieſen werden, vermeynte iener, nach dem
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[45/0053] Stunden lang in der einmal angenommenen ekſtatiſchen Stellung geblieben, wenn ihn nicht das Geraͤuſch der Stuͤhle, als man von Tafel aufſtund, einigermaßen zu ſich ſelbſt gebracht haͤtte. Er verlor ſich doch bald aus der Geſellſchaft, und eilte wieder an ſeinen Fiſchteich zum Angelhacken. Der iunge Baron gab uns indeſſen nach einer feinen Abhandlung vom Reichsprozeß, ſeine ganze Polizey Handlungs und Finanz- wiſſenſchaft nach Sonnenfelſiſchen Grund- ſaͤtzen zum Beſten; wurde aber daruͤber mit dem anweſenden Paſtor in eine Diſpuͤte ver- wickelt, die im Zwielichten, als ſich Tag und Nacht ſcheidete, noch nicht entſchieden war. Denn als er mit ſeinem Lehrer be- hauptete, ein Landpfarrer muͤſſe nicht mit Zehenden und Wirthſchaft uͤberladen, ſon- dern auf reine Beſoldungseinkuͤnfte ange- wieſen werden, vermeynte iener, nach dem Quintlein ſeiner phyſiognomiſchen Einſicht, dem

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/53>, abgerufen am 28.03.2024.