liegen da, wie die Kranken am Teich Be- thesda und harren, was hält Sie ab, einen Adjudikationstermin anzuberaumen, und die Braut dem annehmlichsten Freyer zuzu- schlagen?
Er. Ach mein werthester Herr, das lei- dige remedium leuterationis hält mich ab! Jch habe Jhren Rath gefolget, und meiner Lotte den jungen Vetter Anton proponirt. Sie will nichts von Heurathen wissen noch hören, bath himmelhoch, sie mit dergleichen Vorschlägen zu verschonen, und wünscht eine Klosterstelle, die ich ihr auch durch Vermit- telung meines alten Freundes, des Kloster- rath Hugo, im Braunschweigischen auszu- machen gedenke.
Jch. Wie? Lottchen hegt Klostergedan- ken? Nun Freund ists Zeit, daß Sie mit ihr ins Ehebett eilen. Klostersucht ist Her- zenspoeterey der Mädchen, und die ganze weibliche Poetenschaar, so wie die Lobpo-
saune-
liegen da, wie die Kranken am Teich Be- thesda und harren, was haͤlt Sie ab, einen Adjudikationstermin anzuberaumen, und die Braut dem annehmlichſten Freyer zuzu- ſchlagen?
Er. Ach mein wertheſter Herr, das lei- dige remedium leuterationis haͤlt mich ab! Jch habe Jhren Rath gefolget, und meiner Lotte den jungen Vetter Anton proponirt. Sie will nichts von Heurathen wiſſen noch hoͤren, bath himmelhoch, ſie mit dergleichen Vorſchlaͤgen zu verſchonen, und wuͤnſcht eine Kloſterſtelle, die ich ihr auch durch Vermit- telung meines alten Freundes, des Kloſter- rath Hugo, im Braunſchweigiſchen auszu- machen gedenke.
Jch. Wie? Lottchen hegt Kloſtergedan- ken? Nun Freund iſts Zeit, daß Sie mit ihr ins Ehebett eilen. Kloſterſucht iſt Her- zenspoeterey der Maͤdchen, und die ganze weibliche Poetenſchaar, ſo wie die Lobpo-
ſaune-
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liegen da, wie die Kranken am Teich Be-
thesda und harren, was haͤlt Sie ab, einen
Adjudikationstermin anzuberaumen, und die
Braut dem annehmlichſten Freyer zuzu-
ſchlagen?
Er. Ach mein wertheſter Herr, das lei-
dige remedium leuterationis haͤlt mich ab!
Jch habe Jhren Rath gefolget, und meiner
Lotte den jungen Vetter Anton proponirt.
Sie will nichts von Heurathen wiſſen noch
hoͤren, bath himmelhoch, ſie mit dergleichen
Vorſchlaͤgen zu verſchonen, und wuͤnſcht eine
Kloſterſtelle, die ich ihr auch durch Vermit-
telung meines alten Freundes, des Kloſter-
rath Hugo, im Braunſchweigiſchen auszu-
machen gedenke.
Jch. Wie? Lottchen hegt Kloſtergedan-
ken? Nun Freund iſts Zeit, daß Sie mit
ihr ins Ehebett eilen. Kloſterſucht iſt Her-
zenspoeterey der Maͤdchen, und die ganze
weibliche Poetenſchaar, ſo wie die Lobpo-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/231>, abgerufen am 22.12.2024.
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