Sie. Diese Aufgabe ist mir noch zu schwer. Wenn Sie erlauben, will ich mir eine leichtere aufsuchen.
Jch. Sie soll Jhnen leicht werden, ich will Jhnen die Hand führen, um die Grund- linien der Aehnlichkeit auszuziehen. Wir wollen, weils gleichgültig ist was für Per- sonen wir zur Assimilation wählen, die Tischgenossenschaft von heut und gestern, die Jhnen doch im frischen Gedächtniß ist, vornehmen. Finden Sie zum Exempel nicht eine Aehnlichkeit, zwischen dem iungen Vetter Anton und unserm lieben West?
Sie. O ia, sehr viel Aehnlichkeit!
Halt dacht ich, iezt komm ich ihr auf die Spuhr! darum sprach ich: Es ist ganz dasselbe Gesicht, derselbe Uebergang von der Stirn zur Nase. Jm Munde die nämliche reine weibliche Sanftheit.
Sie munter. Ja wahrhaftig!
Ein
Sie. Dieſe Aufgabe iſt mir noch zu ſchwer. Wenn Sie erlauben, will ich mir eine leichtere aufſuchen.
Jch. Sie ſoll Jhnen leicht werden, ich will Jhnen die Hand fuͤhren, um die Grund- linien der Aehnlichkeit auszuziehen. Wir wollen, weils gleichguͤltig iſt was fuͤr Per- ſonen wir zur Aſſimilation waͤhlen, die Tiſchgenoſſenſchaft von heut und geſtern, die Jhnen doch im friſchen Gedaͤchtniß iſt, vornehmen. Finden Sie zum Exempel nicht eine Aehnlichkeit, zwiſchen dem iungen Vetter Anton und unſerm lieben Weſt?
Sie. O ia, ſehr viel Aehnlichkeit!
Halt dacht ich, iezt komm ich ihr auf die Spuhr! darum ſprach ich: Es iſt ganz daſſelbe Geſicht, derſelbe Uebergang von der Stirn zur Naſe. Jm Munde die naͤmliche reine weibliche Sanftheit.
Sie munter. Ja wahrhaftig!
Ein
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Sie. Dieſe Aufgabe iſt mir noch zu
ſchwer. Wenn Sie erlauben, will ich mir
eine leichtere aufſuchen.
Jch. Sie ſoll Jhnen leicht werden, ich
will Jhnen die Hand fuͤhren, um die Grund-
linien der Aehnlichkeit auszuziehen. Wir
wollen, weils gleichguͤltig iſt was fuͤr Per-
ſonen wir zur Aſſimilation waͤhlen, die
Tiſchgenoſſenſchaft von heut und geſtern,
die Jhnen doch im friſchen Gedaͤchtniß iſt,
vornehmen. Finden Sie zum Exempel
nicht eine Aehnlichkeit, zwiſchen dem iungen
Vetter Anton und unſerm lieben Weſt?
Sie. O ia, ſehr viel Aehnlichkeit!
Halt dacht ich, iezt komm ich ihr auf
die Spuhr! darum ſprach ich: Es iſt ganz
daſſelbe Geſicht, derſelbe Uebergang von
der Stirn zur Naſe. Jm Munde die
naͤmliche reine weibliche Sanftheit.
Sie munter. Ja wahrhaftig!
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/214>, abgerufen am 27.11.2024.
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