Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Sie gar ehrbar und bescheiden. Sie
sind sehr gütig. Jch gebe Jhnen aber die
Versicherung, daß ich auch nie eine Ver-
bindung eingehen werde, bey welcher mir
nicht das Gefühl meines Herzens, die hier
gerühmten Eigenschaften wahrnehmen läßt.

Nun hielt ich dafür, daß es gerechte
Zeit sey meine Schlinge zuzuziehen. Jst
Jhnen, sprach ich, wohl in Jhrem Leben
eine glückliche Physiognomie vorgekommen,
auf welche nach Jhrem Gefühl diese Formel
wär anwendbar gewesen?

Sie. Die Wahrheit zu sagen, ich habe
noch nie eine solche Vergleichung angestellt.

Jch. Machen Sie doch zur Uebung ei-
nen Versuch damit, suchen Sie unter Jhren
Bekannten ein wenig um, und mustern Sie
die Jhnen vorschwebenden Physiognomien
derselben, nach diesem Modell durch, da-
mit ich erfahre, ob Sie physiognomisches
Talent haben.

Sie.

Sie gar ehrbar und beſcheiden. Sie
ſind ſehr guͤtig. Jch gebe Jhnen aber die
Verſicherung, daß ich auch nie eine Ver-
bindung eingehen werde, bey welcher mir
nicht das Gefuͤhl meines Herzens, die hier
geruͤhmten Eigenſchaften wahrnehmen laͤßt.

Nun hielt ich dafuͤr, daß es gerechte
Zeit ſey meine Schlinge zuzuziehen. Jſt
Jhnen, ſprach ich, wohl in Jhrem Leben
eine gluͤckliche Phyſiognomie vorgekommen,
auf welche nach Jhrem Gefuͤhl dieſe Formel
waͤr anwendbar geweſen?

Sie. Die Wahrheit zu ſagen, ich habe
noch nie eine ſolche Vergleichung angeſtellt.

Jch. Machen Sie doch zur Uebung ei-
nen Verſuch damit, ſuchen Sie unter Jhren
Bekannten ein wenig um, und muſtern Sie
die Jhnen vorſchwebenden Phyſiognomien
derſelben, nach dieſem Modell durch, da-
mit ich erfahre, ob Sie phyſiognomiſches
Talent haben.

Sie.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0213" n="205"/>
          <p><hi rendition="#fr">Sie gar ehrbar und be&#x017F;cheiden</hi>. Sie<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ehr gu&#x0364;tig. Jch gebe Jhnen aber die<lb/>
Ver&#x017F;icherung, daß ich auch nie eine Ver-<lb/>
bindung eingehen werde, bey welcher mir<lb/>
nicht das Gefu&#x0364;hl meines Herzens, die hier<lb/>
geru&#x0364;hmten Eigen&#x017F;chaften wahrnehmen la&#x0364;ßt.</p><lb/>
          <p>Nun hielt ich dafu&#x0364;r, daß es gerechte<lb/>
Zeit &#x017F;ey meine Schlinge zuzuziehen. J&#x017F;t<lb/>
Jhnen, &#x017F;prach ich, wohl in Jhrem Leben<lb/>
eine glu&#x0364;ckliche Phy&#x017F;iognomie vorgekommen,<lb/>
auf welche nach Jhrem Gefu&#x0364;hl die&#x017F;e Formel<lb/>
wa&#x0364;r anwendbar gewe&#x017F;en?</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Sie</hi>. Die Wahrheit zu &#x017F;agen, ich habe<lb/>
noch nie eine &#x017F;olche Vergleichung ange&#x017F;tellt.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Jch</hi>. Machen Sie doch zur Uebung ei-<lb/>
nen Ver&#x017F;uch damit, &#x017F;uchen Sie unter Jhren<lb/>
Bekannten ein wenig um, und mu&#x017F;tern Sie<lb/>
die Jhnen vor&#x017F;chwebenden Phy&#x017F;iognomien<lb/>
der&#x017F;elben, nach die&#x017F;em Modell durch, da-<lb/>
mit ich erfahre, ob Sie phy&#x017F;iognomi&#x017F;ches<lb/>
Talent haben.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Sie</hi>.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] Sie gar ehrbar und beſcheiden. Sie ſind ſehr guͤtig. Jch gebe Jhnen aber die Verſicherung, daß ich auch nie eine Ver- bindung eingehen werde, bey welcher mir nicht das Gefuͤhl meines Herzens, die hier geruͤhmten Eigenſchaften wahrnehmen laͤßt. Nun hielt ich dafuͤr, daß es gerechte Zeit ſey meine Schlinge zuzuziehen. Jſt Jhnen, ſprach ich, wohl in Jhrem Leben eine gluͤckliche Phyſiognomie vorgekommen, auf welche nach Jhrem Gefuͤhl dieſe Formel waͤr anwendbar geweſen? Sie. Die Wahrheit zu ſagen, ich habe noch nie eine ſolche Vergleichung angeſtellt. Jch. Machen Sie doch zur Uebung ei- nen Verſuch damit, ſuchen Sie unter Jhren Bekannten ein wenig um, und muſtern Sie die Jhnen vorſchwebenden Phyſiognomien derſelben, nach dieſem Modell durch, da- mit ich erfahre, ob Sie phyſiognomiſches Talent haben. Sie.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/213
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/213>, abgerufen am 26.04.2024.