Willen hinter das Liebesgeheimniß zu kom- men wenn eins vorhanden wär; erlaubte mir, entweder durchs Fenster bey ihr ein- zusteigen, und die Liebe ihr aus den Augen zu lesen, wenn ich sie scharf drauf ausähe; oder durch die Fallthür der List mich einzu- praktiziren, um das jungfräuliche Herz zu entfalten und es durch intrikate Fragen aus- zuforschen. Jch vertiefte mich um diesen Plan auszuspinnen in weitschichtige Medi- tationen, erhizte mich mehr als einmal da- bey biß zum Schwizpunkte, sah so nach- denklich aus, wie Guido Bentirolus, als Jdeal eines politischen Geschäftsmannes, und blinzte mit den Augen gegen die platte Wand über, in der Stellung des indiani- schen Philosophen auf seinem Lehrstuhl, wie er in den Fragmenten abgebildet ist. End- lich gedieh der Operationsplan so weit zur Reife, als er sich im Kabinet ausklügeln läßt, das heißt, mit dem Vorbehalt daran
zu
Willen hinter das Liebesgeheimniß zu kom- men wenn eins vorhanden waͤr; erlaubte mir, entweder durchs Fenſter bey ihr ein- zuſteigen, und die Liebe ihr aus den Augen zu leſen, wenn ich ſie ſcharf drauf auſaͤhe; oder durch die Fallthuͤr der Liſt mich einzu- praktiziren, um das jungfraͤuliche Herz zu entfalten und es durch intrikate Fragen aus- zuforſchen. Jch vertiefte mich um dieſen Plan auszuſpinnen in weitſchichtige Medi- tationen, erhizte mich mehr als einmal da- bey biß zum Schwizpunkte, ſah ſo nach- denklich aus, wie Guido Bentirolus, als Jdeal eines politiſchen Geſchaͤftsmannes, und blinzte mit den Augen gegen die platte Wand uͤber, in der Stellung des indiani- ſchen Philoſophen auf ſeinem Lehrſtuhl, wie er in den Fragmenten abgebildet iſt. End- lich gedieh der Operationsplan ſo weit zur Reife, als er ſich im Kabinet auskluͤgeln laͤßt, das heißt, mit dem Vorbehalt daran
zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0190"n="182"/>
Willen hinter das Liebesgeheimniß zu kom-<lb/>
men wenn eins vorhanden waͤr; erlaubte<lb/>
mir, entweder durchs Fenſter bey ihr ein-<lb/>
zuſteigen, und die Liebe ihr aus den Augen<lb/>
zu leſen, wenn ich ſie ſcharf drauf auſaͤhe;<lb/>
oder durch die Fallthuͤr der Liſt mich einzu-<lb/>
praktiziren, um das jungfraͤuliche Herz zu<lb/>
entfalten und es durch intrikate Fragen aus-<lb/><hirendition="#fr">zuforſchen. Jch vertiefte mich um dieſen</hi><lb/>
Plan auszuſpinnen in weitſchichtige Medi-<lb/>
tationen, erhizte mich mehr als einmal da-<lb/>
bey biß zum Schwizpunkte, ſah ſo nach-<lb/>
denklich aus, wie Guido Bentirolus, als<lb/>
Jdeal eines politiſchen Geſchaͤftsmannes,<lb/>
und blinzte mit den Augen gegen die platte<lb/>
Wand uͤber, in der Stellung des indiani-<lb/>ſchen Philoſophen auf ſeinem Lehrſtuhl, wie<lb/>
er in den Fragmenten abgebildet iſt. End-<lb/>
lich gedieh der Operationsplan ſo weit zur<lb/>
Reife, als er ſich im Kabinet auskluͤgeln<lb/>
laͤßt, das heißt, mit dem Vorbehalt daran<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zu</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[182/0190]
Willen hinter das Liebesgeheimniß zu kom-
men wenn eins vorhanden waͤr; erlaubte
mir, entweder durchs Fenſter bey ihr ein-
zuſteigen, und die Liebe ihr aus den Augen
zu leſen, wenn ich ſie ſcharf drauf auſaͤhe;
oder durch die Fallthuͤr der Liſt mich einzu-
praktiziren, um das jungfraͤuliche Herz zu
entfalten und es durch intrikate Fragen aus-
zuforſchen. Jch vertiefte mich um dieſen
Plan auszuſpinnen in weitſchichtige Medi-
tationen, erhizte mich mehr als einmal da-
bey biß zum Schwizpunkte, ſah ſo nach-
denklich aus, wie Guido Bentirolus, als
Jdeal eines politiſchen Geſchaͤftsmannes,
und blinzte mit den Augen gegen die platte
Wand uͤber, in der Stellung des indiani-
ſchen Philoſophen auf ſeinem Lehrſtuhl, wie
er in den Fragmenten abgebildet iſt. End-
lich gedieh der Operationsplan ſo weit zur
Reife, als er ſich im Kabinet auskluͤgeln
laͤßt, das heißt, mit dem Vorbehalt daran
zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/190>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.