Die Sache, erwiedert' ich, sey aller- dings kritisch, ich wolle solche in reifliche Ueberlegung ziehen. Vor allen Dingen sey iezt nothwendig, Lottchen beyseit zu neh- men, ihr getreulich und sonder Gefährde ihre Ehewerber anzuzeigen, und ihre Ge- sinnungen gegen solche zu erforschen, dar- nach ließ sich weiter davon sprechen.
Das schien dem Vater, dem die Liebes- händel fremder waren als der Criminalpro- zeß, sehr befremdlich aufzufallen. Das wäre gar nicht Consilii, sprach er, den Mädchen auf solche Weise den Kopf schwin- delnd zu machen, wenn man sie in Heu- rathssachen mit einreden ließ. Eine wohl- gesittete Tochter müsse sich in der Eltern Willen resigniren, und mit dem Looß zu- frieden seyn, das von diesen für sie gezo- gen würde.
O Vater!
L
aufs baldeſte und am fuͤglichſten erreichen koͤnne.
Die Sache, erwiedert’ ich, ſey aller- dings kritiſch, ich wolle ſolche in reifliche Ueberlegung ziehen. Vor allen Dingen ſey iezt nothwendig, Lottchen beyſeit zu neh- men, ihr getreulich und ſonder Gefaͤhrde ihre Ehewerber anzuzeigen, und ihre Ge- ſinnungen gegen ſolche zu erforſchen, dar- nach ließ ſich weiter davon ſprechen.
Das ſchien dem Vater, dem die Liebes- haͤndel fremder waren als der Criminalpro- zeß, ſehr befremdlich aufzufallen. Das waͤre gar nicht Conſilii, ſprach er, den Maͤdchen auf ſolche Weiſe den Kopf ſchwin- delnd zu machen, wenn man ſie in Heu- rathsſachen mit einreden ließ. Eine wohl- geſittete Tochter muͤſſe ſich in der Eltern Willen reſigniren, und mit dem Looß zu- frieden ſeyn, das von dieſen fuͤr ſie gezo- gen wuͤrde.
O Vater!
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aufs baldeſte und am fuͤglichſten erreichen
koͤnne.
Die Sache, erwiedert’ ich, ſey aller-
dings kritiſch, ich wolle ſolche in reifliche
Ueberlegung ziehen. Vor allen Dingen ſey
iezt nothwendig, Lottchen beyſeit zu neh-
men, ihr getreulich und ſonder Gefaͤhrde
ihre Ehewerber anzuzeigen, und ihre Ge-
ſinnungen gegen ſolche zu erforſchen, dar-
nach ließ ſich weiter davon ſprechen.
Das ſchien dem Vater, dem die Liebes-
haͤndel fremder waren als der Criminalpro-
zeß, ſehr befremdlich aufzufallen. Das
waͤre gar nicht Conſilii, ſprach er, den
Maͤdchen auf ſolche Weiſe den Kopf ſchwin-
delnd zu machen, wenn man ſie in Heu-
rathsſachen mit einreden ließ. Eine wohl-
geſittete Tochter muͤſſe ſich in der Eltern
Willen reſigniren, und mit dem Looß zu-
frieden ſeyn, das von dieſen fuͤr ſie gezo-
gen wuͤrde.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/169>, abgerufen am 25.11.2024.
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