gehörte, wo's immer Zwist und Hader giebt, ieder vor den Freund Nachbar sich bestens wahret, und seinen Halbschied vernagelt und verriegelt. Weil das aber mit der Ehe- freundin der gewöhnliche Fall ist: so er- heischt die Nothdurft, in dergleichen Anlie- gen zu vertrauten Muthsfreunden seine Zu- flucht zu nehmen, und daran kans Jhnen nicht fehlen. Wie viel haben Sie über- haupt Freunde, die's redlich und aufrichtig meinen? Der gute Mann stuzte bey dieser Frage, wie ihm das bey meinen Fragen oft wiederfuhr. Das könn' er nicht sagen, sprach er, es sey ihm nie eingefallen her- um zu zählen, oder sie unter der Numer zu führen wie die floram latronum.
Jch. Wie? Sie wissen nicht, wie viel Sie Freunde haben? Wie viel halten Sie denn Pferde?
Er lächelnd. Vier Zugpferde und ein Reutpferd.
Jch.
K 3
gehoͤrte, wo’s immer Zwiſt und Hader giebt, ieder vor den Freund Nachbar ſich beſtens wahret, und ſeinen Halbſchied vernagelt und verriegelt. Weil das aber mit der Ehe- freundin der gewoͤhnliche Fall iſt: ſo er- heiſcht die Nothdurft, in dergleichen Anlie- gen zu vertrauten Muthsfreunden ſeine Zu- flucht zu nehmen, und daran kans Jhnen nicht fehlen. Wie viel haben Sie uͤber- haupt Freunde, die’s redlich und aufrichtig meinen? Der gute Mann ſtuzte bey dieſer Frage, wie ihm das bey meinen Fragen oft wiederfuhr. Das koͤnn’ er nicht ſagen, ſprach er, es ſey ihm nie eingefallen her- um zu zaͤhlen, oder ſie unter der Numer zu fuͤhren wie die floram latronum.
Jch. Wie? Sie wiſſen nicht, wie viel Sie Freunde haben? Wie viel halten Sie denn Pferde?
Er laͤchelnd. Vier Zugpferde und ein Reutpferd.
Jch.
K 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0157"n="149"/>
gehoͤrte, wo’s immer Zwiſt und Hader giebt,<lb/>
ieder vor den Freund Nachbar ſich beſtens<lb/>
wahret, und ſeinen Halbſchied vernagelt und<lb/>
verriegelt. Weil das aber mit der Ehe-<lb/>
freundin der gewoͤhnliche Fall iſt: ſo er-<lb/>
heiſcht die Nothdurft, in dergleichen Anlie-<lb/>
gen zu vertrauten Muthsfreunden ſeine Zu-<lb/>
flucht zu nehmen, und daran kans Jhnen<lb/>
nicht fehlen. Wie viel haben Sie uͤber-<lb/>
haupt Freunde, die’s redlich und aufrichtig<lb/>
meinen? Der gute Mann ſtuzte bey dieſer<lb/>
Frage, wie ihm das bey meinen Fragen oft<lb/>
wiederfuhr. Das koͤnn’ er nicht ſagen,<lb/>ſprach er, es ſey ihm nie eingefallen her-<lb/>
um zu zaͤhlen, oder ſie unter der Numer zu<lb/>
fuͤhren wie die <hirendition="#aq">floram latronum.</hi></p><lb/><p><hirendition="#fr">Jch.</hi> Wie? Sie wiſſen nicht, wie viel<lb/>
Sie Freunde haben? Wie viel halten Sie<lb/>
denn Pferde?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Er laͤchelnd.</hi> Vier Zugpferde und ein<lb/>
Reutpferd.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">K 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Jch.</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[149/0157]
gehoͤrte, wo’s immer Zwiſt und Hader giebt,
ieder vor den Freund Nachbar ſich beſtens
wahret, und ſeinen Halbſchied vernagelt und
verriegelt. Weil das aber mit der Ehe-
freundin der gewoͤhnliche Fall iſt: ſo er-
heiſcht die Nothdurft, in dergleichen Anlie-
gen zu vertrauten Muthsfreunden ſeine Zu-
flucht zu nehmen, und daran kans Jhnen
nicht fehlen. Wie viel haben Sie uͤber-
haupt Freunde, die’s redlich und aufrichtig
meinen? Der gute Mann ſtuzte bey dieſer
Frage, wie ihm das bey meinen Fragen oft
wiederfuhr. Das koͤnn’ er nicht ſagen,
ſprach er, es ſey ihm nie eingefallen her-
um zu zaͤhlen, oder ſie unter der Numer zu
fuͤhren wie die floram latronum.
Jch. Wie? Sie wiſſen nicht, wie viel
Sie Freunde haben? Wie viel halten Sie
denn Pferde?
Er laͤchelnd. Vier Zugpferde und ein
Reutpferd.
Jch.
K 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/157>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.